Arthrose – Naturstoffe statt Schmerzmittel
„Da kann man nichts machen“ – das ist der Satz, den Arthrosepatienten häufig zu hören bekommen. Dabei ist Arthrose eine Erkrankung, deren Schmerzproblematik und Progredienz mithilfe von Naturstoffen entgegengewirkt werden kann. Die Betroffenen können von einer alternativen oder adjuvanten Gabe von Pflanzenextrakten und Knorpelstoffen durch einen Rückgang der Schmerzen, einer Verbesserung der Beweglichkeit und damit auch der Lebensqualität bei häufiger Einschränkung analgetisch wirksamer Arzneimittelformen profitieren. Allerdings sollte unbedingt auf eine studienkonforme, ausreichend hohe Konzentration der Naturstoffe geachtet werden, da die gewünschten Effekte ansonsten ausbleiben können. Invasive Maßnahmen, wie z.B. Arthroskopien, haben dagegen weniger gute Ergebnisse gezeigt.
Gewichtsreduktion schont die Gelenke
Etwa 30 Millionen Menschen sind in Deutschland von Arthrose betroffen. Als Ursache kommen neben den altersbedingten degenerativen Prozessen im Knorpel v.a. Übergewicht und Bewegungsmangel, Gelenkfehlstellungen, Sportunfälle und Stoffwechselerkrankungen in Frage. Als problematisch kann die stete Zunahme von Übergewicht und Adipositas in der Bevölkerung betrachtet werden, denn jedes Kilo zuviel erhöht das Risiko für eine Kniearthrose um 15%. Abnehmen ist daher bei übergewichtigen oder adipösen Menschen ratsam. Beim Thema Gewichtsreduktion wird viel versprochen – wissenschaftlich geprüft ist dagegen wenig! In der Praxis ist es sinnvoll, auf ein studiengeprüftes Therapieregime zu achten. Zu einem speziellen Zitrusfruchtextrakt (Extrakt aus Blutorangen, Orangen und Grapefruit mit Guarana) liegen inzwischen drei placebokontrollierte, doppelblind durchgeführte Humanstudien (2013, 2015, 2017, Tab. 1) vor.
Insgesamt wurde die Wirkung an knapp 200 Frauen und Männern untersucht. Im Ergebnis war das Gewicht (nach dreimonatiger Anwendungsdauer) im Durchschnitt um 5,2 kg reduziert, und das viszerale (Bauch-)Fett hatte um 10% abgenommen. Ebenfalls wurde eine deutliche Verbesserung der Körpersilhouette festgestellt. So hatten sich Taillen- und Hüftumfang der Studienteilnehmer um jeweils mehr als 5 cm gemindert, bei Männern ging der Taillenumfang sogar um durchschnittlich 7,4 cm zurück (Tab. 1 & Abb. 1). Als Wirkprinzip wurde die Hemmung eines Subtyps des Enzyms Phosphodiesterase nachgewiesen. Durch die Aktivitätshemmung dieses Enzyms wird das Fett frei für die Verbrennung.
Zusätzlich unterstützen kann man die Fettverbrennung durch die Anwendung von Grünteeextrakt; dieser greift in den enzymatisch katalysierten Fettstoffwechsel ein und zeigt einen ausgeprägten Wirksynergismus mit dem Zitrusfruchtextrakt. Eine Wechselwirkung mit medikamentösen Wirkstoffen, wie sie z.B. bei Grapefruitsaft bekannt ist, ist nicht zu befürchten, da der Anteil an Furanocumarinen vernachlässigbar ist.
Mithilfe von Bittermelonenextrakt kann man schließlich den Kohlenhydratstoffwechsel optimieren. Die speziellen Bitterstoffe verbessern die Insulinwirkung und hemmen die Ausbildung einer Insulinresistenz. Auch eine Senkung des Körpergewichts ist für das Kürbisgewächs nachgewiesen worden.
Damit bietet sich zur Unterstützung gewichtsreduzierender Maßnahmen die kombinierte Anwendung der drei Extrakte (z.B. in „figuracell®, Apotheke) an, sinnvollerweise und gemäß den durchgeführten klinischen Studien als Kur von drei Monaten oder längerfristig.
Arthroskopien
In Deutschland haben operative Eingriffe (v.a. der Einsatz künstlicher Knie- und Hüftgelenke) in Zusammenhang mit Arthrose in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. Auch Arthroskopien werden seit vielen Jahren vermehrt durchgeführt. Im Zuge dieser Maßnahmen sollen aufgeraute Knorpelflächen geglättet werden, um die Gleitfähigkeit des Knorpels zu verbessern. In vergleichenden Untersuchungen zeigen Arthroskopien und Placeboeingriffe jedoch vergleichbare Ergebnisse. Das Deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat hierzu vor wenigen Jahren (2013) eine Pressemitteilung veröffentlicht. Die Auswertung von randomisierten, kontrollierten Studien, die mit insgesamt 1190 Probandinnen und Probanden (Alter: 46-66 Jahre) durchgeführt wurden, zeigte bzgl. der Beobachtungskriterien „Schmerzen“, „Beweglichkeit“ und „Komplikationen“ keinerlei Nutzen der Arthroskopie gegenüber der „Placebo-Chirurgie“. Außerdem birgt jeder invasive Eingriff das Risiko einer Infektion (Komplikation). Gefährdet sind v.a. immunsupprimierte Personen, wie Diabetiker und Raucher.
Knorpelstoffe – Dosierung für Wirkung entscheidend
In dieser Hinsicht bieten die Substanzen Glucosaminhydrochlorid, Chondroitinsulfat sowie Hyaluronsäure (auch oral verabreicht) einen interessanten Therapieansatz. Sie zählen zu den SADOA (Slow Acting Drugs in Osteo-Arthritis), die in SYSADOA (Symptomatic Slow Acting Drugs in Osteoarthritis) und DMOAD (Disease Modifying Osteo-Arthritis Drugs) unterteilt werden können (Tab. 2).
Als solche wirken sie u.a. strukturverbessernd auf den Knorpel ein, zeigen aber einen zeitverzögerten Wirkungseintritt. Glucosaminhydrochlorid ist das Salz des natürlich vorkommenden Glucosamins, das für den Knorpel von erheblicher Bedeutung ist. Es ist Bestandteil der Gykosaminoglykane (Polysaccharidketten), die im Knorpelstoffwechsel eine wichtige Rolle einnehmen. Zu den biologischen Effekten des Glucosamins zählen die Verbesserung anaboler Prozesse, die Inhibierung kataboler Vorgänge im Gelenkbereich und entzündungshemmende Effekte. Dabei wird von einer (COX)-unabhängigen antientzündlichen Wirkung des Glucosaminsalzes ausgegangen, welche die für COX-Inhibitoren bekannten Nebenwirkungen nahezu ausschließt. Chondroitinsulfat wirkt als „Flüssigkeitsmagnet“. Es sorgt dafür, dass genügend Wasser in den Knorpel eingelagert wird und dieser seine schwammartigen Stoß- dämpfereigenschaften nicht verliert. Durch das Einschwemmen von Flüssigkeit in das Proteoglykannetz werden wichtige Biostoffe für den Knorpel mitangezogen und damit dessen Nährstoffversorgung verbessert. Darüber hinaus bekämpft Chondroitinsulfat Enzyme, die die Zufuhr von Nährstoffen blockieren und den Knorpel „aushungern“. Beide Substanzen bilden ein gutes Team, das dem Gelenkverschleiß entgegenwirkt, Schmerzen lindern und die Entzündungsbereitschaft arthrotischer Gelenke mindern kann.
Gemäß vorliegender Studien kann eine Dosierungsempfehlung von mindestens 1500 mg/ Tag für Glucosamin- und 1200 mg/Tag für Chondroitinsalz gelten. Bislang stand Glucosaminhydrochlorid nur aus tierischer Quelle zur Verfügung, weswegen viele Arthrosepatienten in der Vergangenheit auf die Anwendung verzichtet haben. Inzwischen gibt es Präparate, die das Glucosaminsalz aus pflanzlicher Quelle anbieten. Dies gilt jedoch nicht für Chondroitinsulfat, das immer noch ausschließlich aus tierischer Herkunft verfügbar ist.
Das dritte Glykosaminglykan im Bunde ist die Hyaluronsäure. Sie ist der wichtigste Bestandteil der Synovia und für die Gleitbewegungen der Gelenke unabdingbar. Hyaluronsäure ist in der Lage, große Mengen an Wasser zu binden, wodurch ihre strukturviskosen Eigenschaften erklärt werden können. Die parenterale Anwendung birgt, wie alle Injektionen, die Gefahr einer Infektion. Als Oralia haben sich Hyaluronsäuregaben von 60-80 mg/Tag bewährt.
Manganmangel verschlechtert die Wirkung
Das Spurenelement Mangan ist als Co-Faktor an zahlreichen enzymatisch katalysierten Stoffwechselreaktionen beteiligt. So ist der Mikronährstoff u.a. als Aktivator für die Glykosyltransferase notwendig. Dieses Enzym ist für die Proteoglykansynthese bzw. den Einbau von Glucosamin-/Chondroitinsalzen in den Knorpel von Bedeutung. In einer Reihe von wissenschaftlichen Studien konnte gezeigt werden, dass bei Verabfolgung von Glucosamin- und Chondroitinsalzen zusammen mit dem Spurenelement Mangan deren Wirksamkeit am effizientesten war. Wird dieser Aspekt in der täglichen Anwendung nicht berücksichtigt, kann der Therapieerfolg ausbleiben, denn unter einer unzureichenden Manganversorgung ist die Aktivität der Glykosyltransferase suboptimal. Zudem unterstützt Mangan die Knochenstruktur und das Bindegewebe. Auch Entgiftungssysteme und der Stoffaustausch im Gelenkspalt werden durch Mangan gefördert. Weiterhin ist Mangan Bestandteil antioxidativ wirksamer, körpereigener Schutzsysteme (manganabhängige SOD). Diese sind bei Gelenkerkrankungen ebenfalls wichtig, da der oxidative Stress hier als zusätzlicher pathogenetischer Faktor wirkt. Ein Manganmangel kann sich durch die Anwendung von Medikamenten (z.B. Antazida, Penicillamin, Laktantien) oder Supplementierungen mit Mikronährstoffen (z.B. Eisen, Zink, Magnesium, Kalzium) verstärken. Es erscheint daher sinnvoll, auf Präparate zu achten, die die Knorpelstoffe (Glucosamin-, Chondroitin salze, Hyaluronsäure) mit Mangan kombiniert anbieten.
Entzündungshemmende Pflanzenextrakte zusätzlich
Die Brennnessel ist eine Heilpflanze mit langer Tradition in der Volksheilkunde. Sie wurde v.a. wegen ihrer entzündungshemmenden und diuretischen Wirkung geschätzt. Inzwischen sind die wichtigsten Inhaltsstoffe der Ruderalpflanze analytisch erfasst. Das Kraut zeichnet sich durch Flavonoide, Phytosterole, Caffeoylchinasäuren und Mineralsalze (Kalzium, Kalium) aus. Aber auch die siliziumhaltige Kieselsäure ist mit einem hohen Gehalt im Brennnesselkraut vertreten. Das Spurenelement unterstützt, zusammen mit Vitamin C, die Kollagensynthese und ist somit auch für den Gelenkknorpel von Bedeutung. Silicium fungiert als wichtiges Verbindungselement zwischen den Kollagenfasern und den Glykosaminglykanen. Die Brennnessel ist in wissenschaftlichen Studien hinsichtlich ihrer durchblutungsfördernden und antiinflammatorischen Wirksamkeit untersucht worden. Es hat sich gezeigt, dass proentzündliche Zytokine, wie z.B. IL-2 und NF-kappa B, sowie bestimmte Interferone in ihrer Exprimierung gehemmt werden. In einer in-vitro-Untersuchung, die mit Chondrozyten durchgeführt wurde, konnte belegt werden, dass bestimmte Inhaltsstoffe der Brennnessel (Oxylipine) der Aktivierung der knorpelzerstörenden Metallomatrixproteasen entgegenwirken. Unter der Anwendung von Brennnessel ließ sich eine Reduktion der Analgetikumdosis feststellen.
Auch Hagebuttenextrakt ist in den vergangenen Jahren mehrfach in Zusammenhang mit Gelenkentzündungen wissenschaftlich geprüft worden. Die in ihm enthaltenen Galaktolipide wirken der Aktivierung von Entzündungsmediatoren entgegen. Klinische Studien zeigten, dass Entzündungsmarker (z.B. CRP) unter Anwendung von Hagebuttenextrakt signifikant gesenkt werden können. Die bioaktiven Pflanzeninhaltsstoffe der Früchte wirken antioxidativ und den entzündungsbedingten, radikalinduzierten Gewebeschäden entgegen. Ergänzend sollte erwähnt werden, dass Hagebuttenfrüchte besonders reich an Vitamin C sind, das, wie bereits erwähnt, als Co-Faktor für die Kollagensynthese fungiert und damit zur Strukturverbesserung des Knorpels beiträgt.
Wirkeffekte von Brennnessel- und Hagebuttenextrakt
- antiphlogistisch
- antioxidativ
- Senkung von Entzündungsmarkern
- durchblutungsfördernd
- Verbesserung der Nährstoffversorgung im Knorpel
- Reduktion von Analgetika
MSM – Naturstoff mit analgetischer Wirkung
Der Leidensdruck vieler Arthrosepatienten ist groß – ohne Schmerzmittel kommen viele nicht mehr aus. In diesem Zusammenhang sind schwefelhaltige Naturstoffe besonders interessant. Schwefel bzw. schwefelhaltige Bäder waren zu allen Zeiten schon für ihre wohltuende, schmerzlindernde Wirkung bekannt. Häufig kann man im arthrotischen Gelenk ein Defizit an Schwefel feststellen. Trotz chemisch klingendem Namen zählt die schwefelhaltige Substanz Methylsulfonylmethan (MSM) zu natürlich vorkommenden Stoffen, die man in Lebensmitteln wie Himbeeren, Sauerkraut oder Tomaten ebenso wie in Getränken wie Tee, Bier oder Milch und damit auch im Körperblut nachweisen kann. Interessanterweise ist dieser Naturstoff in der Lage, die Schmerzweiterleitung via Rückenmark zum Gehirn zu unterbinden. Außerdem wirkt MSM abschwellend bei Gelenkergüssen, entzündungshemmend und muskelentspannend. Es ist mittlerweile bei diversen Schmerzzuständen (Gelenke, Rücken, Verletzungen, Sehnenscheidenentzündung u.a.) bestens erprobt, bei guter Verträglichkeit. Bewährt haben sich in der Praxis 500-600 mg/Tag (z.B. in „arthrophil“®, zusammen mit Knorpelstoffen, Mangan und Pflanzenextrakten). MSM sollte optimalerweise in Kombination mit den bereits erwähnten Glykosaminglykanen („Knorpelnahrung“) verabfolgt werden. In einer 2017 publizierten Arbeit wurden die klinischen Effekte von Glucosamin- und Chondroitinsalzen versus derselben Menge an diesen Salzen in Kombination mit MSM untersucht. In dieser randomisierten Doppelblindstudie wurden 147 Personen mit Kniearthrose untersucht. Man teilte sie in drei Gruppen ein, wobei eine Gruppe täglich 1500 mg Glucosamin- und 1200 mg Chondroitinsalz erhielt, die zweite Gruppe bekam zusätzlich 500 mg MSM täglich. Geprüft wurde gegen Placebo. Die schmerzreduzierende Wirkung und die Verbesserung der Beweglichkeit wurde anhand der visuellen Analogskala (VAS) und dem WOMAC-Score ermittelt. Die Effekte waren bei der Dreierkombination signifikant besser als bei der Gabe der beiden Knorpelstoffe allein.
Insgesamt sprechen alle Daten für die Anwendung von Knorpelstoffen, MSM und entzündungshemmenden Pflanzenextrakten zur Schmerzreduktion und Verbesserung der Beweglichkeit bei Arthrose.
Prof. Dr. rer. nat. Michaela Döll
Dipl.-Biologin mit mehrjähriger
Forschungserfahrung, Expertin für Lebensmittelchemie und Ernährungsmedizin, Autorin
mail@prof.drmdoell.de
Buch-Tipp
Prof. Dr. Michaela Döll:
MSM – Natürliche Hilfe bei Entzündungen und
Schmerzen.
Südwest Verlag
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