Die Funktion unserer Träume
Unsere Träume fungieren als Spiegelbilder unserer innerseelischen Zustände und Konfliktsituationen. Sie wirken als psychohomöopathische Gleichnisse in Richtung einer Evolution der Persönlichkeit. Traumbilder kaschieren Gefühle. In ihnen ist Energie gebunden, die frei wird, wenn der Träumer sich erlaubt, die von den Bildern verdeckten Emotionen zuzulassen. Je mehr wir bereit sind, zu unseren Gefühlen zu stehen, umso lebendiger werden wir. Das aus der Verdrängung von Gefühlswallungen entstandene neurotische Verhalten löst sich auf. Der Mensch braucht weniger Schlaf und erwacht erholter.
EDGAR DACQUÉ sagt, indem er sich auf ACHELIS stützt, über den Traum:
“Nach der Lehre der Alten ist der Traum
das Mittel, der Weg, auf dem die oberen Mächte mit dem Menschen verkehren. Oder anders ausgedrückt: Die Welt des
Unbewußten steht in einem “hervorbringenden Verhältnis” zur Welt des Bewußten in uns. Träume allein, als innere
Wahrträume, verraten, was der Träumende sinnt und ist. Selbst bei äußerer Unschuld mag er von innen gesehen schuldig
sein, mag metaphysische Schuld tragen, wo seine empirische Person nichts dergleichen verbrochen hat: Träger eines
Schicksals. So kann das natursichtige Volk auch den bestrafen, der nur träumt, er nehme seines Nächsten Weib. Träume
sind Wahrträume, nicht nach ihrem phänomenalistischen Bild, sondern nach dem, was sie der Kraft der Seele nach
verraten und hervorbringen. Sie sind das Bild des lebendigen Verhaltens der inneren Persönlichkeit selbst… Die
Erschließung des menschlichen Traumlebens, soweit sie bis jetzt gelungen ist, läßt erkennen, daß das Unbewußte in
uns gewissermaßen der große Vorhof ist, auf dem die andere, die übergeordnete Natur sich immerzu zum Vorstoß in die
diesseitige, die bewußte sammelt… Träume sind Wahrträume, insofern sie Metaphysisches durchpassieren lassen, aber
eben nur so viel, als es für den denkenden Wachzustand tragbar und verständlich ist… Der metaphysische Inhalt, der
Schauer der metaphysischen Gesichte – wir haben es ja im Faust beim Erscheinen des Erdgeistes – würde den wachen
Geist verwirren, würde ihn mindestens in grenzenlose Ekstase oder Vernichtung versetzen, d.h. der äußere Mensch, wie
er ist, würde dem Wahnsinn verfallen oder mindestens für die nüchternen Mitmenschen so erscheinen.”
So etwas kann passieren, wenn die Trauminhalte überpersönliche, in der
Zukunft liegende und unabänderlich vorgeprägte Ereignisse in das Einzelbewußtsein hineinprojezieren. Dann sprechen wir
von einem großen Traum:
“Denn in diesen großen Träumen ist der Mensch aus dem Einzelbezirk herausgerissen,
er blickt in einen Brunnen, in dem er eben nicht mehr bloß sein eigenes Bild und die Gänge seiner Eigenseele sieht.”
Im Normalfall entsprechen die symbolischen Bilder eines Traums also Teilaspekten der Persönlichkeit und können
als solche optimal nur vom Träumer selbst und nicht aus Traumbüchern gedeutet werden. Der Therapeut soll über das
nötige Rüstzeug verfügen, um den Prozeß des Patienten wirkungsvoll zu lenken. Er darf nicht als Trauminterpret
auftreten und den Träumer mit seinen eigenen Phantasien zu den vorgebrachten Trauminhalten überprägen. Die einzelnen
Bilder gleichen den Scherben eines Spiegels. Es ist die Aufgabe des Therapeuten, den Patienten dazu instand zu setzen,
diese Scherben zu einem vollständigen Spiegelbild zusammenzufügen, so daß er sich oder die Situation an der er leidet
in einem neuen Licht erkennen kann. Hierdurch wird er in der Regel befähigt, seine Erlebnis oder Handlungsweise
positiv zu verändern. Bei einiger Übung und dem nötigen knowhow kann der Patient das vielfach auch selbst
bewerkstelligen.
Wenn jeder Teil des Traums ein Teil von uns selbst ist, ergibt sich mit Notwendigkeit, daß sich
die Botschaften entschlüsseln, wenn wir in jeden dieser Teile quasi hineinschlüpfen und ihm in der ICH-BIN-Form, eine
Stimme geben. Auf diese Weise erschaffen wir ein Rollenspiel wie in einem Drama. Rufen wir sodann noch den inneren
Beobachter der Szene in uns wach, so dechiffriert sich die Botschaft zwischen den Zeilen dessen, was da spontan aus
uns heraussprudelt. Auch hier ist es wieder wie beim Betrachten der Gesamtsymptomatik zwecks homöopathischer
Mittelfindung: Es sind vorzugsweise die”merkwürdigen, sonderlichen und eigenheitlichen Symptome” – hier Bilder-, die
zuerst für eine Verkörperung und “Stimmverleihung” herausgesucht werden sollten. Durch sie erfahren wir am ehesten,
was der Traum uns sagen will.
Beispiel: Eine Patientin berichtet, sie sei im Traum mit einem Kind an der Hand einen tief verschneiten Hang
hinuntergegangen, wobei sie ständig Eisschollen lostrat, die in einen unten fließenden Bach hinabstürzten. Die
Flußrichtung des Bachs verlief merkwürdigerweise nach oben, also den Berg hinauf. Eine barfüßige Frau kam der
Träumerin – im Wasser des Bachs laufend – entgegen. Es war klar, daß es beim Zusammentreffen mit dieser Frau auf
halbem Weg “Ärger geben würde”. Die Träumerin teilte das ihrem Kind mit und meinte: “Jetzt werde ich dir mal zeigen,
wie man mit so jemandem umgeht”. Als sie einander begegneten, stauchte sie die ihr Entgegenkommende auch gleich
dementsprechend verbal zusammen, so daß diese sich schweigend und geduckt an ihr vorbeidrückte. Während das Kind an
ihrer Hand ebenfalls keinen Laut von sich gab, ging die Träumerin triumphierend weiter, erwachte dann aber mit einem
Gefühl großen Unbehagens.
Auf meine Frage nach dem auffallendsten Bild des Traums kam sofort die Antwort: “Das
ist zweifellos der nach oben fließende Bach.” “Gut, spielen sie ihn!” Sie begann: “lch bin ein Bach. Ich bin ein Bach
der nach oben will. Bereits hier wurde sie von ihrem Gefühl überwältigt und begann zu weinen. Ihr wurde klar, dass der
Bach für ihre unterdrückten Tränen nach dem Abgang eines Kindes im dritten Monat der Schwangerschaft stand. Als sie
den anderen Teilen Stimme gab, entpuppte sich die entgegenkommende Frau als jener Aspekt in ihr, der ihre von ihr
selbst unterdrückte Gefühlswelt repräsentierte, der Eishang als ihre innere Erstarrung und das Kind als ihre
schöpferischen Anteile, die sie längst mundtot gemacht hatte. Indem sie nunmehr während der Sitzung zu ihrem wahren
Gefühl der Trauer stand, löste sie sich aus der Erstarrung und machte wieder einmal das arabische Sprichwort wahr, das
da heißt: “Der Fluß der Trauer muß frei fließen, sonst vernichtet er die Ufer’. Das heilende Mittel für diesen Kummer
war Natrium-muriaticum, unser Kochsalz, in einer in LM-1 2-Potenz. Mehr zu dieser Arznei unter den Bemerkungen zur
Sünde der Trägheit und im Kapitel über die Impotenz der Frau. Ein weiterer Traum sei hier kurz erwähnt, weil er
symbolisch steht für die Unterjochung zu kurz gekommener seelischer Anteile der Persönlichkeit durch kaltblütige und
niedere Prinzipien.
Eine dunkelhaarige, liebevolle und sehr um das Wohl der Familie bedachte 50-jährige Frau berichtet von ihrem Traum, in dem ein überdimensionaler Frosch sich einem kleinen Kätzchen regelrecht übergestülpt hatte und dieses zu erdrücken drohte. Die Träumerin ergriff den frechen Kerl, und fragte ihn, was er hier zu schaffen habe. Dieser meinte, er habe ein Recht, da zu sein, weil er schon immer hier wohne. “Ungehörig” wie er war, pfropfte er sich dem kleinen, sanften Tier gleich wieder auf. Da ergriff die Frau ihn erneut und indem sie ihm vorhielt, daß er sich bei ihr eingenistet habe, ohne sie um Erlaubnis zu fragen, setzte sie ihn vor die Tür, woraufhin sie wie von einer inneren Last befreit, erwachte.
Eine schönes Beispiel dafür, wie man selbst seinen inneren Film während des Schlafs verändern kann, indem man
unbewußt – oder sogar ganz bewusst beim sogenannten luciden Träumen – neue Regieanweisungen für sein zukünftiges
Schicksal erteilen kann. Ein letztes Beispiel zur Illustration des soeben Vorgebrachten:
Im Juli 1997 erhalte ich
den Besuch einer 35jährigen dunkelhaarigen Frau, die mich aufsucht wegen ihrer regelmäßigen Frühjahrs- und
Herbstmigräne.
Der Fragebogen war sorgfältig ausgefüllt. Es waren da drei problemlose Spontangeburten verzeichnet sowie eine
Fehlgeburt im Jahre 1989. Sodann eine Sterilisation 1991 und eine Gebärmutterentfernung im Jahr 97, wegen Myomen. Das
infrage kommende Mittel war schnell gefunden. Lachesis – das potenzierte Gift der Grubenotter, half überzeugend. Der
folgende Herbst blieb migränefrei. Die Tropfen wurden in einer LM-12 genommen. Als das Fläschchen zuende war, wurde
auf eine LM-18 übergegangen. Zwischenzeitlich suchte mich die Mutter der jungen Frau auf, um von ihrer Vermutung zu
sprechen, daß da “noch mehr sei”, was sich ihre Tochter jedoch scheue anzuschauen. Sie hege die Vermutung, daß ihr
verstorbener Mann sich dem Mädchen in jungen Jahren auf unzüchtige Weise genähert habe, ohne daß sie allerdings
handfeste Beweise dafür vorbringen könne.
Die junge Frau war in den folgenden Wochen nicht gerade kontaktfreudig,
was ihre Berichte über den Fortschritt der Heilung durch Lachesis anging. Lediglich durch die Mutter erfuhr ich, daß
soweit alles in Ordnung sei. Die Tropfen wurden stetig weitergenommen. Mitte Januar 98 erhielt ich zum ersten Mal
einen ziemlich aufgeregten Anruf der Tochter selbst, der es plötzlich garnicht schnell genug damit gehen konnte, einen
Termin bei mir zu bekommen. Sie hatte dabei eine längere Anfahrt von einigen Stunden auf sich zu nehmen, was ihr aber
gleichgültig war. Als sie mir gegenüber saß, berichtete sie von ungeheuren Hitzeschüben durch aufsteigende
Lebensenergie. Diese unterschieden sich deutlich von üblichen verfrühten klimakterischen Hitzewallungen, wie sie nach
solchen Uterus-Exstirpationen auftreten können. Außerdem wäre gerade solchen Symptomen durch Lachesis gut zu begegnen
gewesen. Die Energien die hier den Organismus umzuschmieden begannen, bescherten der Frau als erstes eine anhaltende
aber fruchtbare Schlaflosigkeit. Fruchtbar insofern, als es ihr gelang, im Wachzustand einiges an innerseelischen
Aufräumungsarbeiten zu leisten. Die Hitze, die sich den Weg zu ihrem Herzen bahnte und an der sie schier zu verbrennen
glaubte, machte sich unter anderem auch an den bis dahin sorgfältig gehüteten Wall vor der vermuteten, innerseelischen
Wunde heran.
Als Folge hiervon hatte die Frau, als sie dann wieder in den Schlafzustand absank – einen äußerst
aufwühlenden und beunruhigenden Traum, den sie mir nun schilderte: Vor ihr stand die Wickeltasche des 1990 geborenen
und wenige Wochen danach verstorbenen, jüngsten Kindes. Die Tasche hatte das Aussehen eines Bastkörbchens, wie man es
aus Schilderungen über die Aussetzung des kleinen Moses im alten Ägypten zu kennen glaubt, einer Art “Cocon mit
Deckel” wie die Frau es zuerst benannte. Darin lag nun aber merkwürdigerweise nicht ihr Sohn, sondern die Leiche ihres
– jünger als gewohnt aussehenden Vaters, der sie mit starren Augen betrachtete und ihr mit Blicken folgte, als wolle
er ihr etwas mitteilen, was ihm auf der Seele lag.
Bedeckt war der Cocon mit einer Art durchsichtiger
Cellophanhaut, – einer”Klarsicht-Hülle” wie die Patientin sich ausdrückte. Schnell wurde ihr bewußt, daß sie von ihrem
Vater aufgerufen war, nun endlich “klar zu sehen”.
Auf ihre stumme Frage, was das denn alles bedeute, verwandelt
sich der 1976 verstorbene Vater in ihr 1990 verstorbenes Söhnchen und dann wieder zurück in ihren Vater. Durch die
dabei entstehende geistige Verbundenheit wird ihr bewußt, daß der verstorbene Vater identisch mit dem 10 Jahre später,
– also relativ kurzzeitig danach -, reinkarnierten Sohn sein muß, was der Vater ihr durch nonverbale Kommunikation in
diesem Traum bestätigt.
Auf ihr weiteres Drängen und die Frage nach dem Warum, bekennt der Vater, sein Karma
hätte ihm abverlangt, daß er den gleichen Geburtskanal noch einmal benütze, den er ehemals bei seiner Tochter entweiht
habe. Er habe diesmal von der gegenüberliegenden Seite durch sie hindurch kommen müssen, um eine andere Facette von
Liebe kennenzulernen als die, welche er fälschlicherweise bei seiner Tochter, – die sie ehemals war, – gesucht hätte.
Die Erschütterung der jungen Frau ob dieser lange unterdrückten Erkenntnisse war gewaltig und so war sie
schließlich bei mir in der Praxis gelandet, wo wir den innerseelischen Film wiederholte Male aus sicherer Entfernung
ablaufen ließen, um ihn durch aktive Einflußnahme der Patientin in der von ihr gewünschten versöhnlichen Weise zu
verändern, bis sie mit dem Ergebnis ganz zufrieden war.
Dabei fiel ihr noch ein, daß sie bereits vor Jahren
bisweilen nachts geschrien habe, weil sie sich gewürgt fühlte, wobei ihr damaliger Freund jedesmal hochgeschreckt war
und sich gewundert hatte, weil sie schrie: “Laß mich doch los, du erwürgst mich ja!” Wie sich während der Therapie
herausstellte, hatte der Vater dem Mädchen die Hände an die Kehle gelegt, gleichsam als eine Art
“psychokinästhetischen Anker”, um auf diese Weise ihr Schweigen über seine vorangegangenen sexuellen
Annäherungsversuche zu erzwingen.
Nachdem diese Dinge während der Sitzung geregelt worden waren und die Patientin
mir gestand, dass es um ihr Liebesleben nicht gerade zum besten stand, bat ich sie, mit den sie blockierenden Teilen
ihrer Persönlichkeit Kontakt aufzunehmen und sich zuerst einmal bei diesen für deren Wächterfunktion zu bedanken.
Auf solche Weise lernte sie einen neuen würdigeren Umgang mit sich selbst. Einspruch erhebende Teile wurden nicht mehr
bekämpft, sondern als bisher notwendige Zensoren anerkannt.
Bereits dadurch stellte sich ein Gefühl angenehmer
Entspannung ein, welches den gesamten Bauchraum der Patientin ausfüllte.
Sodann wurden diese Teile gefragt, was
sie – die Patientin – lernen müsse, damit sie zu einem erfüllenderen Liebesleben gelangen könne.
Nach einer
Kontaktaufnahme mit der kreativen Seite der jungen Frau – die meisten ahnen gar nicht, wie kreativ sie tatsächlich
sind -, erhielt sie von dort die spontane Antwort, sie müsse sich als erstes mehr Zeit für die Liebe nehmen. Als
nächstes sei gefordert, daß sie zusammen mit ihrem Mann auch einmal alleine, also ohne Kinder in Urlaub fahren möge,
selbst wenn es sich dabei nur um einen Kurzurlaub handeln sollte. Da die Mutter der Patientin großes Interesse am
Glück ihrer Tochter hat, war anzunehmen, daß diese gerne dazu bereit sein würde, die Enkelkinder hin und wieder in
ihre Obhut zu nehmen.
So wurde also die Frau, die inzwischen einige Tränen innerer Erlösung geweint hatte,
entlassen, natürlich mit der Anweisung, ihre Lachesis-Tröpfchen weiterhin einzunehmen. Merke: ein gut gewähltes
Pharmakon kann gar nicht lange genug eingenommen werden. Oft stellen sich – Wochen danach – weitere positive Effekte
ein. Viele Patienten machen den Fehler, wenn eine Beschwerde nachläßt, zu früh mit der Einnahme ihres Mittels
aufzuhören.
Ähnlichen Problemkreisen werden wir an anderer Stelle begegnen, wenn es um die Frigidität der Frau
geht.
Quellenhinweis: Der Artikel stammt aus dem Buch “Eros und sexuelle Energie durch Homöopathie” von Peter Raba. Direktbestellung bei ANDROMEDA-Verlag für geisteswissenschaftliche und ganzheitsmedizinische Literatur Peter Raba, 82418 Murnau, Tel. 08841-9529, Fax -47055.
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