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Naturheilkunde
Lesezeit: 6 Minuten

Behandlung in Schwangerschaft und Stillzeit

Welche rechtlichen Grenzen gibt es für Heilpraktiker und für Hebammen, und wann gilt ein Arztvorbehalt?

Heilpraktiker: bis kurz vor der Geburt

Grundsätzlich dürfen Heilpraktiker auch während der Schwangerschaft heilkundlich bzw. psychotherapeutisch tätig werden. Jedoch greift von Beginn der Geburtswehen bis zum Ende der Lochien (Wochenfluss) bzw. des Wochenbettes (Puerperiums) das Hebammengesetz, und bei weitergehenden Behandlungen der Arztvorbehalt.

Das heißt: Heilpraktiker dürfen keine Geburtshilfe nach § 4 Hebammengesetz (HebG) leisten und nicht zur Überwachung des Wochenbettverlaufs tätig werden. Konkret: Sie leiten nicht eigenständig die Geburt und kontrollieren auch nicht die Entwicklungen während der ersten 6-8 Wochen danach. Das zweite Behandlungsverbot schließt auch das Monitoring der psychischen Verfassung der Wöchnerin mit ein.

Während des Wochenbetts dürfen Heilpraktiker nur aktiv werden, wenn der Bezug einer Erkrankung zur Geburt gänzlich ausgeschlossen werden kann (z.B. geprellter Fuß).

Nach Ende des Wochenbett-Zeitraums können Heilpraktiker wieder uneingeschränkt tätig werden.

Was gilt bei Kinderwunsch und in der Stillzeit?

Die Betreuungsphase von der Familienplanung bis zur Stillzeit — ohne die Geburtshilfe § 4 HebG – wird vom Tätigkeitsvorbehalt der Hebammen und Entbindungshelfer nicht erfasst. Hier überschneiden sich die Tätigkeiten von Heilpraktikern, Hebammen und Arzt.

Mutter und Kind schützen

Die Behandlung von Schwangeren ist mit gesteigerten Risiken verbunden. Um den Patientenschutz von Mutter und Kind zu gewährleisten, benötigen Heilpraktiker Kenntnisse über die Phasen der Schwangerschaft und den Geburtsvorgang. Sie müssen Anzeichen unregelmäßig verlaufender Schwangerschaften sowie Notfälle in der Schwangerschaft (Früh- oder Spätschwangerschaft, Abort, Notfälle mit Kreislaufschock oder Krampfanfällen) erkennen.

Aus den bundeseinheitlichen Heilpraktiker- Überprüfungsleitlinien geht hervor:

„1.5.3 Die antragstellende Person verfügt über die zur Ausübung des Heilpraktikerberufes notwendigen Kenntnisse zur Erkennung und Behandlung von physischen und psychischen Erkrankungen bei Patienten aller Altersgruppen, insbesondere in den Bereichen von Schwangerschaftsbeschwerden.“

Die Verpflichtung, Erste Hilfe bei einer „plötzlichen Geburt“ zu leisten, ergibt sich aus dem Strafgesetzbuch (StGB) nach § 323c („Wer in Unglücksfällen nicht Hilfe leistet“). In diesem Fall bietet der Heilpraktiker jedoch lediglich „Beistand“, bis die herbeigerufene Hebamme oder der Arzt eintrifft.

Heilpraktiker-Spezial: Akupunktur bei Schwangeren?

Akupunktur ist Ausübung der Heilkunde. Die Behandlung mit Akupunktur und komplementären Heilmethoden ist Ausübung der Heilkunde nach HeilprG (s.a. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. März 2011, Az.: 8 ME 8/11). Deshalb kann Akupunktur schwangerschaftsbegleitend (Intention: Linderung von Schwangerschaftsbeschwerden/Einsparung von Medikamenten) sowie zur Geburtsvorbereitung (Intention: positive Beeinflussung des Geburtsvorgangs) von Heilpraktikern angewendet werden.

Ein Wirksamkeitsnachweis („Heilversprechen“) darf nicht suggeriert werden. Schwangere dürfen lediglich neutral über das Therapieangebot informiert werden.

Natürlich müssen Heilpraktiker auch die entsprechenden Fachkenntnisse in Akupunktur (Indikation, Kontraindikationen, kontraindizierte Punkte, Risikomanagement etc.) nachweisen und die Grenzen der Akupunktur in der Schwangerschaft realistisch einschätzen.

In Abstimmung mit Hebamme oder Arzt

Aufgrund der Sorgfaltspflichten ist eine Behandlung zulässig, wenn auszuschließen ist, dass sie sich nachteilig auf den Fötus oder den Schwangerschaftsverlauf auswirken kann. Die Therapie ist mit der Hebamme oder dem Arzt abzustimmen.

Arztvorbehalt bei regelwidrigen Schwangerschaften

Verläuft eine Schwangerschaft regelwidrig, ist die Behandlung von Schwangeren an den Arzt abzugeben.

Hilfreich an dieser Stelle ist z.B. ein Blick in den Mutterpass unter B „Besondere Befunde im Schwangerschaftsverlauf“, in das Beiblatt 1 zum „Kriterienkatalog für Hausgeburten“ und das ICD-10-Kapitel XV (Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett; O00 bis O99).

Auch gut zu wissen: In § 12 Heilmittelwerbegesetz (HWG) ist ein absolutes Werbeverbot geregelt. Ihre Werbung darf sich außerhalb des Fachkreises daher nicht auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung der in § 12 HWG genauer bezeichneten Krankheiten beziehen. Darin inbegriffen sind speziell krankhafte Komplikationen der Schwangerschaft, der Entbindung und des Wochenbetts.

Was dürfen Hebammen/Entbindungshelfer?

Die Zulassung zum Hebammenberuf und deren Voraussetzungen werden durch das Hebammengesetz (HebG) und die dazugehörigen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung reglementiert.

Die Geburtshilfe (im engeren Sinn) umfasst:

  • Überwachung des Geburtsvorgangs von Beginn der Wehen an
  • Hilfe bei der Geburt
  • Überwachung des Wochenbettverlaufs

Hebammen können also physiologische Geburten selbstständig betreuen.

Ärzte sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass bei einer Geburt eine Hebamme bzw. ein Entbindungshelfer hinzugezogen wird. Das heißt: Nur Hebammen und Entbindungspflegern ist es erlaubt, physiologische Geburten selbstständig zu betreuen. Erst ab Anzeichen eines pathologischen Verlaufs ändert sich dieser Grundsatz und es muss der Arzt (ebenfalls) hinzugezogen werden.

Hebammen dürfen bei „normalen“ Beschwerden von Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen heilkundlich tätig sein. Hierzu Auszüge aus dem „Rechtsgutachten zur rechtlichen Bewertung der Tätigkeit als Familienhebamme“:

„Hebammen ist es erlaubt, auf dem Gebiet der Geburtshilfe eigenverantwortlich Heilkunde auszuüben, sofern sie damit die ihnen erlaubten Tätigkeiten erfüllen, wie beispielsweise das Hilfeleisten bei Schwangerschaftsbeschwerden.“

„Sie dürfen also ohne ärztliche Anordnung auf einem klar begrenzten Gebiet eigenverantwortlich Heilkunde ausüben und bedürfen hierfür weder einer Approbation noch einer Heilpraktikererlaubnis. Sie gehören damit neben den Ärzten und den Heilpraktikern zu den einzigen Berufsständen, die Heilkunde ausüben dürfen.“

Hebammen dürfen nicht kurativ tätig sein

„Mithin unterscheiden sich Hebammen von Arzt und Heilpraktikern darin, dass sie autonom nur im physiologischen Bereich heilend tätig werden, im Sinne der Hilfe und Unterstützung im physiologischen Prozess von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. So können Frauen in diesem Bereich allein durch Hebammen betreut werden. Erst ab den Anzeichen eines pathologischen Verlaufs haben Hebammen zwingend den Arzt hinzuziehen, denn ab diesem Zeitpunkt ist der ärztliche Bereich eröffnet.“ (§ 4 HebG).

§ 3 Abgrenzung zur ärztlichen Tätigkeit (lt. Hebammenberufsordnung)

„(1) Hebammen und Entbindungspfleger leisten Hilfe bei allen regelrechten Vorgängen der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbetts. Dabei haben sie auf Regelwidrigkeiten und Risikofaktoren zu achten. Beim Auftreten von Regelwidrigkeiten oder Risikofaktoren sowie auf Wunsch der Schwangeren, Gebärenden oder Wöchnerin hat die Hebamme oder der Entbindungspfleger ärztliche Hilfe hinzuzuziehen oder die Einweisung in ein Krankenhaus zu veranlassen.

(2) Das Behandeln pathologischer Vorgänge bei Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerinnen und Neugeborenen ist Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

(3) Verlangt eine Ärztin oder ein Arzt von der Hebamme oder dem Entbindungspfleger eine geburtshilfliche Handlung, die nach Meinung der Hebamme oder des Entbindungspflegers den anerkannten Regeln der Geburtshilfe widerspricht, muss die Ärztin oder der Arzt darauf hingewiesen und der Hinweis dokumentiert werden.“

Gesetzliche Grundlagen: Hebammengesetz 1 (HebG), § 24c Sozialgesetzbuch V, § 134a SGB V, auf europäischer Ebene: Richtlinie 2005/36/EG

Gesundheit rund um die Geburt – nationales Gesundheitsziel

Laut Bundesministerium für Gesundheit liegt „auf dem Wohl des Ungeborenen, des Säuglings bzw. des Kleinkindes und der Gesundheit der (werdenden) Mutter für alle Beteiligten des Gesundheitswesens ein besonderes Augenmerk“. Deshalb hat das BMG 2017 das Gesundheitsziel „Gesundheit rund um die Geburt“ veröffentlicht. Dazu gehören u.a. die Ermöglichung und Förderung einer gesunden Schwangerschaft und der Geburt. Zum Schutz der werdenden Mutter und des ungeborenen Kindes hat der Gesetzgeber umfangreich geregelt, was wem rund um die Schwangerschaft erlaubt ist – und was nicht.

Bestimmte Regelungen schränken auch die Therapiefreiheit des Heilpraktikers ein; neben dem Hebammengesetz (HebG) müssen das Embryonenschutzgesetz (EschG), das Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) und das Strafgesetzbuch (§ 218 a StGB) beachtet werden. Das heißt: Künstliche Befruchtung, Schwangerschaftsabbruch und die hierfür geforderte Konfliktberatung sind tabu.

Die Domäne der Heilpraktiker ist die Unterstützung von allem „Natürlichen“, also von der natürlichen Befruchtung, der natürlichen Schwangerschaft und der natürlichen Stillzeit.

Sonja Kohn
Heilpraktikerin, Mitglied im Präsidium des Verbandes Unabhängiger Heilpraktiker e.V., Vorstandsbeirat
info@heilpraktikerverband.de

Foto: © Crazy nook / adobe.stock.com

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