Berufe im Gesundheitswesen
Rechtsfragen und Erfahrungen aus der anwaltlichen Praxis
Viele Patienten sind zunehmend bereit, Gesundheitsleistungen auch privat zu bezahlen. Aber längst sind es nicht mehr allein die etablierten Berufe, die um die Gunst von Patienten werben und diese behandeln. Es sind nicht mehr nur Ärzte und Heilpraktiker, die Heilkunde ausüben. Vielmehr entstehen neue Berufe und Berufsbilder, und weitere Behandler werden tätig. Die Methodenvielfalt ist unübersichtlich. Da der 2. Gesundheitsmarkt eine Vielzahl von Rechtsfragen aufwirft, soll hier den einzelnen Berufen und ihren Besonderheiten nachgegangen werden.
Gesundheit spielt für den Menschen eine immer wichtigere Rolle
Das Gesundheitsbewusstsein der Menschen wird immer größer. Im Laufe der Jahre haben deshalb die freien Heilberufe einen festen Platz im Gesundheitsmarkt erobert. In den 1980erJahren war dieser noch sehr homogen. Die Anbieter der klassischen Heil- und Heilhilfsberufe unterteilten sich in Ärzte, Heilpraktiker und Physiotherapeuten.
In rechtlicher Hinsicht sind die Bereiche der freien Heilberufe jedoch nicht unkritisch zu betrachten. So ist oft nicht klar, welche Tätigkeiten durch den jeweiligen freien Heilberufler überhaupt durchgeführt werden dürfen und welche Tätigkeiten er in der Praxis ausführt. Im Deutschen Heilpraktikergesetz ist geregelt, dass derjenige, der Heilkunde ausüben will, ohne als Arzt bestellt zu sein, eine Erlaubnis dazu benötigt, §1 I HeilprG. Nach der Bundesärzteordnung bedarf derjenige, der den ärztlichen Beruf ausüben will, der Approbation als Arzt.
Wie ist die Sachlage jedoch bei freien Heilberuflern, die weder eine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz innehaben, noch ärztlich anerkannte Tätigkeiten ausführen? Welche Behandlungsmethoden dürfen die freien Heilberufler demnach überhaupt ausführen? Können sie auch ohne vorhandene Ausbildung „heilen“ und behandeln?
Im Folgenden soll es um die Frage gehen, was Gesundheitsberufe eigentlich sind und wer welche „Befugnis“ im Rahmen der Patientenbehandlung hat. Im Grundsatz sind es erst einmal alle Berufe, die im weitesten Sinne mit Gesundheit zu tun haben. Teilweise gibt es für sie eine staatliche Ausbildungsregelung.
Man unterscheidet
- geregelte Berufe
- nicht geregelte Berufe
Berufe auf dem Gesundheitsmarkt
Geregelte Berufe sind, auch außerhalb des Gesundheitswesens, solche, die durch Bundesrecht geregelt sind oder im Landesrecht verankert werden. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Länder Berufe dann regeln dürfen, wenn der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht. Dabei erstreckt sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf die Bereiche
- Heilberufe – exemplarisch seien Arzt, Zahnarzt und Apotheker genannt
- Berufe nach Berufsbildungsgesetz, z.B. Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte
- Berufe nach der Handwerksordnung, auch als Gesundheitshandwerke bezeichnet, z.B. Augenoptiker und Hörgeräteakustiker
Nicht geregelte Berufe − freie Gesundheitsberufe
Berufe, deren Ausbildung nicht bundes- oder landesrechtlich geregelt ist, zählen zu den nicht geregelten Berufen. Sie gehören damit nicht zu den sog. staatlich anerkannten Berufen. Oftmals findet sich auch der Begriff „freie Gesundheitsberufe“. Sie sind auf die primäre Gesundheitsvorsorge und die nicht-medizinischen Gesundheitsleistungen ausgerichtet. Oftmals werden Methoden aus dem Bereich der Entspannung, des Wohlbefindens und der Persönlichkeitsentwicklung erfasst. Exemplarisch seien genannt
- Gesundheitsberater
- Gesundheitspraktiker
- Heilberater
- Präventologe
- Psychologischer Berater
- Ernährungsberater
- Betrieblicher Gesundheitscoach
- Wellnesstrainer
- Fitnesscoach
Juristisch werfen naturgemäß die Berufe, die keiner staatlichen Regelung unterliegen, mehr rechtliche Fragen auf – dabei geht es nicht allein um die fehlende Kostenübernahme durch die Kostenträger (Krankenkasse, Beihilfe etc.).
Heilpraktiker
Für den Beruf des Heilpraktikers existieren weder einheitliche Ausbildungsstandards noch eine verbindliche Berufsordnung. Die Ausübung der Heilkunde als Heilpraktiker bedarf in Deutschland der staatlichen Erlaubnis. Rechtsgrundlagen bilden das Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung und die 1. Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung.
Nach Bestehen der Zulassungsprüfung wird die Erlaubnis zur Führung des Titels „Heilpraktiker/in“ verbunden mit der Erlaubnis zur „Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung“ erteilt. Das bedeutet, dass ein Heilpraktiker – ebenso wie ein Arzt – Heilkunde ausüben darf. Andere dürfen sich mit Ernährung, Bewegung, Körperpflege, Entspannung, Wellness und Stressbewältigung beschäftigen, aber keine Heilkunde ausüben.
Aktuelle Rechtslage
Wie bereits geschrieben: Nicht jeder darf Heilkunde ausüben. Das Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) vom 17. Februar 1939 regelt die Voraussetzungen zum Führen der Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“. „Bestallung“, meint die staatliche Berufszulassung in diesem Bereich.
Zur Ausübung der Heilkunde wird eine Erlaubnis benötigt, d.h. dass nur derjenige berufsmäßig heilen darf, wer Arzt oder Heilpraktiker ist. Unter „berufs- bzw. gewerbsmäßiger“ Ausübung der Heilkunde versteht man die Tatsache, die Heilkunde wiederholt auszuüben und sie zu einer immer wiederkehrenden oder sogar dauerhaften Beschäftigung zu machen. „Berufsmäßig“ ist die Heilkunde auch dann, wenn sie unentgeltlich vorgenommen wird.
Die nicht geregelten und damit freien Gesundheitsberufe gehören weder zu den medizinischen Berufen, noch zu den Gesundheitsfachberufen. Sie haben damit eine Sonderstellung, da sie weder ein eigenes Berufsgesetz haben, noch über staatliche Zugangsvoraussetzungen verfügen.
Der Staat toleriert diese Berufsgruppe, die sich als „freie Gesundheitsberufe“ etabliert hat, auf Basis der aktuellen Rechtsprechung, soweit bestimmte Bedingungen eingehalten werden. Da der Gesetzgeber in diesem Bereich nicht tätig geworden ist, ist ein hohes Maß an Eigenverantwortung der einzelnen Akteure erforderlich und geboten.
Abgrenzungsfragen
In diesem Zusammenhang ergeben sich Fragen zur Abgrenzung gegenüber der Ausübung der Heilkunde.
Reine Wellnessleistungen werfen keine Rechtsfragen auf. Allerdings üben die freien Gesundheitsberufe nicht nur Tätigkeiten in diesem Bereich aus.
Alle Anwendungen zum Zwecke der Gesundheitsvorsorge, der Entspannung, zur Steigerung des Wohlbefindens und der Kräftigung des Körpers stellen keine Ausübung der Heilkunde dar.
Wenn eine Anwendung jedoch zum Zwecke der Heilung oder Linderung von Krankheiten erfolgt, darf sie nur von Ärzten oder Heilpraktikern praktiziert werden. Soweit die Theorie. In der Praxis wird man indes nicht immer klar zwischen reinem Wellnessangebot und Ausübung der Heilkunde trennen können. Das beginnt letztlich bereits bei einer Massageanwendung, z.B. mittels Shiatsu, die allein dem Wohlbefinden und der Entspannung dient. Wenn im Rahmen der Anwendung Befunde erhoben und Diagnosen gestellt werden, ist bereits der Bereich der Heilkundeausübung erreicht.
Fazit
Diagnosen zu stellen, Medikamente zu verordnen oder gezielt Krankheitssymptome zu behandeln, obliegt neben dem Arzt allein dem Heilpraktiker. Dennoch erfreuen sich die zahlreichen nicht geregelten Berufe zunehmender Beliebtheit. Rechtsfragen stellen sich vor allem dann, wenn die Abgrenzung unklar ist. So wird es letztlich immer eine Einzelfallentscheidung sein, ob Heilkunde ausgeübt wird. Immer dann, wenn Ernährung, Bewegung, Körperpflege, Entspannung, Wellness und Stressbewältigung angeboten werden, dürfen Rechtsfragen in den Hintergrund treten. Im Zweifel ist bereits aus Gründen des Patientenschutzes eine enge Auslegung erforderlich.
Dr. Birgit Schröder
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht
Co-Autorin Theresa Gowin
Foto: © Onypix I Fotolia.com
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