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Lesezeit: 8 Minuten

Ving Tsun Kung Fu

Wer heilt den Heilpraktiker?

Das Interview mit Attilio Reale

2010-04-Vingtsun1Attilio Reale ist seit 40 Jahren im Kampfsport und Fitnessbereich aktiv. Seit über 25 Jahren unterrichtet er den bekanntesten Kung Fu-Stil der heutigen Zeit, „Ving Tsun“, den er beim weltbekannten Kung Fu-Experten Wong Shun Leung, der schon Bruce Lee ausgebildet hat, erlernte. In unserem Magazin stellt er seine erfolgreichen Methoden für Energieaufbau und Stressbewältigung vor und erklärt, warum viele Heilpraktiker bei ihm trainieren.

Paracelsus: Attilio, Sie haben Koch gelernt, wurden Schauspieler und sind jetzt Kung Fu- Lehrer, wie kam es zu diesem Werdegang?

Attilio: Kochen hat mir schon als kleiner Bub Freude gemacht. Mich interessierte aber auch der Kampfsport. Als Jugendlicher habe ich sämtliche Varianten ausprobiert: Judo, Boxen, Karate und Tae Kwon Do. Ein paar Jahre später, ich hatte gerade meine Ausbildung zum Koch beendet, entdeckte ich den Ving Tsun-Stil für mich und es zog mich nach Hongkong.

Paracelsus: Um dort als Koch zu arbeiten?

Attilio: Nein, um mein Ving Tsun Kung Fu zu perfektionieren. Bruce Lee war schon immer mein Vorbild und sein Lehrer war in Hongkong tätig. Bei ihm absolvierte ich eine 4-jährige Grundausbildung. Er war nicht nur ein toller Meister, sondern auch wie ein Vater für mich.

Paracelsus: Sie wurden in Hongkong auch als Schauspieler und Model erfolgreich.

Attilio: Ja, ich wurde viel gebucht, sicherlich auch, weil ich mich sehr für das Kulturerbe der Chinesen begeisterte und die Sprache erlernt hatte. Ich arbeitete für Werbekampagnen, Fernseh-Spots und Filme. Höhepunkte waren Projekte mit Jackie Chan und der Kultfilm „Bloodsport“ mit Jean-Claude Van Damme, in dem ich den Kampfsportler Wayne Archer mimen durfte.

Paracelsus: Sind Sie immer noch schauspielerisch tätig?

Attilio: Ja! Ich werde gerne für Rollen als Politiker, Businessman und Bodyguard gebucht. Ich arbeite aber auch an eigenen Projekten, u. a. an einem europäischen Kung Fu-Film. Mehr möchte ich darüber aber noch nicht verraten.

Paracelsus: O. k., dann kommen wir noch mal zum Ving Tsun Kung Fu. Was ist das Besondere daran?

Attilio: Ving Tsun kann als Selbstverteidigung oder Wettkampfsport ausgeübt werden, hat aber noch philosophische Aspekte, die meiner Meinung nach wichtiger sind. Ving Tsun hilft, die innere Energie zu aktivieren. Das bedeutet: regenerieren, ausbalancieren, schützen. Es stärkt das Selbstbewusstsein, das innere und äußere Gleichgewicht, gleicht körperliche und seelische Disharmonien aus, steigert das Wohlbefinden und reinigt von negativen Energien.

Paracelsus: Ist Ihr Wissen nur auf der Kung Fu- Lehre aufgebaut?

Attilio: Nein. Ich verdanke meinem Sifu (Lehrer) Wong eine sehr lehrreiche und abenteuerliche Zeit. Er sowie andere Lehrer und Meister unterrichteten mich nicht nur in Kung Fu, sondern auch in Meditation, Atemtechniken, kosmischen Gesetzmäßigkeiten, Weisheiten und Wahrheiten über das Leben und Gott. Ich belegte auch viele Seminare über Geisteswissenschaften, Philosophie und Ethik.

Paracelsus: Was halten Sie von den klassischen Selbstverteidigungskursen?

Attilio: Sie sind sicherlich alle informativ, aber nicht effektiv. Wenn man bei sich und seiner Umgebung wirklich aktiv etwas ändern will, muss man einen anderen Weg wählen.

Paracelsus: Da werden sicherlich jetzt viele, die solche Kurse belegen oder belegt haben, vehement widersprechen.

Attilio: Ja, es ist sicherlich schwer, sich selbst diesen Mechanismus zu erklären, aber sie vergessen: Druck erzeugt Gegendruck, Gewalt Gegenwehr. Wut, Zorn, Hass, Neid, Eifersucht und Angst sorgen dafür, dass man genau das anzieht, was man fürchtet. Das Gesetz von Ursache und Wirkung eben. Und auch das Gesetz der Resonanz tritt hier in Kraft. Wenn man es also schafft, einen inneren neutralen Zustand herzustellen, egal, was einem entgegentritt, wird es längst nicht mehr so dramatisch im Äußeren.

Paracelsus: Was also gilt es zu tun? Wie gehen Sie vor?

Attilio: Ich bin im Laufe der vielen Jahre im Umgang mit Menschen und ihren Problemen, Ängsten, Schwächen und Befürchtungen und auch ihren Stärken auf eine andere Art des Unterrichtens gekommen. Ich unterstütze und schule die Stärken, das Positive im Menschen, baue ihn auf, sein Selbstvertrauen, sein Wissen, seine Fähigkeiten und Weisheiten.

Paracelsus: Und Kung Fu hilft Ihnen dabei?

Attilio: Genau! Kung Fu ist eine hervorragende Möglichkeit, wieder kraftvoll und gesund zu werden! Übersetzt bedeutet Kung Fu übrigens „hart arbeiten und ständig üben“.

Paracelsus: Gibt es auch eine Übersetzung für Ving Tsun?

Attilio: Ving Tsun bedeutet „Schöner Frühling“ und ist der Name einer Provinz in Südchina, aber auch – wie erzählt wird – der Name einer jungen Frau (Yim Ving Tsun), deren Vater diesen Stil des Kung Fu begründet und nach ihr benannt hat. Aber eines steht fest: Ip Man hat diesen Stil nach Hongkong gebracht, Wong Shun Leung wurde sein Schüler und ich wiederum sein Schüler.

Paracelsus: Was bedeutet Ving Tsun Kung Fu für Sie persönlich?

Attilio: Den kürzesten Weg von A nach B zu finden. Außerdem: Training von Disziplin, Aufmerksamkeit, Konzentration, Balance, Geduld, Ausdauer, Zentrierung, Mut und Demut zu lernen. Aber auch die Fähigkeit, mich selbst mit meinen eigenen Gedanken, Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen zurückzunehmen und die innere Ruhe zu wahren, beharrlich, hart und stetig an mir selbst zu arbeiten, um meine Ausgeglichenheit, Ruhe und Bewusstheit zu fördern.

Paracelsus: Und das alles lernen auch Ihre Schüler?

Attilio: Ja! Alle sind glücklichere Menschen geworden, seitdem sie regelmäßig Ving Tsun ausüben. Sie tun es für sich, um gesund zu bleiben, sich weiterzuentwickeln, Stress abzubauen und ihre Mitte zu finden.

Paracelsus: Kann jeder das erreichen?

Attilio: Natürlich! Zugegeben, es ist ein harter und anspruchsvoller Weg, das Training ist immer wieder eine Herausforderung, aber es macht Spaß und die Erfolge stellen sich schnell ein. Jeder Mensch, egal ob jung oder alt, kann Ving Tsun ausüben! Voraussetzung für gute Fortschritte ist ein ehrliches und ernsthaftes Bemühen, sich durch körperliche Arbeit in einen ausgeglichen, gesunden, stabilen und klaren Zustand auf allen Seinsebenen – Körper, Geist und Seele – zu bringen.

Paracelsus: Sie haben dazu eine eigene Trainingsmethode entwickelt.

Attilio: Ich habe ein Anti-Aggressions-Programm erstellt und ein Training entwickelt, das mir die Möglichkeit gibt, den Schüler dort abzuholen, wo er steht. Das friedliche, fast schon meditative, beruhigende Training hilft, stark und ausgeglichen für den nächsten Tag zu sein. Aber es geht natürlich auch noch um den Kampf! Und der wird vor allen Dingen mit sich selbst ausgefochten. Der Schüler lernt, mit oder gegen einen oder mehrere Trainingspartner zu „kämpfen“. Der Kampf bewirkt vor allem, dass eine exzellente Körperbeherrschung erlernt wird, die ermöglicht, alle Angriffe unbeschadet abzuwehren, ohne dabei den Trainingsgegner zu verletzen.

Paracelsus: Welche Erfahrungen sammeln die Kursteilnehmer durch solche Übungen?

Attilio: Sie lernen, permanent präsent zu sein. Ihre Konzentrationsfähigkeit wird durch diese Anforderung geschult und das Gegenüber wird immer objektiver wahrgenommen. Man lernt, Aktionen und Reaktionen des „Kontrahenten“ bzw. Trainingspartners vorauszusehen, richtig einzuschätzen und dementsprechend zu handeln. Die Energien, die hierbei freigesetzt werden und beständig zwischen den „Gegnern“ fließen, werden bewusst wahrgenommen und anstelle der Körperkräfte eingesetzt. Energie zu spüren, zu erzeugen und dann gezielt einzusetzen ist eine wichtige Erfahrung, die dem Schüler zeigt, dass seine Kraft nicht aus dem Körper, sondern aus dem Geist kommt. Diese Erkenntnis hilft, Angst und Unsicherheiten abzubauen und das Gefühl körperlicher Unterlegenheit aufzulösen.

Paracelsus: Ist Kung Fu also im Grunde eine ganzheitliche Methode?

Attilio: Ja, im besten Sinne! Paracelsus: Wie kann ich mir den Unterricht bei Ihnen vorstellen? Attilio: Ich kombiniere Kung Fu immer mit Meditationen und Atemübungen. Auch körperlich untrainierte Menschen erfahren durch die Übungen Sicherheit und Ruhe. Sie üben in einer entspannten Atmosphäre zu asiatischen Klängen die Bewegungen des Ving Tsun Kung Fu und erlangen so wieder das natürliche Gleichgewicht vor oder nach einem anstrengenden Tag.

Paracelsus: Wer sind Ihre Schüler? Aus welchen Berufsgruppen kommen sie?

Attilio: Es sind gestresste IT-Experten, Geschäftsleute, Journalisten, Schüler und Studenten, Schauspieler, Models und Stylisten, Kellner, Lehrer …, aber auch viele Heilpraktiker, Heilpraktiker für Psychotherapie, Tierheilpraktiker, Massagetherapeuten, Physiotherapeuten, Ärzte, Sanitäter und Krankenschwestern. Gerade Menschen, die therapeutisch arbeiten, geben ihren Patienten und Klienten viel Energie von sich ab. Die Batterie laden sie dann beim Ving Tsun wieder auf.

Paracelsus: Was sind ihre Beweggründe?

Attilio: In erster Linie Stressabbau. Der Heilpraktiker für Psychotherapie z. B. hat täglich mit Patienten und Klienten zu tun, die mit Problemen, Sorgen und Ängsten zu ihm kommen. Diese Arbeit ist höchst anstrengend und bedarf viel Feingefühl, Aufmerksamkeit und Konzentration. Natürlich braucht er nach der Arbeit einen Ausgleich, körperlich wie psychisch. Ving Tsun Kung Fu hilft ihm dabei. Er trainiert seinen Körper und reinigt seine Psyche, tankt wieder auf. Dasselbe gilt für Heilpraktiker. Viele kommen körperlich verspannt in die Kurse, geplagt von Rückenoder Kopfschmerzen. Ving Tsun löst diese körperlichen Blockaden schnell und effektiv. Massagetherapeuten, die am Tag bis zu 10 Patienten oder mehr massieren, haben den ganzen Tag nur Energie abgegeben, beim Ving Tsun erhalten sie sie zurück.

Paracelsus: Wie oft finden Ihre Kurse statt?

Attilio: 3x die Woche. Wir trainieren in einem 180 m2 großen, modernen Sportraum in München. Einstieg ist jederzeit möglich. Wer Interesse hat ist herzlich willkommen! Jeder trainiert entsprechend seinen Möglichkeiten.

Paracelsus: Vielen Dank für das Gespräch! Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!

Interview von Abbas Schirmohammadi

Weitere Infos: info@schoener-fruehling.de

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