Hufrehe-Behandlung bei Pferden
Hufrehe
Die Krankheit kann diverse Ursachen haben, sodass verschiedene Formen unterschieden werden. Ausgelöst wird sie meist durch Überfütterung des Pferdes, zu viel Zusatzfutter wie Rübenschnitzel, Rüben, Obst, zu viel Mineralfutter im Herbst und Winter, Pferdeleckerlis, in denen Zucker und Melasse enthalten sind, zu schnelles und zu langes Weiden im Frühjahr, da der Fruktosegehalt im Gras sehr hoch ist, und zu wenig Bewegung und Arbeit, um dem Pferd einen gewissen Ausgleich zu schaffen.
Daraus können Stoffwechselstörungen, Lebererkrankungen und andere Zivilisationskrankheiten entstehen. Als Folgeerkrankung stellt sich dann irgendwann eine Hufrehe ein. Daher könnte man auch eine Futterrehe als Zivilisationskrankheit sehen. Sie überlastet sämtliche Organe in ihrer Funktion.
Symptome
Die Hufrehe selbst beginnt mit Durchblutungsstörungen in den Füßen und weitet sich auf die Hufe aus. Dadurch entsteht eine Entzündung in der Huflederhaut. Man kann sich das vergleichsweise wie eine sehr schwere Nagelbettentzündung vorstellen, und dass dazu zu kleine und enge Schuhe getragen werden. Durch die Schwellung wird die Befestigung des letzten Zehenknochens (Hufbein) beeinträchtigt. Dieses senkt sich und drückt auf die Hufsohle, sodass sich der Hufbeinrand verformt. Es kann sogar vorkommen, dass der Knochen durch die Hufsohle hindurch dringt und frei liegt. Das Hornwachstum ist massiv gestört, somit ist eine gesunde Entwicklung des Hufes nicht mehr möglich. Das nachwachsende Hufhorn bildet bei jedem Reheschub einen Schnabel und der Huf verformt sich mehr zu einem Schnabelhuf. Wird ein Tier vernachlässigt und nicht behandelt, sieht man gelegentlich lange, wie Bananen gekrümmte Hufe – das wird als Tierquälerei eingestuft und strafrechtlich verfolgt.
Fallstudie
Im Juli 2016 habe ich von Privatleuten eine 23-jährige Haflinger-Stute bekommen, die bestimmt schon mehrere Reheschübe durchlebt hatte. Lore konnte kaum aus dem Hänger hinunter in ihren Stall laufen. Ich hatte es hier in meinen Augen mit einem todkranken Tier zu tun.
Therapie
Im Rahmen von Anamnese und Befunderhebung stellte ich fest, dass eine Lymphstauung und unregelmäßige Herztöne vorlagen, dass die Füße vorne rechts und links leicht geschwollen waren und einen schweren Hufreheschub aufwiesen. Es lag aufgrund des Schmerzvermeidungsverhaltens bereits eine Bewegungseinschränkung und Fehlstellung im Bewegungsapparat vor, der gesamte Körper war verspannt.
Lore wurde erst einmal in ihrem Stall untergebracht und nur mit Heu gefüttert. Noch am selben Tag hobelte die Stallinhaberin die schnabelförmigen, ausgefransten Hufe ab. Dann bekam die Stute einen Polsterverband um beide Hufe gewickelt, der ihr sofort eine erhebliche Erleichterung in der Bewegung gestattete. Fast zeitgleich wurde eine Osteopathin einbestellt, und ich setzte ihr an beiden Füßen am Kronrand jeweils sieben Blutegel. Außerdem stellten wir das Pferd mit seinen Füßen zweimal täglich in kaltes Wasser. Bevor ich mit der eigentlichen Behandlung begann, erhielt die Stute eine Woche lang eingeweichte Flohsamen über ihr Heu zur Darmsanierung.
Danach bekam sie sechs Wochen lang
- Arteria Heel zur weiteren Behandlung ihrer Durchblutungsstörungen in den Beinen
- Lymphomyosot zum Abbau der Abfallprodukte in den Lymphgefäßsystem und zur Stärkung des Immunsystems (belastete Lymphgefäße beeinträchtigen Immunsystem und Stoffwechsel)
- Traumeel zur Schmerzbehandlung (deshalb auch keine tägliche Medikamentenverordnung, nur sporadisch)
- Ginkgo C30 eine Gabe täglich, zur Behandlung der Durchblutungsstörungen in ihrem Körper und zur Arterienerweiterung
Als Kräuter wurden getrocknete Brennnessel eingesetzt
- enthalten viel Vitamin C
- sind mineralstoffreich
- enthalten Kieselsäure (entzündungshemmend und wichtig für die Haut – super bei innerlichen Ekzemen)
- enthalten Eisen (regt die Bildung der roten Blutkörperchen an)
- stärken die Abwehrkräfte
- dienen der Blutreinigung
- fördern die Entgiftung/Entschlackung
- helfen als Sud äußerlich angewendet bei Sommerekzem
- fördern ein glänzendes Fell
Getrockneter Löwenzahn wurde insbesondere für die Blutreinigung eingesetzt
- enthält die Vitamine A, B und C
- enthält Kalium
- enthält Kupfer und Zink (wichtige Spurenelemente)
- enthält Bitterstoffe (tragen zur Entgiftung der Nieren/Galle bei)
- reinigt das Blut
- stärkt das Immunsystem
Getrocknete Mariendistel, um die Nieren und Leber zu entgiften
- enthält Silymarin, das entgiftend auf die Leber wirkt
Bei Lore wurde sie wegen Verdacht auf Vergiftung eingesetzt, um die schädlichen Stoffe auszuleiten.
Weißdorn, um die Herz-Kreislauftätigkeit zu unterstützen, da das Tier bereits 23 Jahre alt war.
- Hauptwirkstoffe sind Flavonoide, oligomere Procyanide, Triterpensäure, Amine, Phenolcarbonsäuren und Cumarine
- wirken stärkend auf das gesamte Herz-Kreislaufsystem – Weißdorn sollte jedoch nur unter fachlicher Aufsicht gegeben werden
Beinwell fördert die Zellneubildung und Durchblutung und sorgt für eine rasche Heilung im Knochengewebe
Symphytum wurde eingesetzt, um die Gelenk- und Hufheilung zu unterstützen sowie die Zellneubildung zu fördern
Zeitgleich machte ich über drei Wochen Sauerkrautverbände: Das Sauerkraut wird in Wasser gewaschen, dann in zwei Polsterverbände für die Hufe gelegt und an beiden Vorderfüßen angebracht. Zusätzlich habe ich einen normalen Weißkohl mit einer Teigrolle flach gerollt, damit die Wirkstoffe austreten können, und habe alle vier Füße bis ganz nach oben eingewickelt, alles jeweils zwei Stunden wirken lassen und dann wieder entfernt. Dieser Vorgang wurde alle zwei Tage wiederholt.
Zur Unterstützung ihrer Behandlung erhielt die Stute zeitweise Lifewave Pflaster, um die Schmerzen zu lindern, die Entzündung an den Hufen zu behandeln und den Körper bei der Entgiftung optimal zu unterstützen. Die Pads wurden rund um den Huf angebracht mit jeweils zwei Stunden Wirkungszeit. Ich setze die Pads gerne in der alternativen Behandlung ein, da sie sehr positiv auf den Tierkörper wirken. Allerdings gehen sie leicht ab und können auch von Pferden verschluckt werden, sodass die Einwirkzeit möglichst kurz gehalten werden sollte.
In der zweiten Woche erhielt das Pferd einen Sonderbeschlag mit einer PVC-Unterlage, da der Huf stark gekrümelt hatte. Abermals fragten wir uns, wann das Tier das letzte Mal einen Hufpfleger oder Schmied gesehen hatte, der sich fachmännisch um ihre Hufe hätte kümmern können – so vernachlässigt sah der Huf aus. Nach dem Beschlagen konnte das Pferd nicht mehr stehen und legte sich hin. Zu diesem Zeitpunkt erhielt Lore das erste Mal ein paar Tage lang Schmerzmittel, um ihr das Stehen zu erleichtern. Nach der ersten Gabe der Medikamente bewegte sie sich wieder – zwar vorsichtig, weil es ungewohnt war, aber sie lief wenigstens ein paar Meter. Von diesem Tag an ging es Lore jeden Tag ein bisschen besser.
Am Ende der dritten Woche waren die Herztätigkeit und der Lymphfluss deutlich verbessert, die Hufe und die mit dem Spezialeisen fixierte PVC-Platte waren mit jedem Tag kühler geworden.
Ab der vierten Woche erhielt Lore Vitamin B12 zur Stabilisierung des Immunsystems und zur Heilung der Nerven in den Hufbereichen und dem gesamten Bewegungsapparat.
In der siebten Woche wurde das Eisen erneut geändert und neu angebracht, diesmal ohne zusätzliche Platte. Die Hufe, der Kronrand und der Bereich um das Sprunggelenk waren und blieben bis heute kühl, sodass kein kaltes Hufbad mehr notwendig ist.
In der achten Woche wurde erneut der Pferdeosteopath bestellt und der gesamte Bewegungsapparat komplett neu eingerichtet.
Ab der neunten Woche wurde langsam mit der Muskelaufbauarbeit begonnen: Longe, Spaziergänge mit Maulkorb.
Die vorderen Hufe waren inzwischen ein schönes Stück gesund nachgewachsen. Sie werden weiterhin von der Stallbesitzerin, der Osteopathin und mir beobachtet. Auch die Tierärztin äußerte sich zufrieden über den Zustand des Tieres. Nachdem sie vormals die Röntgenbilder erstellt hatte und die Stute am liebsten noch in der ersten Woche hätte einschläfern lassen wollen, meinte sie nun, dass wir mit der Behandlung so weitermachen sollten wie gehabt!
Lores Heuration wurde nach und nach mit eingeweichten Heucobs ergänzt, sodass sie langsam an Gewicht zulegte. Da sie immer mehr zu Kräften kam, konnte sie mit den anderen Stuten auf die Winterweide. Durch das ständige Training und den Muskelaufbau konnte sie nach einiger Zeit wieder traben und ihr Gangbild wurde immer fließender. Außerdem entwickelte sie sich zu einem ranghöheren Tier der Herde.
Die Hufe wachsen heute regelmäßig und gesund nach, und es besteht die Chance, dass sie bei einer strengen Ernährung mit Heu und Stroh nie wieder einen Reheschub bekommt.
Fazit
Ein todkrankes Pferd hat sich innerhalb eines halben Jahres (Juli 2016 bis Januar 2017) von seiner Krankheit erholt. Zwischenzeitlich hat es sich mit den anderen Tieren in der Herde angefreundet und kann seinen Platz in der Gruppe behaupten. Es wird zwar immer ein Rehe-Pferd bleiben, aber das Tier hat die große Chance, sich noch einige Jahre am Leben zu erfreuen, sich im Schlamm zu wälzen und ganz einfach ein glückliches Pferd zu sein.
Katharina Sieglinde Rippert
Tierheilpraktikerin und Tierphysiotherapeutin
sieglinderippert@googlemail.com
Foto: © chrisberic I Fotolia.com
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