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Naturheilkunde
Lesezeit: 8 Minuten

Ganzheitliche Therapie bei Polyneuropathie

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Die Polyneuropathie bezeichnet eine systemische Erkrankung von Nervenfasern (außerhalb von Hirn und Rückenmark), bei der mehrere Nerven in Mitleidenschaft gezogen sind. Im Gegensatz dazu spricht man von einer Mononeuropathie, wenn ein einzelner Nerv, etwa durch eine Verletzung (Schnitt, Stich etc.) oder durch Druck von außen (z.B. bei Karpaltunnelsyndrom), beeinträchtigt ist.

Symptome

Am häufigsten treten Beschwerden beidseitig symmetrisch im Bereich von Unterschenkel/Fuß bzw. Unterarm/Hand auf. Man spricht von einer strumpf- bzw. handschuhartigen Verteilung, wobei die Beine stärker betroffen sind als die Arme. Zu den wichtigsten Symptomen zählen:

  • Kribbeln, Ameisenlaufen (häufig zu Beginn; in Ruhe auftretend, meist nachts)
  • Missempfindungen, Schmerzen, Fußsohlenbrennen
  • herabgesetztes Empfinden von Berührung, Temperatur, Schmerz
  • schmerzende Muskelkrämpfe
  • Minderung des Vibrationsempfindens
  • schlaffe Lähmungen inkl. Augenmuskellähmungen mit Doppelbildern etc.
  • Reflexminderung
  • verminderte Schweißsekretion

Weitere Auswirkungen einer Neuropathie können sein:

  • Durchfall
  • Inkontinenz oder Restharnbildung durch Blasenfunktionsstörungen
  • Erektionsprobleme
  • Herzfunktionsanomalien
  • Haut- und Knochenveränderungen an belasteten Stellen (Fußsohlen)

Achtung! Da im Rahmen einer Polyneuropathie ein niedrigeres Schmerzempfinden auftreten kann, ist es möglich, dass typische Warnsignale einer zusätzlich einsetzenden Erkrankung weniger ausgeprägt sind oder fehlen. So verspüren z.B. manche Diabetiker mit Polyneuropathie kaum Schmerzen im Rahmen eines Herzinfarktes („stummer Infarkt“) oder leiden an einem Harnwegsinfekt ohne charakteristische Schmerzsymptomatik beim Wasserlassen.

Ursachen

Zu den häufigsten Auslösern einer Polyneuropathie zählen:

  • Diabetes mellitus (kann zu einer diabetischen Neuropathie führen, vor allem wenn die Erkrankung nicht optimal therapiert, also „schlecht eingestellt“ ist)
  • Alkoholmissbrauch
  • Nierenschwäche
  • Lebererkrankung
  • Schilddrüsenunterfunktion
  • Medikamente oder Toxine
  • Mangelernährung
  • Entzündungen
  • Autoimmunerkrankungen
  • im Gefolge mancher Krebsleiden
  • genetische Disposition

Bei bis zu 17% der Fälle bleibt die Ursache jedoch unklar.

Wie entsteht eine Nervenschädigung?

Oft wird der Nerv durch Druck beeinträchtigt. Ein typisches Beispiel sind die Funktionsausfälle bei einem Bandscheibenvorfall oder einem Karpaltunnelsyndrom. Seltener kann auch ein Tumor einen Nerv quetschen. Auch (Stoffwechsel-)Gifte schädigen den Nerv. Sie entstehen z.B. bei der Zucker- oder Alkoholkrankheit oder gelangen durch Medikamente oder die Nahrung (z.B. Schwermetalle) in den Körper. Auch ein Vitaminmangel (insbesondere Folsäure) oder Multiple Sklerose können die Nervenfunktion beeinträchtigen.

Nervenverletzungen oder -durchtrennungen entstehen z.B. bei Verkehrsunfällen oder im Rahmen von Schnittwunden. Sie stellen eine mögliche Komplikation bei operativen Eingriffen dar.

Nervenentzündungen (Neuritis) sind oft auch Folgen von Infektionen. So können Windpockenviren im Körper überdauern und eine Gürtelrose auslösen, die mit typischen Nervenschmerzen einhergeht (Zosterneuralgie).

Diagnostik

Anamnese

  • körperliche Untersuchung (inkl. Reflexe, Vibrationsempfindung)
  • Laboranalysen (Blutzucker, Leberwerte, Nierenfunktion etc.)
  • diverse Zusatzuntersuchungen, je nach Ursachenverdacht (z.B. Liquoruntersuchung, Tumorsuche, Serologie, Toxinanalyse)
  • Elektroneurographie: Messung der Nervenleitgeschwindigkeit und des Nervensummenpotenzials an subkutanen Nerven. Verminderung der Nervenleitgeschwindigkeit findet sich bei Erkrankungen der Myelinscheide (Demyelinisierung). Bei axonalen Schädigungsmustern verringert sich dagegen das Nervensummenpotenzial.

Synthetische Therapieoptionen

• Pregabalin (z.B. Lyrica) ist ein Gamma-Aminobuttersäure-Analogon. Es bindet an eine auxilliäre Untereinheit (Alpha-2-delta-Protein) spannungsabhängiger Calciumkanäle im ZNS und verdrängt dabei Gabapentin. Durch die Bindung werden die Kanäle geschlossen, damit der Calcium-Influx an den Nervenendigungen reduziert und die Freisetzung exzitatorischer Neurotransmitter wie Glutamat, Noradrenalin und Substanz P vermindert wird. Pregabalin bindet nicht an GABA-Rezeptoren und besitzt keine GABA-erge Wirksamkeit.

• Gabapentin (z.B. Neurontin 400) Dieser Wirkstoff stammt aus der Epilepsie-Behandlung, zeigt aber auch schmerzlindernde und antineuralgische Wirkungen, auch im Rahmen einer Polyneuropathie. Die Wirkmechanismen:

  • Unterdrückung wiederholter anhaltender Neuronenentladungen durch Aufrechterhaltung des inaktiven Zustandes spannungsaktiver Natriumkanäle
  • Erhöhung der von Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) abhängigen synaptischen Inhibition
  • Unterdrückung der Aktivierung eines bestimmten calciumabhängigen Kanals

Gabapentin ist ein Antiepileptikum, das mit dem inhibitorischen Neurotransmitter GABA strukturell verwandt ist. Neueste Erkenntnisse lassen vermuten, dass Gabapentin eine Steigerung der GABA-Synthese bewirkt, wobei der genaue Mechanismus noch nicht bekannt ist.

Natürliche Therapieoptionen

• Alpha-Liponsäure (Thioctsäure) kommt bei höheren Lebewesen physiologisch vor. Es spielt als biologisch aktive Substanz mit CoenzymFunktion im mitochondrialen Energiestoffwechsel der Zelle eine Rolle. Alpha-Liponsäure wird nicht mehr zu den Vitaminen gezählt, da es keine echten Mangelerscheinungen gibt. Durch die Zufuhr von Alpha-Liponsäure lassen sich Neuropathien (auch diabetische Neuropathie) günstig beeinflussen.

Hinweis: Alpha-Liponsäure ist ein Metallchelator und sollte daher nicht gleichzeitig mit Metallverbindungen (z.B. Eisen- oder Magnesiumpräparaten) oder calciumhaltigen Produkten (z.B. Milch) eingenommen werden.

• Neurotrope Nährstoffe: Benfotiamin ist eine fettlösliche Vorstufe (Prodrug) des Thiamins (Vitamin B1). Die Substanz selbst zeigt keine Vitamin-B1-Wirkung. Sie wird im Organismus schnell reduktiv zu physiologischem Vitamin B1 gespalten. Thiamin gehört zu den wasserlöslichen Vitaminen des B-Komplexes. Ein Mangel führt im Serum und im Gewebe zu einem Anstieg der Pyruvat-, Ketoglutarat-, Lactat- und Pentosephosphat-Konzentrationen. Benfotiamin hemmt die Kumulation von Lactat, Pyruvat und alpha-Ketoglutarat. Folgen dieses Mangels zeigen sich in glukoseabhängigen Organen, insbesondere im zentralen und peripheren Nervensystem. Das Vollbild des Thiamin-Mangels zeigt sich als Schädigung der peripheren Nerven mit Hyperaesthesien, Anaesthesien, Abschwächung des Muskeltonus und einer möglichen Lähmung der Extremitäten. Bei der exsudativen Form des Thiamin-Mangels kommt es durch Hypoproteinämie und allgemeinen Proteinmangel zur Ödembildung, bei anderen Formen imponiert eine schwere Polyneuritis. Die Speicherkapazität des Organismus für Thiamin ist gering, was eine ständige Zufuhr erforderlich macht.

• Neurotrope Nährstoffe: Uridinmonophosphat Bei Uridin, das aus der Pyrimidinbase Uracil und D-Ribose besteht, handelt es sich um eine Schlüsselsubstanz: Aus seinem Nucleotid, dem Uridinmonophosphat (UMP), werden die anderen beiden Pyrimidin-Nucleotide Thymidinmonophosphat und Cytidinmonophosphat bzw. die entsprechenden Di- und Triphosphate synthetisiert. UMP fördert die Proteinbiosynthese und trägt damit zu einer ausreichenden Enzymausstattung geschädigter Neuronen bei. Außerdem begünstigt es den schnellen Wiederaufbau wichtiger Membranbestandteile. Exogen zugeführtes UMP wird im MagenDarm-Trakt in Uridin umgewandelt, das daraufhin resorbiert wird. Aus dem Blutkreislauf gelangt das Uridin in die Nervenzellen und wird wieder in UMP oder auch in andere physiologisch aktive Uridin- und Cytidinphosphate umgewandelt. Tierexperimentelle Studien bei herbeigeführten traumatischen Nervenläsionen haben gezeigt, dass die exogene Zufuhr von UMP zu einer signifikanten Vergrößerung der mittleren Myelin- und Axonfläche und zu einer signifikanten Beschleunigung der Nervenleitgeschwindigkeit führen kann.

• B-Vitamine Vitamin B6 hat sich sehr gut in der Schmerzbehandlung bewährt. Schmerzlinderung und Stimmungsverbesserung sind am besten erklärbar über die Rolle des Vitamins B6 in der Serotoninsynthese. Ein erniedrigter Spiegel des schmerzempfindungshemmenden Botenstoffes Serotonin kann als Indiz für eine häufige Stimulation des dritten Serotoninrezeptors (S3- oder 5-HT3) angesehen werden. Dieser schüttet daraufhin verstärkt Substanz P aus. Des Weiteren reagiert das Gehirn auf die häufigen Schmerzsignale aus der geschädigten oder schmerzenden Region, wie z.B. dem Rücken, indem es die Zellen im Großhirnbereich umstrukturiert und somit bisher nicht genutzte Nervenbahnen öffnet. Hierdurch können auch die angrenzenden Nachbarzellen im Gehirn beeinträchtigt werden. Diese lösen dann im jeweils korrespondierenden, substanziell unverletzten Körperbereich, wie z.B. den Beinen, eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit aus. Dies ist als ein Indiz für die Ausprägung eines Schmerzgedächtnisses und einer Schmerzchronifizierung zu werten. Vitamin B6 kann daher bei einer ausreichenden Tryptophanverfügbarkeit die Serotoninbildung im ZNS verbessern und bei verschiedenen Schmerzzuständen von Vorteil sein. Durch eine adjuvante Therapie mit B-Vitaminen lassen sich nichtsteroidale Analgetika einsparen.

Vitamin B12 Um die Verbindung von Cobalamin und der Fibromyalgie herzustellen, ist vorerst eine Betrachtung der Wirkung des B-Vitamins auf das Nervensystem notwendig. Dieses B-Vitamin ist u.a. an der Bildung der Myelinschicht beteiligt, die die Nervenzellen als Schutzhülle umgibt. Fehlt das Vitamin, kann dieser Schutz nicht mehr gebildet werden; die Nerven sind reizenden Einflüssen schutzlos ausgesetzt und können geschädigt werden. Meist spüren Betroffene dann Kribbeln, Taubheitsgefühle und Schmerzen in der Muskulatur.

Folsäure Über den Homocystein-Metabolismus ist Folsäure sehr eng mit dem B12-Stoffwechsel verbunden. In einer japanischen Studie an 343 Patienten mit verschiedenen neurologischen Erkrankungen, hauptsächlich axonalen Neuropathien, zeigten 19,5% niedrige Folsäurespiegel im Serum. Eine Folsäure-Therapie führte bei den betroffenen Patienten zu einer Besserung der neurologischen Symptome. Bei Patienten mit alkoholtoxischer Polyneuropathie wurde in 50% der Fälle ein funktioneller Folsäuremangel nachgewiesen. Verschiedene Medikamente (z.B. Methotrexat, Antiepileptika, Sulfasalacin) können über einen Folsäuremangel eine Polyneuropathie auslösen. Besonders Patienten, die über längere Zeit Antiepileptika einnehmen, sind erheblich polyneuropathiegefährdet.

Optimal formulierte Präparate (z.B. Lumbacur® FORTE Sticks) enthalten die wertvollen Nervenvitamine B12, B6 und Folsäure in Kombination mit Uridin-5-Monophosphat, die bei der Regeneration geschädigter Nerven sehr förderlich sein können. Sie versorgen den Organismus mit wichtigen Nervenbausteinen und können dazu beitragen, die körpereigenen Reparaturmechanismen zu aktivieren. Die Beschwerden werden meist rasch reduziert, die Lebensqualität wird deutlich verbessert.

Ganzheitlicher Therapievorschlag bei Polyneuropathie

Basistherapie, 6-8 Wochen

Allgemeine Entgiftung:
Matrix Entoxin Tropfen (Meckel Spenglersan), 3x tägl. 30 Tropfen

Entgiftung des Bindegewebes bei Erregertoxikosen:
Metabiarex S Tropfen (meta fackler), 3x tägl. 30 Tropfen

Entgiftung des Bindegewebes bei Schwermetallbelastungen:
To-ex spag. Peka N Tropfen (Pekana), 3x tägl. 30 Tropfen

Ausleitung mit einer Kombination aus:
Hechocur spag. Peka N Tr. (Pekana)
ITIRES spag. Peka N Tr. (Pekana)
RELIX spag. Peka Tr. aa 50.0 (Pekana)
M.f.s. dent. tales, tägl. 30 Tropfen

Säure-Basen-Haushalt:
Basosyx Tabl. (Syxyl), abends 2 Tabletten
RMS Städtgen Tropfen, 3x tägl. 20 Tropfen

Begleittherapie:
Ernährung
Beachtung des Säure-Basen-Haushalts
Omega-3-fettsäurereiche Ernährung
Omega-6-fettsäurearme Ernährung

Innerlich:
Lumbacur FORTE Sticks, 1x tägl. 1 Stick ohne Flüssigkeit unabhängig von den Mahlzeiten

Äußerliche Anwendungen (ggf.):
Aconit Schmerzöl (Wala), mehrmals täglich auf die betroffenen Bereiche auftragen

Biochemie
Nr. 5 Kalium phosphoricum (D6), Nr. 7 Magnesium phosphoricum (D6) und Nr. 21 Zincum chloratum (D6) sollen Nervensystem und Muskulatur beruhigen. Die Kombination aus Nr. 3 (D12), Nr. 7 (D6) und Nr. 21 (D6) wird auch als biochemische Schmerztrias eingesetzt.

Weiterhin:
Physiotherapie
Physikalische Therapie
Bestmögliche Therapie eines vorhandenen Grundleidens (z.B. optimale Blutzuckereinstellung)
Psychologische Betreuung

Dr. rer. nat. Oliver PlossDr. rer. nat. Oliver Ploss
Heilpraktiker mit Praxis in Ibbenbüren, zertifizierter Apotheker/Homöopathie und Naturheilverfahren, Lehrbeauftragter für Homöopathie und Naturheilkunde an der Universität Münster
dr_ploss@yahoo.de

Literatur

  • Ploss, Oliver: Naturheilkunde bei muskulären und neuromuskulären Erkrankungen, Haug Verlag, 2013

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