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Naturheilkunde
Lesezeit: 10 Minuten

Fallstudien

Fallstudie aus der naturheilkundlichen Praxis

Spezialfall

Männer um die 50 stellen häufig eine therapeutische Herausforderung dar: Vielfach in der Hauptphase ihres beruflichen Schaffens angelangt – gleichzeitig ohne vernünftiges Gesundheitsbewusstsein.

Anamnese

Herbert T., 49 Jahre, selbstständiger Bäckermeister, 1,75 m groß, 95 kg schwer, trockene und angegriffene Haut, seit 31 Jahren Raucher, ca. 30 Zigaretten sowie jeweils 1 Liter Kaffee und Bier pro Tag, fleischlastige Ernährungsweise, kaum Sport, mit 173 mg/dl leicht erhöhtes LDL-Cholesterin, Blutdruck in Ruhe meist um die 155/95 mmHg, mit einem Wert von 8,2 leicht erhöhter Blutharnsäurespiegel (bislang ohne Gichtanfälle), insgesamt bescheidener Allgemeinzustand. Der Patient fühlt sich immer „unter Strom“, ist häufig erkältet, hatte 2014 eine Entzündung des linken äußeren Gehörgangs (Defektheilung unter Antibiotika), leidet unter sporadischen Ohrgeräuschen, Kurzatmigkeit, permanenter Angst vor Schlaganfall, Herzinfarkt und Verlust der Potenz.

Für die Therapie zeigt sich – wie so oft – leider schnell, dass nicht daran zu denken ist, Grundlegendes an den Ernährungsgewohnheiten des Patienten ändern zu können. Trotzdem (bzw. gerade deshalb) vereinbare ich mit dem Patienten folgende Therapiemaßnahmen:

Ausleitung/Entgiftung

Ich verordne folgende Medikamente der Firma PHÖNIX®, deren kombinierte Anwendung dem einen oder anderen Kollegen auch unter dem Begriff „Phönix-Ausleitungskonzept“ bekannt sein dürften: Silybum spag., Solidago spag., Thuja-Lachesis spag. (jeweils zwei 100-mlPackungen), Urtica-Arsenicum spag. (50 ml). Von Letztgenanntem nur 50 ml, weil es die Entgiftungstätigkeit der Haut anregt, der Patient aber bereits vor Beginn der Therapie über Hautunreinheiten klagte (s. Hinweis bei der Dosierung).

Ablauf

Die Einnahme von Silybum spag., Solidago spag. und Urtica-Arsenicum spag. erfolgt im 3-tägigen Wechsel, Thuja Lachesis spag. durchgehend. Der daraus resultierende 9-tägige Zyklus wiederholt sich fünfmal. Die Entgiftungstherapie dauert demnach 45 Tage.

Dosierung

PHÖNIX® Silybum spag.: 180 Tropfen

PHÖNIX® Solidago spag.: 180 Tropfen

PHÖNIX® Urtica-Arsenicum spag.: 30 Tropfen (ohne Hautprobleme wären es 60 Tropfen)

PHÖNIX® Thuja Lachesis spag.: 60 Tropfen

Die Tagesdosis der jeweiligen Arzneimittel wird der Praktikabilität halber morgens in 1,5 Liter stilles Wasser geträufelt und über den Tag verteilt getrunken (Keine Metalllöffel bzw. -gefäße verwenden!). Begleitend empfehle ich dem Patienten eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (ca. 3 Liter pro Tag).

Immunstimulierung

Um das Immunsystem anzuregen, insbesondere nach Antibiotika-Einnahme, verwende ich häufig „Darmflora plus select“ von Dr. Wolz: Ein probiotischhochdosiertes Nahrungsergänzungsmittel, das acht verschiedene Milchsäurekulturen enthält, die sich nach aktueller Studienlage in ihrer Wirkung unterstützen. Vier davon (Lactobacillus acidophilus, casei, rhamnosus, plantarum) wirken im Bereich des Dünndarms, die übrigen vier (Bifidobacterium breve, bifidum, lactis, Streptococcus thermophilus) im Dickdarm.

Sie sind resistent gegen (Magen-)Säure und zahlreiche Antibiotika, haften an der Mukosa und produzieren rechtsdrehende Milchsäure. Des Weiteren enthält das Nahrungsergänzungsmittel B-Vitamine (B1, B2, B6, B12, Biotin, Folsäure), um das Wachstum der Milchsäurebakterien, das Immunsystem und die Erhaltung bzw. Regeneration der Darmschleimhaut zu unterstützen.

Die Dosierung sieht sowohl im Allgemeinen als auch im Fall T. wie folgt aus: 4 Kapseln „Darmflora plus select“ pro Tag zu den Mahlzeiten im Rahmen einer akuten Therapie. Diese Empfehlung gilt auch während einer Behandlung mit Antibiotika, wobei das Probiotikum möglichst zeitversetzt eingenommen werden sollte.

Injektionen

Um der Ohrgeräusche Herr zu werden und einer erneuten Entzündung des linken äußeren Gehörgangs vorzubeugen, vereinbaren wir sechs Therapiesitzungen. Dabei wird jeweils 1 Ampulle „Juv 110 Injektionslösung“ injiziert: unverdünnt intracutan ans Mastoid (nicht nur links, sondern auch rechts). Das genügt, um den Patienten von seiner „nervigen“ Ohrproblematik zu befreien.

Fazit

Dem Patienten geht es wesentlich besser als bei der Erstkonsultation. Aus seiner Sicht war die Therapie, die ich gerne um weitere Ecksteine, wie Nichtraucher werden, Entspannungsverfahren erlernen, Gewicht abbauen und Ernährung umstellen, ergänzt hätte, ein voller Erfolg. Bleibt abzuwarten, ob er vielleicht doch noch den einen oder anderen gegebenen Rat hinsichtlich Ernährung usw. befolgt.

Johannes W. SteinbachJohannes W. Steinbach

Heilpraktiker, Medizinjournalist, Fachbuchautor, Lebensmitteltechniker
naturheilpraxis-steinbach@gmx.de


Fallstudie aus der tierheilkundlichen Praxis

Ablenkung wird zur Gefahr für Mensch und Pferd

Patient

Warmblutwallach, 14 Jahre Das Pferd ist seit acht Jahren im Besitz der Reiterin. Sie hat Angst, mit ihm zu arbeiten und traut sich kaum noch auszureiten. Das empfindet sie als unmöglich, weil zu gefährlich.

Vorgeschichte

Seit sie den Wallach besitzt, erweist es sich für sie als schwierig, entspannt mit ihm zu arbeiten. Der Wallach ist sehr abgelenkt, sobald keine anderen Pferde in der Nähe sind. Dies äußert sich durch hohe Aufmerksamkeit auf die Umgebung und häufiges Erschrecken. Diese plötzlichen, mitunter heftigen Bewegungen stellen sich nicht nur für das Pferd, sondern auch für die Reiterin als gefährlich dar. Das Tier verletzte seine Besitzerin bereits sowohl vom Boden – durch Umrennen – als auch vom Sattel – durch einen Sturz. Reiterin und Pferd brauchen hier dringend Unterstützung im gegenseitigen Umgang.

Anamnese

Ich beobachte und beurteile die Interaktion von Mensch und Pferd. Die Besitzerin ist sehr unsicher und kann dem Pferd beim Arbeiten in der Halle kein Vertrauen in die Situation geben. Der Wallach achtet nicht auf ihre Signale, wiehert häufig, zeigt unkontrollierte Bewegungsausbrüche beim Führen und Longieren.

Meine Einschätzung

Hohe Wachsamkeit in Bezug auf Umweltreize und feines Wahrnehmen von Bewegungen und Geräuschen liegt in der Natur eines Fluchttieres. Eine andere natürliche Eigenschaft des Pferdes, die manchmal im Umgang als erschwerend hinzukommt, liegt in seinem Herdenverhalten. Die Herde ermöglicht dem Pferd in freier Natur Schutz. Eine Aufgabenverteilung innerhalb der Gruppenstruktur und eine klar geregelte Rangordnung gibt vor, welche Privilegien, aber auch welche Aufgaben das einzelne Tier hat. Verlassen es seine Artgenossen, ist es nur natürlich, dass es um seine Sicherheit fürchtet. Die Aufgabe, die auf uns Menschen dabei zukommt: Wir müssen dem Pferd durch klare Signalgebung, aber auch eine klare Haltung ihm gegenüber als Leitfigur, Schutz bieten – als würde man die Position eines „Ersatz-Artgenossen“ einnehmen.

Natürlicherweise spiegelt das Pferd Anspannung und Unsicherheit seines Gegenübers wider. Diese Synchronisation innerhalb der Herde spielt eine wichtige Rolle, um Fluchttendenzen erkennen, aber auch um Entspannung der Artgenossen annehmen zu können. Aus diesem Grund kommt für den Menschen der Kontrolle der eigenen Körpersprache eine große Bedeutung zu.

Verhaltenstraining

Mensch und Pferd können lernen, diese Beziehung zueinander zu optimieren. Übungen vom Boden geben dafür eine gute Möglichkeit. Grundlegend bleibt, die Aufmerksamkeit des Pferdes von den Umweltreizen auf den Menschen als Reizgeber zu lenken. Dafür erweisen sich kurze Sequenzen mit belohnender Wirkung für das Pferd als ausschlaggebend. So steigert der Mensch die Motivation des Tieres, auf ihn zu achten. Eine gute Grundübung: Das Pferd nicht überholen lassen. Geschieht dies aufgrund dessen Unaufmerksamkeit oder weil es Menschen nicht respektiert, wird es angehalten und wieder in die Position neben ihn zurückgeholt. Den besten Effekt hat dieses Beziehungstraining, wenn man vornehmlich seine Körpersprache – mit veränderter Mimik und Gestik – und die Körperspannung einsetzt. Dies sind auch natürliche Kommunikationsreize der Pferde untereinander. Paraden am Strick oder leichtes Touchieren mit der Gerte helfen, diese weiter zu intensivieren. Weichende Übungen, wie Hinterhand oder Vorhand zu verschieben, mimen das Verhalten des ranghöheren Artgenossen in seinem Raumanspruch. Dadurch vertraut das Pferd dem Menschen immer mehr in seiner Souveränität. Besonders wichtig dabei: die Klarheit der Signalgebung und die sofortige belohnende Wirkung durch Druck- und Spannungsnachlass.

Verhaltensveränderung

Die Übungen – zuerst von mir gezeigt – bringen bereits nach wenigen Minuten eine Veränderung des Pferdeverhaltens. Das zeigt der Besitzerin, dass sich durch menschliche Einflussnahme auch die Entspannung und Konzentration des Pferdes herbeiführen lässt. Hier kommt einer wiederkehrenden Begleitung in den Übungen gerade für den Menschen eine wichtige Rolle zu. Denn nicht nur das Pferd als Patient, sondern auch der Mensch fallen in alte Verhaltensmuster, wenn wieder unangenehme Situationen für beide entstehen. Auch wenn das Ziel der Reiterin, „entspannt mit ihrem Pferd durchs Gelände zu reiten“, noch nicht erreicht ist, merkt sie durch ihre eigene Wirksamkeit, dass sie ihr Pferd positiv beeinflusst. Die Konzentration ihres Wallachs auf sich als Reizgeber zu halten, klappt schon für kleine Einheiten in der Halle und auch auf dem Reitplatz. Diese sollten anfangs ein paar Minuten nicht übersteigen. Mit kurzen Erholungspausen für Mensch und Tier kann die Konzentration pro Einheit minutenweise ausgedehnt werden.

Dr. Vivian GaborDr. Vivian Gabor

Biologin, promovierte Pferdewissenschaftlerin, Spezialgebiet: Lernverhalten des Pferdes
info@horseability.de


Fallstudie aus der psychotherapeutischen Praxis

Posttraumatische Belastungsstörung mit subsyndromalem Verlauf

Patientin

Frau S., 54 Jahre, alleinlebend, keine Kinder

Anamnese

Die 54-Jährige berichtet von schon lange anhaltenden Beziehungsproblemen. Sie leide darunter, dass sie Beziehungen nur aushalten kann, wenn der Partner weit entfernt wohne. Sie habe ein Problem mit Nähe und Distanz. Außerdem spricht sie eine gestörte Emotionalität und Körperlichkeit an. Sie könne sich oft nicht spüren und weine sehr schnell. Dabei leide sie nicht unter länger anhaltenden Verstimmungen, es sei ihr einfach manchmal unmöglich, die Emotionen zu regulieren. Ein Anamnese-Fragebogen hinsichtlich weiterer Symptome, persönlicher Daten, Angaben zur Familie und Therapiezielen wird von ihr ausgefüllt und gemeinsam besprochen. Sie hat keine Therapieerfahrung.

Sie sei mit Eltern und drei jüngeren Geschwistern zunächst in einer wohlsituierten, aber gefühlskalten Familiensituation aufgewachsen. Die Mutter, selbst Kind geblieben, konnte die Bedürfnisse der Kinder nicht erkennen und angemessen beantworten. Der Vater war ein erfolgreicher Geschäftsmann. Als sie 12 Jahre alt war, trennen sich die Eltern, nachdem der Vater einige Affären gehabt hatte. Sie sei mit der Mutter zusammen in eine kleine Wohnung gezogen, ihre Geschwister seien bei den Großeltern mütterlicherseits verblieben. Die Mutter habe dann zunehmend getrunken, sich selbst und die Wohnung nicht mehr gepflegt. Nach außen habe sie die bürgerliche Fassade zunächst aufrechterhalten können und viele wechselnde Partner gehabt, die meist kurzfristig mit im Haushalt lebten. Mit der Zeit hätte sich jedoch zunehmend ein Messie-Haushalt entwickelt.

Frau S. habe sich sehr isoliert und allein gefühlt, wenige Freunde und Freundinnen gehabt und sich immer mehr für das gemeinsame Leben mit der Mutter verantwortlich gefühlt. In der Gegenübertragung nehme ich, stellvertretend für die Klientin, Trauer um die fehlende familiäre Geborgenheit und Isolation in der Überforderung bei der Versorgung der alkoholkranken Mutter wahr. Zurzeit ist sie Geschäftsführerin einer ansässigen Handelskette und beruflich sehr erfolgreich. Sie ist eine sehr gepflegte, kompetent wirkende Frau.

Therapie

In der folgenden Sitzung erkläre ich der Klientin mein geplantes therapeutisches Vorgehen: Um die Körperwahrnehmung und die Emotionsregulation zu entwickeln und zu stärken, beginne ich mit Achtsamkeits- und Entspannungsübungen. Außerdem vermute ich systemische Verstrickungen, die ich mit Hilfe des Familienbrettes bearbeiten möchte. Wir beginnen mit einer Bestandsaufnahme der momentanen körperlichen Situation. Sie beschreibt starke Verspannungen im Schulter-Nackenbereich und regelrechte Blockaden beim Atmen. Ich unterstütze sie dabei, diese Schmerzen zu spüren und trotzdem weiter zu atmen. Ich vertiefe das Spüren der Blockade und der Schmerzen. Frau S. stellt nun eine emotionale Verbindung her zu der Zeit, während der sie mit der Mutter gemeinsam in der verwahrlosten Wohnung gelebt hat. Es wird deutlich, wie belastend diese Situation für sie damals war und wie sie auch das heutige Erleben noch prägt.

Im weiteren Verlauf der Therapie entwickelt sich eine zunehmend tragfähige und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

In der vierten Sitzung arbeiten wir mit dem Familienbrett und stellen eine als besonders belastend erlebte Situation im mütterlichen Haushalt auf. Die Klientin verspannt sich zunehmend auf ihrem Stuhl. Als ich dies anspreche und vertiefe, beginnt sie hemmungslos zu weinen. Sie berichtet anschließend von bis dato nicht erinnerten sexuellen Übergriffen und einer Vergewaltigung durch einen Partner der Mutter. Ihr Leben sei nachher ein anderes gewesen.

Verdachtsdiagnose

Subsyndromal verlaufende posttraumatische Belastungsstörung (F 43.1)

Gestalttherapeutische Aspekte

Aus gestalttherapeutischer Sicht findet eine Unterbrechung des Kontaktzyklus im Moment des Traumas statt, eine „unabgeschlossene Gestalt“ entsteht, und im Sinne des „Zeigarnik-Effektes“ drängt der Organismus auf die Fortsetzung des Kontaktzyklus und das Schließen der Gestalt. Gleichzeitig besteht eine große Angst vor allem, was auf diese Erinnerungen hinweist, sodass alle „erinnernden“ Situationen vermieden werden müssen.

Erweiterte Therapieplanung

In weiteren Sitzungen biete ich ihr Erklärungsmodelle, welche die traumatische Verarbeitung als logische Folge des Erlittenen erkennbar machen. Zunehmend wird Frau S. ihre Beziehungsproblematik verständlicher. Sie kann ihre Ambivalenzen erkennen und verstehen, das gibt ihr zunehmend Sicherheit im Umgang mit anderen Menschen, insbesondere infrage kommenden Partnern. Zu diesem Zeitpunkt reagiert die Klientin vermehrt mit Emotionen, wie Weinen und Wut, die sie besser zuzuordnen lernt. Es wird ihr deutlich, dass diese Gefühle zumindest in der fraglichen Situation im mütterlichen Haushalt ihre Berechtigung hatten. Wir erforschen gemeinsam, wann sie im Hier und Jetzt angemessen sind.

Nach 25 Sitzungen kann die Therapie erfolgreich abgeschlossen werden.

Sigrid BudszuhnSigrid Budszuhn
Studium der Erziehungswissenschaften, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Gestalttherapeutin, Traumatherapeutin in Ausbildung
gestalttherapie@praxis-budszuhn.de

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