Korrekte Rechnungsstellung in der Heilpraktikerpraxis – Teil 2
Fehlerfrei abrechnen
In Paracelsus 02.22 haben wir die Basics einer korrekten Rechnungsstellung besprochen. Nun geht es um die Kür: Wie kann ich die Gebührenziffern richtig kombinieren, um fehlerfrei abzurechnen und meine Rechnung übersichtlich zu gestalten?
Rechnungsstellung mit dem GebüH
Nicht jeder Praxiseinsteiger kann oder mag sich gleich zu Beginn eine teure Praxissoftware oder ein Rechnungsprogramm leisten. Wer das Rechnungsstellen mit dem GebüH von der Pike auf lernen will, sollte sich nicht nur ein solches Gebührenverzeichnis (mit Kommentierung) zulegen, sondern auch die kommentierte Gebührenordnung für Ärzte, kurz GOÄ. Denn das GebüH85 wurde im Wesentlichen von der damaligen GOÄ abgeleitet, deshalb kommen bei der Anwendung des Verzeichnisses dieselben Abrechnungskriterien wie bei der Gebührenordnung für Ärzte zum Tragen.
Da das GebüH (www.heilpraktikerverband.de) aufgrund seiner Historie nicht verändert werden darf, ist es nicht möglich, es nach „eigenem Ermessen“ mit neuen Ziffern zu ergänzen. Das bedeutet: Auch ein vielleicht wünschenswertes „Ergänzungsverzeichnis“ gibt es für das GebüH nicht. Wir müssen demnach unsere Leistungen selbst bewerten und beschreiben (s. Teil 1) oder analog innerhalb des GebüH abrechnen.
Analoge Abrechnung
Viele Behandlungsverfahren sind im GebüH nicht gelistet. Eine solche Leistung kann jedoch analog mit einer ähnlichen, „gleichwertigen“ Ziffer abgerechnet werden. Man vergleicht in einem entsprechenden Fall die Leistung, die man abrechnen möchte, mit anderen Leistungen des GebüH. Vergleichskriterien sind:
- technische Durchführung
- ähnlicher Schwierigkeitsgrad
- Zeitaufwand
- Kosten
Bei der analogen Abrechnung kann die analoge Ziffer mit „A“ gekennzeichnet werden. Es sollte eine erkenntliche Beschreibung angefügt werden und z.B. durch eine Tabelle oder Ausschreibung des Verzeichnisses ersichtlich werden, analog wessen Verzeichnis die Ziffer bestimmt wurde. Ein Beispiel finden Sie in Abb. 1. Zudem können Sie, wie in Abb. 2 dargestellt, parallel die GOÄ zitieren (nicht anwenden!), um den Sachbearbeitenden die Arbeit zu erleichtern. Sollte Ihre Leistung weder im GebüH noch in der GOÄ aufzufinden sein, wie z.B. die Ayurveda-Therapie, kann auch ein Blick ins Hufeland- oder ins IGeL-Verzeichnis hilfreich sein und der Inhalt analog beigefügt werden (Abb. 3).
Was ist eine Leistungskette?
Für Außenstehende, z.B. den Versicherer oder den Betriebsprüfer, wird eine Behandlung in der Rechnung dadurch ersichtlich, dass der Behandler zum angeführten Datum z.B. eine Anamnese (Ziffer 2), eine Untersuchung (Ziffer 1), eine Beratung (z.B. Ziffer 5) sowie eine Therapie (z.B. Ziffer 21.1 Akupunktur, mehrere Ziffern sind hier möglich!) durchgeführt hat. Eine Leistungskette wäre somit folgendermaßen aufgebaut:
Behandlung vom (Datum) Ziffer 2, Ziffer 1, Ziffer 5, Ziffer 21.1 = Summe X
Die Abrechnung von Leistungsketten bedeutet, Leistungsziffern miteinander zu kombinieren.
Achtung Die Ziffern dürfen nicht „wahllos“ miteinander kombiniert werden!
Wenn ein Kostenträger (auch die Beihilfe) seine Leistungszusage entsprechend GOÄ definiert, bedeutet das, dass die „Ausschlusskriterien“ der GOÄ auch bei einer Heilpraktikerrechnung angewendet werden.
Im ersten Schritt ist zu prüfen, welche GebüH-Ziffer welcher GOÄ-Ziffer entspricht.
Im zweiten Schritt ist sicherzustellen, ob die GOÄ die Kombination erlaubt.
Beispiel „Die Leistung nach Nummer 6 ist neben den Leistungen nach den Nummern 5, 7 und/oder 8 nicht berechnungsfähig.“
Unter 8 finden wir: „Der Ganzkörperstatus beinhaltet die Untersuchung der Haut, der sichtbaren Schleimhäute, der Brust- und Bauchorgane, der Stütz- und Bewegungsorgane sowie eine orientierende neurologische Untersuchung. Die Leistung nach Nummer 8 ist neben den Leistungen nach den Nummern 5, 6, 7 und/oder 800 nicht berechnungsfähig.“
Das heißt, wir können z.B. GebüH-Ziffer 1 nicht gemeinsam mit GebüH-Ziffer 17.1 (Neurologische Untersuchung) abrechnen, da Ziffer 1 die neurologische Untersuchung bereits enthält. Das wäre „doppelt gemoppelt“.
Beispiele für Kombinationsausschlüsse für die Ziffern 20.1 bis 20.7
20.1 darf nicht neben GebüH-Ziffer 23.1 abgerechnet werden, aber die Kombination mit 22.1 ist möglich.
20.2 sollte nicht neben GebüH-Ziffer 20.3 und 20.6 abgerechnet werden.
20.3 nicht kombinieren mit 20.2 und 20.6.
20.4 nicht kombinieren mit 20.2, 20.3, 20.5 und 20.6.
20.5 nicht zeitgleich mit 20.2, 20.3, 20.4, 20.6 und 20.7.
20.6 nicht zusammen mit 20.2 und 20.3.
20.7 nicht zusammen mit 20.5.
Das GebüH85 ist wörtlich zu nehmen!
Beispiel für die Ziffern 35.1 bis 35.6 (Osteopathische Behandlung)
35.1 des Unterkiefers (Einzahl! Vorsicht: Hier werfen einige Versicherer den Verstoß gegen das Zahnheilkundegesetz vor)
35.2 des Schultergelenks (Einzahl!)
Lange hat eine Abrechnungsmöglichkeit der osteopathischen Behandlung der Wirbelsäule gefehlt, was aber von der Bundesbeihilfe geändert wurde. Wenn Sie also tatsächlich Schulter und Wirbelsäule in einer Behandlung therapieren, sollten Sie versuchen, das in Ihrer Abrechnung auch deutlich kenntlich zu machen.
Beispiel
35.2 Osteopathische Behandlung der Wirbelsäule
35.2 Osteopathische Behandlung des Schultergelenks
35.3 der Handgelenke, des Oberschenkels, des Unterschenkels, des Vorderarms und der Fußgelenke
Diese Ziffer kann nicht gesplittet werden, da ansonsten zwischen den letzten beiden Extremitäten „Vorderarme und Fußgelenke“ ein „oder“ statt eines „und“ stehen würde.
35.4 des Schlüsselbeins und der Kniegelenke (keine Splittung!)
35.5 des Daumens (Einzahl!)
35.6 einzelner Finger und Zehen (keine Splittung!)
Diese Ziffern können während einer Behandlung kombiniert werden, aber jede Ziffer darf nur einmal je Sitzung (also „nach jeder Behandlung“) aufgeführt werden.
Individualisierte Abrechnung
Wenn Sie eine Abfolge bestimmter Leistungen häufiger nutzen, und so erfolgreich eine Rückerstattung für den Patienten erzielen konnten, können Sie versuchen, Ihre Abrechnung zu individualisieren und für die Sachbearbeitenden übersichtlicher zu gestalten (Abb. 4). Ich persönlich habe meine Abrechnungen schon vor vielen Jahren so umgestellt, sie werden im Rahmen des Möglichen problemlos von der PKV und der Beihilfe erstattet.
Hilfestellung durch Abrechnungsprogramme
Viele Abrechnungstools bieten die Zusammenstellung und Speicherung für weitere Abrechnungen von Leistungsketten an. Sie können sich beim Anbieter Ihres Abrechnungstools über das genaue Vorgehen informieren.
Fazit
Die Erstattungen der PKV oder ggf. der staatlichen Beihilfe sind in der Regel auf die Sätze des Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker beschränkt. Etwaige Differenzen zwischen den Beträgen aus dem Gebührenverzeichnis und dem vertraglich vereinbarten Heilpraktiker-Honorar sind vom Patienten zu tragen. Die Ergebnisse sämtlicher Erstattungsverfahren haben keinen Einfluss auf das vereinbarte Heilpraktiker-Honorar. Der Honoraranspruch des Therapeuten ist vom Patienten unabhängig von jeglicher Versicherungs- und/oder Beihilfeleistung in voller Höhe zu begleichen.
Sollten Sie spezifische Fragen haben, steht Ihnen unser Abrechnungsforum im Mitglieder-Bereich der VUH-Website zur Verfügung, das seit 10 Jahren mit großer Kompetenz von RA Dr. Frank Stebner betreut wird. Gerne können Sie hier eine Frage zur Abrechnung mit der PKV, der Beihilfe oder mit Zusatzversicherungen für Heilpraktiker einstellen.
Sonja
Kohn
Heilpraktikerin, Mitglied im Vorstand des VUH, Verband Unabhängiger Heilpraktiker e.V.
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