Lymphdrainage – Tiefenwirkung durch “Reinigung” des Gewebes
Die Lymphdrainage ist eine der sanftesten aller Massagen, die eine tiefenwirksame Reinigung des Bindegewebes ermöglicht: Sanfte, streichend kreisende Massagegriffe fördern den Fluss der Lymphe und damit die Ausscheidung belastender Ablagerungen aus dem Gewebe.
In den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte der dänische Physiotherapeut Dr. Emil Vodder mit seiner Frau die Grundlagen der manuellen Lymphdrainage, einer Therapieform, welche die spezifische Anatomie und große Bedeutung des Lymphgefäß-Systems aufgreift und nutzt.
Das Lymphsystem
Als lymphatisches System wird die Gesamtheit des aus mehreren Anteilen bestehenden lymphatischen Gewebes bezeichnet. Neben dem Adernetz der feinen Lymphbahnen und den Lymphknoten gehören zu diesem System auch alle Organe, die Abwehrstoffe (Lymphozyten) bilden können: rotes Knochenmark, Mandeln, Milz, Thymus und Lymphfollikel, z.B. in der Darmschleimhaut.
Damit dienen die Lymphbahnen zum einen der Ausleitung von Ablagerungen aus dem Gewebe und so der inneren Reinhaltung des Körpers. Zum anderen schützen die genannten weiteren lymphatischen Organe durch die Bildung der Abwehrstoffe vor Krankheitserregern.
Lymphe
Durch den Austritt von Blutplasma aus den Blutkapillaren in den Zwischenzellbereich entsteht Gewebsflüssigkeit; aus dieser bildet sich Lymphe.
Bei einem Erwachsenen gelangen täglich etwa 20 Liter Flüssigkeit aus dem Blut ins Gewebe. 16-18 Liter werden von hier wieder über den Blutkreislauf ausgeleitet. Aus den verbleibenden 2-4 Litern entsteht die Lymphflüssigkeit. Sie muss von den Lymphkapillaren aus dem Gewebe aufgenommen werden.
Lymphflüssigkeit besteht aus folgenden Anteilen: Lymphplasma (Wasser, Elektrolyte), Lymphozyten (weiße Blutkörperchen) und – besonders wichtig im Zusammenhang mit Lymphdrainage – der sogenannten lymphpflichtigen Last.
Unter lymphpflichtiger Last versteht man großmolekulare, zum Teil belastende Stoffe, die nicht über das Blut, sondern mit der Lymphflüssigkeit über die Lymphbahnen aus dem Gewebe abtransportiert werden.
Zur lymphpflichtigen Last gehören:
- Überreste von bereits verwerteten Proteinen, Enzymen, Hormonen
- Schlackestoffe, Stoffwechsel-Abbauprodukte
- Erreger (Bakterien, Viren, Pilze)
- langkettige Fettsäuren
- Fremdstoffe, Gifte
- Zellen, Zellreste
- Wasser
Mit der Ausleitung dieser Stoffe aus dem Gewebe zeigt sich die große Bedeutung des Lymphgefäßsystems für die Reinigung und Gesunderhaltung des Körpers.
Lymphbahnen
Mit der Funktion eines Drainagesystems durchdringen Lymphgefäße den gesamten Körper. Ausnahmen bilden das Zentralnervensystem (Gehirn und Rückenmark), Knochen- und Knorpelsubstanz und natürlich Haare und Nägel.
Lymphbahnen schließen keinen Zyklus wie das Adernetz des Blutes, sondern bilden einen „Halb-Kreislauf“: Das heißt, sie beginnen frei als feinste Lymphkapillare im Zwischenzellbereich des Gewebes, vereinigen sich zu Leitgefäßen, die in Transportgefäße und schließlich in zwei Lymphstämme münden. Die Lymphe fließt nur in eine Richtung: aus dem Gewebe zum Herzen. Die beiden Haupt- Lymphstämme des Körpers ergießen sich vor dem Herz an den Verbindungsstellen je zweier Venen – den sogenannten Venen-Winkeln – in den Blutkreislauf. Die aufgenommene Lymphe des gesamten Körpers wird hier wieder dem Blut zugeführt.
Mit dem Blut wird die Lymphe zur Leber weitergeleitet, damit die lymphpflichtige Last hier verstoffwechselt werden kann. Das heißt, die antransportierten Schlackestoffe werden so umgewandelt, dass sie mit dem Blut zu Niere und Darm gelangen und von dort ausgeschieden werden können.
Lymphknoten
Der Körper besitzt etwa 600-700 Lymphknoten, deren Gesamtgewicht ungefähr 100 Gramm beträgt. Allein in der Hals-Rachen-Region – dem sogenannten lymphatischen Rachenring – befinden sich 100-200 Knoten. Lymphknoten sind fest in den Lymph-Halbkreislauf integriert; die Adern des Lymphgefäß-Systems führen durch die Knoten wie durch Filterstationen hindurch.
Ein Lymphknoten ist ca. 2-30 mm lang und bohnenförmig. Er besteht aus einer Kapsel aus straffem Bindegewebe, in der sich ein engmaschiges Lymphader-Flechtwerk befindet. Mehrere feine, zuführende Gefäße bringen die Lymphe ins Knoteninnere, einzelne stärkere, ableitende Lymphbahnen führen die Lymphe aus dem Knoten hinaus und auf dem Weg durch den Körper weiter.
Lymphknoten dienen der teilweisen Reinigung der Lymphe von Stoffwechsel-Abbauprodukten, Krankheitserregern, Schadstoffen und Zellfragmenten. Des Weiteren erfüllen Lymphknoten mit der Bildung von Abwehrstoffen eine wichtige Aufgabe für das Immunsystem.
Darüber hinaus helfen Lymphknoten, das Flüssigkeitsgleichgewicht im Körper aufrecht zu erhalten, da sie die Fähigkeit besitzen, Lymphe zurückzuhalten, sie zu speichern oder bei Bedarf dem Körper zur Verfügung zu stellen.
Lymphdrainage
Sanfte, streichend kreisende bzw. pumpende Massagegriffe entlang den Lymphbahnen – immer in Lymphflussrichtung – und auf den Lymphknoten fördern den Fluss der Lymphe und damit die Ausleitung von belastenden Ablagerungen und überschüssigem Wasser aus dem Gewebe.
Kontraindikationen
Vor einer Lymphdrainage muss das Vorliegen folgender Erkrankungen ausgeschlossen sein, damit durch die Anwendung der Massagegriffe und die damit verbundene Bewegung des Gewebes und der Lymphflüssigkeit keine negativen gesundheitlichen Folgen entstehen:
- ausgeprägte Arteriosklerose, Gefäßaussackungen oder -verengungen, Thromboseneigung, Blutgerinnungsstörungen, Zustand nach einem Blutgerinnsel in den Venen
- starke Herzschwäche, Wasseransammlungen in den Beinen aufgrund einer Herzerkrankung
- Krebserkrankung
- akute Entzündungen
- akute allergische Reaktion
Wirkung
Lymphdrainage vermehrt die Aufnahme von Lymphflüssigkeit aus dem Bindegewebe in die Lymphkapillare, steigert die Lymphmotorik in den Transportgefäßen und verbessert so den Lymphfluss.
Durch die erhöhte Aufnahme der lymphpflichtigen Last aus dem Gewebe und die Entlastung des Organismus von zu viel Wasser, unterstützt Lymphdrainage wirkungsvoll die Reinigung und damit Gesunderhaltung des Körpers. Mit der Ausleitung von Ablagerungen kann eine verbesserte Ver- und Entsorgung der Zellen und damit die Vitalisierung des Gewebes, die Klärung der Haut und die Entspannung von verhärteter Muskulatur erreicht werden.
Den möglichen Folgen einer Übersäuerung oder Verschlackung des Körpers, wie z.B. Gelenkschmerzen, Allergien, chronischen Entzündungen, Magen- und Darmbeschwerden, Kopfschmerzen, Verspannungen oder Hauterkrankungen, kann entgegengewirkt werden.
Der langsame Massagerhythmus kann zur Entspannung und Entkrampfung der Muskulatur und damit zur Linderung von Schmerzen verspannter Körperbereiche führen.
Es ergeben sich so folgende Anwendungsgebiete für die Lymphdrainage:
- Hauterkrankungen (Unreinheiten)
- Schwellungen
- Gelenkbeschwerden
- Muskelschmerzen, Verspannungen
- Kopfschmerzen
- Cellulite
Übersäuerung des Gewebes und deren Folgen
Neben der Unterstützung von Heilungsprozessen im Körper kann durch die Ausleitung belastender Ablagerungen aus dem Gewebe Neuerkrankungen vorgebeugt werden.
Durch Langsamkeit, Leichtigkeit und Sanftheit der Lymphdrainage kann es zu einer beruhigenden Wirkung auf das vegetative (autonome) Nervensystem kommen. Der Körper erfährt eine ausgeprägte Ruhe- und Regenerationsphase.
Regelmäßige Behandlungen können stressund anspannungsbedingte Gesundheitsstörungen – z.B. Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, chronische Erschöpfungszustände oder Schlafprobleme – mildern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Lymphdrainage neben der klassischen Anwendung im Bereich der Ödemtherapie eine tiefenwirksame „innere Reinigung“ des Körpers mit weitreichenden positiven Auswirkungen auf Bindegewebe, Haut, Nervensystem, Muskulatur und Gelenke erreichen kann.
Dorothée Grotmann
Heilpraktikerin und Dozentin
für Lymphdrainage an den Paracelsus Schulen
Literaturempfehlungen
- Clees, Ernstwalter: Lymphdrainage, Droemer Knaur, 2000
- Földi, Michael und Stößenreuther, Roman: Grundlagen der manuellen Lymphdrainage, Urban & Fischer, München,1999
- Kasseroller, Renato: Kompendium der Manuellen Lymphdrainage nach Dr. Vodder, Karl F. Haug Fachbuchverlag, 2002
- Wittlinger, Hildegard und Wittlinger, Günther: Lehrbuch der Manuellen Lymphdrainage nach Dr. Vodder, 3 Bde., Bd.1, Grundlagen, Karl F. Haug Fachbuchverlag, 1996
Weitere Artikel aus dieser Ausgabe
- 1Heilpraktiker-Prüfungsfragen
Testen Sie Ihr Wissen mit Multiple-Choice-Fragen zur Heilpraktiker-Prüfung. Perfekt zur Vorbereitung auf die Prüfung oder zur Auffrischung vorhandener Kenntnisse.
Naturheilkunde - 2Beauty-Tipps: Schönheit ist natürlich
Entdecken Sie die kraftvolle Wirkung von Beeren in der Schönheitspflege. Mit Hagebutten, Johannisbeeren und Preiselbeeren erstrahlt Ihre Haut natürlich und vital.
Beauty und Wellness - 3News
Zeckenschutz für Hunde bietet eine natürliche Alternative zu chemischen Präparaten. Dr. Schaette nutzt Margosa-Extrakt für effektiven Schutz vor Parasiten ohne Nebenwirkungen.
Tierheilkunde - 4Für Sie gelesen & gehört
Entdecken Sie Bücher und CDs für Gesundheit, Küche und Entspannung. Von Kräuterheilmitteln bis zu Schüßler-Salzen und orientalischen Kochrezepten.
- 5Paracelsus – die Heilpraktikerschulen
Die Paracelsus Heilpraktikerschulen sind führend in der Ausbildung für Naturheilkunde, Psychotherapie und Wellness mit einem breiten Angebot an Seminaren und Workshops.
Naturheilkunde - 6Therapeuten-Porträt
Markus Ritz, Heilpraktiker, erzählt von seinem Weg zur Gründung der Akupunktur-Praxis, seinen Therapieerfolgen mit TCM und Yoga und teilt Tipps für Praxis-Neulinge.
Naturheilkunde - 7ExpertenTipp: Therapie-Erfolg durch aktive Kommunikation mit den Patienten
Dieser Artikel beleuchtet, wie aktive Kommunikation zwischen Heilpraktiker und Patient signifikante Therapieerfolge fördern kann, indem der Patient seine Gesundheit eigenverantwortlich beeinflusst.
Naturheilkunde - 8Fallstudie aus der Tierheilpraxis: Blutegeltherapie bei einem Equinem Sarkoid
Ein Mini-Shetty namens Smoky litt unter einem Equinen Sarkoid. Eine Fallstudie über den erfolgreichen Einsatz von Blutegeln zeigt die Möglichkeiten dieser Therapieform.
Tierheilkunde - 9Fallstudie aus der psychologischen Praxis: „Angst vor dem strafenden Gott“
Frau K. kämpft mit der Angst vor einem strafenden Gott, geprägt durch konservative Erziehung. Im psychologischen Coaching entwickelt sie ein neues Bild von Selbstwert und Glauben.
Psychotherapie - 10Fallstudie aus der Naturheilpraxis: Reizdarmsyndrom
Eine 36-jährige Managerin leidet an Reizdarmsyndrom. In der fallbasierten Naturheilpraxis führen Allergien und Ernährung zu einer Diagnose und Behandlung, die Symptome lindert.
Naturheilkunde - 11Versorgung für Tätige im Heil- und Gesundheitsberuf
Erfahren Sie mehr über die finanzielle Absicherung im Alter für Heil- und Gesundheitsberufe. Interview mit Robert Zellerer zu Altersvorsorge und individuellen Lösungen.
- 12Der Kiefer- und Zahnbereich und sein Einfluss auf den gesamten Organismus
Der Kiefer spielt eine zentrale Rolle im menschlichen Organismus und beeinflusst viele Körperbereiche, darunter das Verdauungs- und Hormonsystem, sowie emotionale und motorische Prozesse.
Osteopathie - 13Traumabehandlung mit Psychosomatischer Kinesiologie®
In diesem Artikel wird die Traumabehandlung durch Psychosomatische Kinesiologie beleuchtet, die sich verschiedenen Phasen und individuellen Fällen widmet, um Retraumatisierungen zu vermeiden.
Psychotherapie - 14Komplementäre Onkologie
Ein einfühlsamer Blick auf die komplementäre Onkologie aus energiemedizinischer Perspektive. Patientenentscheidungen, persönliche Erfahrungen und das Zusammenspiel von Körper und Psyche werden beleuchtet.
Energetik und Spiritualität - 15Dog Reläx: Entspannter Mensch – Entspannter Hund
Erfahren Sie, wie stressfreies Zusammenleben von Mensch und Hund durch Kommunikation, Entspannung und spezielle Übungen unterstützt werden kann.
Beauty und Wellness - 16WAA – genial einfach – einfach genial: Wrist-Ankle-Acupuncture
Wrist-Ankle-Acupuncture (WAA) bietet eine einfache, schmerzfreie Alternative zur klassischen Akupunktur und ist speziell für schmerzempfindliche Patienten und Kinder geeignet.
Naturheilkunde - 17Schein&Sein – Lügen der Lebensmittelindustrie
Die Lebensmittelindustrie täuscht häufig mit irreführenden Inhaltsstoffen und Etiketten. Diese Praxis betrifft nicht nur Menschen, sondern auch Haustierfutter.
- 18Das Pferd – eine Chance für den Menschen
Therapeutisches Reiten nutzt die heilenden Fähigkeiten von Pferden, um Menschen mit Behinderungen oder psychischen Störungen zu unterstützen. Von körperlicher Förderung bis zur emotionalen Bindung bietet es vielfältige Ansätze.
Tierheilkunde - 19Lebendige Kraft der Farben
Aura-Soma® bietet über 100 farbenfrohe Equilibrium-Öle, die mit Kräuterauszügen und ätherischen Ölen auf den Körper wirken. Diese Öle fördern das Gleichgewicht von Körper, Geist und Seele.
Energetik und Spiritualität - 20Märchen helfen heilen!
Erfahren Sie, wie Märchen und Mythen als Einweihungsspiele der Seele genutzt werden können, um psychische Heilungsprozesse zu fördern. Entdecken Sie die Bedeutung der symbolischen Sprache und Inszenierungen von Johannes Galli.
Psychotherapie