Fallstudie aus der Coaching-Praxis: Die eigene Kommunikation fördern und stärken, um entspannter zu leben
Klientin
verheiratet, zwei Kinder, berufstätig
Anliegen
Die Klienten ist seit knapp 20 Jahren verheiratet, ihre Kinder sind mittlerweile 13 und 16 Jahre jung und ihr Beruf füllt sie aus. Ihre Ehe beschreibt sie als harmonisch. Sie haben sich in den letzten Jahren einiges aufgebaut und ihr Mann konnte seine Karriere voran treiben. Eifersucht diesbezüglich verneint sie. In letzter Zeit merke sie allerdings eine zunehmende Spannung in Gesprächen zwischen ihr und ihrem Mann. Besonders wenn ihr Mann spät von der Arbeit heimkommt, kann das Gespräch laut werden. Dies möchte die Klienten gerne ändern, da ihr das sehr nahe geht und sie sich darüber ärgert.
Methodik
Ich stelle meiner Klientin die Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg vor. Bei dieser Art der Kommunikation richtet sich die Aufmerksamkeit auf das, was einem wichtig ist. Die eigenen Wünsche und Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt. Dabei wird alles vermieden, was beim Gegenüber als Kritik, Bewertung, Angriff oder Beschuldigung ankommen könnte. Eine „gewaltvolle Sprache“ löst beim Gegenüber eine Verteidigungshaltung oder Aggression aus. In Gesprächen wirken diese Eigenschaften eher kontraproduktiv.
Wir kommen weg von den Du-Botschaften und hin zu den Ich-Botschaften. Im Gespräch tauschen wir uns über die individuellen Bedürfnisse und Wünsche aus. Wir schauen auf uns, auf unser Gefühl. Wie geht es mir in diesem Gespräch? Was ist mir wichtig und warum? Welches Bedürfnis wird gerade genährt und welches nicht? All diese Fragen werden beantwortet.
Coaching Prozess
Im Beratungskontext mit meiner Klientin erarbeiten wir diese neue Art der Kommunikation Schritt für Schritt. An einem konkret genannten Beispiel kann sie die einzelnen Schritte üben und festigen. Der Vorteil: Es ist praxisnah! Die Klientin kann sich auf eine bestehende Situation vorbereiten und die einzelnen Schritte üben, um sie im Alltag anwenden zu können und sie erhält eine zeitnahe Rückmeldung über ihr Kommunikationsverhalten.
Die vier Schritte im Überblick:
- Beobachten – statt bewerten und interpretieren
- Gefühle wahrnehmen, fühlen und benennen
- Bedürfnisse wahr- und ernstnehmen (sowohl die eigenen wie auch die der Anderen)
- Bitten – auf Grundlage der Bedürfnisse – klar äußern (konkret, positiv, erfüllbar, verhandelbar)
Die Klientin beschwert sich darüber, dass ihr Mann abends immer spät nach Hause kommt. Auf die Frage, wie sie in dieser Situation reagiere, antwortet sie: „Sobald ich sein Auto vor dem Haus höre, bekomme ich Puls. Ich bin dann von jetzt auf gleich so sauer, dass ich platzen könnte. Wenn ich dann den Schlüssel an der Tür höre, stelle ich mich schon bereit. Und sobald er durch die Tür kommt, frage ich ihn, wo er denn so lange war. Ich erkläre ihm, dass er sich unmöglich verhält, kein Interesse an mir und den Kinder hat und ob das jetzt für immer so sein soll. Meistens werde ich laut dabei. Wenn dann alles gesagt ist, gehe ich ins Bett.“ Auf die Frage, was denn ihr Mann dazu sagt, meinte sie, das wisse sie nicht wirklich. Schließlich geht sie ja gleich ins Bett und bestraft ihn mit Ignoranz.
Im nächsten Schritt bitte ich die Klientin, mir nur die Beobachtung zu nennen.
- Mein Mann kommt täglich gegen 20 Uhr nach Hause.
Sie braucht einige Anläufe, um von den Bewertungen hin zur reinen Beobachtung zu kommen. Der nächste Schritt ist, dass sie mir ihr Gefühle mitteilen soll.
- Ich bin traurig, dass er abends spät heimkommt.
Auch hier dauert es eine Weile, ehe sie sich darauf einlassen kann, ihre Gefühle wahrzunehmen. Meistens versteckt sich die Trauer hinter Wut und Zorn.
Der darauf folgende Schritt ist, dass sie mir ihr Bedürfnis nennt, welches nicht genährt ist.
- Ich möchte am Abend gerne mit meinem Mann Zeit verbringen. (Bedürfnis nach Nähe und Austausch)
Im letzten Schritt formuliert sie eine Bitte an ihren Mann: „Wenn ich sehe, dass du abends immer erst um 20 Uhr nach Hause kommst, macht mich das traurig, weil ich gerne mit dir Zeit verbringen möchte. Ich bitte dich, etwas früher nach Hause zu kommen, damit wir uns über den Tag noch austauschen können. Das ist mir wichtig.“
Da eine Bitte immer verhandelbar sein sollte, kann sie mit ihrem Mann nun die einzelnen Punkte konkretisieren, wie z.B. die Uhrzeit.
Ergebnis
Die Klientin entdeckte eine neue Art der Kommunikation. Da ihre Kinder sie im Alltag weniger brauchen, hat sie mehr Zeit für sich. Um diese sinnvoll zu nutzen, werde die Klientin sich aktiv mit ihren Wünschen und Bedürfnissen beschäftigen. Sie hat verstanden, dass nur dann, wenn sie ihre Bedürfnisse klar erkennt, sie diese auch klar kommunizieren kann und muss. Ebenso hat sie verstanden, dass ihr Mann auch Bedürfnisse hat und die Kommunikation als Paar bewusster gelebt werden sollte. Die Klientin kommt in regelmäßigen Abständen, um die Gewaltfreie Kommunikation zu üben und zu festigen.
Ich bin sicher, dass sie sich auf einem guten Kommunikationsweg befindet und meine Hilfe nur noch am Rande benötigt.
Jana Ludolf
geprüfte Psychologische Beraterin (VFP), Mediatorin und
Kommunikationstrainerin in Bad Blankenburg
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