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Psychotherapie
Lesezeit: 7 Minuten

Infos zum neuen PsyThG

Der FVDP informiert

Das neue Psychotherapeutengesetz liegt leider noch nicht gedruckt vor. PARACELSUS report wird es ab dem nächsten Heft auszugsweise veröffentlichen. Vorab die wichtigsten Inhalte aus der Sicht der Psychologischen Berater mit und ohne Zulassung nach HPG.

  1. Das PsychThG wird am 1.1.1999 wirksam.

  2. Es schafft zwei neue Berufsbilder in der Psychotherapie, den “Psychologischen Psychotherapeuten” (Diplom-Psychologen mit Zusatzausbildung) und den “Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten” (Diplompädagogen bzw. Diplomsozialpädagogen mit Zusatzausbildung). Die Anforderungen für die Qualifikation zu den neuen Berufen sind außerordentlich umfangreich.

  3. Das Gesetz regelt Psychotherapie als Maßnahme zur “Feststellung, Linderung oder Heilung von psychischen Störungen mit Krankheitswert” unter Anwendung “wissenschaftlich anerkannter psychotherapeutischer Verfahren”

  4. Die Berufsbezeichnung “Psychotherapeut/in” darf künftig nur von Ärzten und den durch das Gesetz neu geschaffenen Berufen geführt werden. Verstöße sind strafbar.

  5. Die unter 2.) genannten Berufsgruppen können sich für die neuen Berufsbilder nachqualifizieren, als Übergangsregelung können sie eine befristete Übergangserlaubnis erwerben, die auch auf bestimmte Tätigkeitsbereiche eingeschränkt werden kann.

  6. Psychologische und beraterische Tätigkeiten, die lediglich die “Aufarbeitung und Überwindung sozialer Konflikte” zum Ziel haben, sind vom Gesetz nicht berührt, auch künftig mit den Einschränkungen des HPG in vollem Umfange erlaubt.

  7. Jede andere Therapie, außer der “psychologischen”, unterliegt, soweit es sich um “heilkundliche Tätigkeiten außerhalb der durch das Psychotherapeutengesetz geregelten Psychotherapie handelt”, der Strafvorschrift des § 5 HPG. Das gilt selbst für die Psychologischen Therapeuten für den Fall der Anwendung anderer als der im Gesetz bisher enthaltenen, obligatorischen Methoden.

  8. Das HPG wird nur insoweit geändert, als nunmehr neben Ärzten und Heilpraktikern auch die Psychologischen Psychotherapeuten zur Ausübung von Heilkunde berechtigt sind.

  9. Die Heilkundlichen Befugnisse jener, die eine Erlaubnis nach dem HPG innehaben, werden durch das Psychotherapeuten-Gesetz nicht eingeschränkt.

Aus unserer Sicht:

Die Diplom-Psychologen, die jahrzehntelang Druck auf den Gesetzgeber ausgeübt haben, um einen höheren, gar ärztegleichen Status zu erreichen, haben ihrer Klientel keinen Gefallen getan und müssen sich derzeit erhebliches Gemurre der Betroffenen anhören. Sie sind in die Falle getappt, die ihnen die Ärztelobby listigerweise gestellt hat. Die hat nämlich ihrerseits längst Vorbereitungen für eine Facharztausbildung zum Psychotherapeuten in der Schublade und hat mit dem Psychotherapeutengesetz die mögliche Konkurrenz aus dem Psychologen-Lager auf die hinteren Plätze verbannt. Zu einem der neu geschaffenen Berufe aufzusteigen, ist nämlich fürchterlich aufwendig, lang und teuer, und bringt de facto wenig Zugang zu neuen Geldquellen, beschränkt die künftigen “Psychologischen Psychotherapeuten” hingegen auf in ihrer Wirksamkeit stark umstrittene Verfahren und stellt den überwiegenden Teil der Diplom-Psychologen voll in den Regen: Wenn die nämlich nicht die Hürden der Nachzulassung erklimmen wollen oder können, dürfen sie sich gar ihre Briefbögen, Visitenkarten etc. neu drucken lassen, denn den hübschen Titel Psychotherapeut dürfen sie ja künftig auch nicht mehr führen. Die ersten aus der Zunft haben bereits entdeckt, daß der (eingeschränkte oder gar der volle) Erlaubnisumfang nach HPG mehr Möglichkeiten zur Psychotherapeutischen Betätigung eröffnet als die neuen Berufsbilder.
Für die Mitglieder des FVDP, mehrheitlich nicht als Diplom-Psychologen zur Psychotherapie gestoßen und mehrheitlich nicht im Schwerpunktbereich Heilkunde tätig, sind die Folgen des Gesetzes weniger problematisch.
Auch für sie ist die Berufsbezeichnung “Psychotherapeut/in” ab 1.1.99 passe, auch in zusammengesetzten Berufsbezeichnungen, die auf die Erlaubnis/Zulassung nach HPG hinweisen, wird sie wohl nicht mehr verwendet werden dürfen. Zwar wird um Übergangsregelungen gestritten, vermutlich wird sich aber das eindeutige Verdikt des Gesetzgebers rechtlich durchsetzen.
Viele von ihnen haben ohnehin anderen Berufsbezeichnungen den Vorzug gegeben, etwa “Psychologischer Berater” oder spezifischere wie “Verhaltenstherapeut”, “Familientherapeut” und andere, und diese sind vom Gesetz gar nicht berührt.
Das Gesetz regelt – außer in der Titelfrage – nicht in die bisherigen Kompetenzen aufgrund der vollen oder der auf die Psychotherapie eingeschränkten Erlaubnisse hinein, verfestigt sie sogar noch. Heilpraktiker oder Erlaubnisinhaber zur Psychotherapie nach HPG können also auch in Zukunft, wenn sie denn wollen, in Ihrer “Praxis für Psychotherapie” heilkundliche Psychotherapie und/oder psychosomatische Therapie betreiben und sind in ihren Mitteln nicht auf die “wissenschaftlich anerkannten Methoden” beschränkt wie die neuen Berufe, die die Benutzung anderer als der “wissenschaftlichen” Methoden sofort in Konflikt mit PsychThG und HPG bringt.
Es gibt jedoch Handlungsbedarf für die “Macher” in Professor Dr. H.-U. Ahlborns Verband, der seit kurzem einen erheblichen Mitgliederzuwachs aus den Reihen der Diplom-Psychologen verzeichnet, die offenbar mit den Ergebnissen der Berufspolitik ihres BDP gerade im Zusammenhang mit der HPG-Erlaubnis und dem Krüppelkind PsychThG nicht mehr klarkommen.
Der Verband sitzt in Verhandlungsrunden mit den Ländern um die Einführung eines vernünftigen und verläßlichen “Etiketts” für Inhaber der eingeschränkten Erlaubnis zur Psychotherapie, nachdem zur Zeit die widersprüchlichsten Dinge hierzu in den unterschiedlichen Erlaubnisbescheiden stehen. Er bemüht sich um eine Vereinheitlichung und ein weniger wirklichkeitsfremdes Anforderungsprofil in den Prüfungen.
In Bezug auf das PsychThG wird der Verband die Frage prüfen lassen, welche Nachqualifizierungsmöglichkeiten zu den neuen Psychoberufen gegeben/vorgesehen sind für (bisherige) Psychotherapeuten, die nicht über einen der akademischen Abschlüsse Dipl.Psych., Dipl. Paed. und Dipl.Soz.Paed. verfügen, da ja nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der Zugang zur Psychotherapie nicht exklusiv auf eine bestimmte Vorbildung gestützt werden kann. Hier helfen die entsprechenden Entscheidungen aus dem erfolgreichen Kampf der Freien Psychotherapeuten um die Psychotherapie-Zulassung nach HPG.
Der FVDH wird im Übrigen fest an seiner bisher so erfolgreichen Politik festhalten, den Freien Psychotherapeuten den Zugang zum Psychomarkt vor allem durch ein Instrument zu ebnen und zu öffnen: Durch konsequenten Ausbau der Ausbildungsstrukturen in Quantität und in Qualität. Über die Akzeptanz des Gesprächspartners wird, Titel hin, Diplom her, der Klient entscheiden.
Der FVDP wird zudem darauf drängen, daß zumindest in den Übergangsregelungen auch andere (bisherige) Psychotherapeuten eine Chance zur Nachqualifikation bekommen. Auch der Klageweg gegen das neue Gesetz insgesamt (siehe hierzu den Beitrag über das Klageverfahren des Kollegen Dr. Sachon auf dieser Seite) wird vom FVDP unterstützt.


Berufsbezeichnung Psychotherapeut – schon Rechtsstreit um Übergangsregelungen

Unglaublich, wie Politik und Verwaltung mit einem Federstrich in verfassungsmäßige Rechte in die Existenzen der Bürger, in die beruflichen Identitäten eingreifen. Die letzte Übeltat: die Berufsbezeichnung Psychotherapeut zum Alleineigentum einer eng eingezirkelten Personengruppe zu machen und sie mir nichts, dir nichts tausenden verdienten Psychotherapeuten zu verbieten. Die Freien Psychotherapeuten tragen derzeit mit rund 80% den Löwenanteil der Psychotherapie in Deutschland. Allzuvielen wirklich verdienten Psychotherapeuten wird so die Kontinuität ihrer beruflichen Identität geraubt. Zwar bleibt auch weiterhin die legale Grundlage für die Ausübung ihres Berufes bestehen, aber wie sollen sie ihren Klienten und Patienten diese komplizierten Sachverhalte erklären?
Der Gesetzgeber entzieht der Mehrheit der Psychotherapeuten ihre Berufsbezeichnung, schickt sie in berufsrechtliches Niemandsland und disqualifiziert ihre Berufsausübung. Klienten, Kassen, Ärzte, Kliniken etc. werden es nicht anders auffassen können als eine vom Gesetzgeber veranlaßte Disqualifikation, wenn auf ihren Briefbögen, Visitenkarten und ihrem Praxisschild die bisherige Berufsbezeichnung verschwinden muß.
Während nun die Mehrheit aller Betroffenen in realistischer Einschätzung der Verhältnisse in unserem Land, in dem selbst das schlampigste Gesetz die Urheber nicht veranlassen wird, Irrtümer zu revidieren, sich auf den Verlust ab 1999 stillschweigend vorbereitet, mag FVDP-Mitglied Dr. Wernher P. Sachon, in Bad Wörishofen, diesen Eingriff nicht unwidersprochen hinnehmen. Er will Klage erheben, zumindest auf eine angemessene Übergangsregelung.
Der Gesetzgeber muß nämlich Schadenersatz leisten, wenn er durch Änderung geltender Rechtsnormen Bürger Schaden zufügt, es sei denn, daß höherwertige Rechtsgüter die Änderungen der Rechtsgrundlagen ohne Übergangsregelung gebieten. Die für den §1 des PsyThG herangezogene Begründung des Patientenschutzes vermag Dr. Sachon aber nicht nachzuvollziehen. Einerseits ist die Ausübung der heilkundlichen Psychotherapie durch ihn in vollem Umfang erlaubt, andererseits soll der Patient vor der Bezeichnung geschützt werden, die seine Tätigkeit erklärt. Hier liegt für Sachon die Vermutung nahe, daß das Argument des Patientenschutzes einmal mehr für verteilungspolitische Interessen herhalten mußte.
Wir können die Argumentation gut nachvollziehen. Wir glauben nicht, daß der Gesetzgeber tatsächlich intensiv geprüft hat, welche Form der Psychotherapie und durch wen betrieben nun von Vorteil für den Patienten ist und vor welcher der Patient geschützt werden muß. Allein die Festlegung der neu geschaffenen Berufsgruppen auf die”klassischen” Therapieverfahren, denen doch in der Praxis in den meisten Fällen keiner eine Träne hinterher weint, entlarvt die ganze Farce.
Wir werden über den Verlauf der Klage berichten.

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