Kognitive Verhaltenstherapie bei Depressionen
Therapeutenverhalten
von Dr. Hartmut Gutsche (Psychotherapeut)
Verhaltenstherapie ist eine problemorientierte, strukturierte, konkrete und spezifische psychologische Behandlung. Patienten und Therapeuten wirken eng zusammen, um die Probleme zu identifizieren, die individuellen (kognitiven) Blockaden zu erkennen, Alternativen zu erarbeiten und zu prüfen, sowie diese umzusetzen. Neben der Beachtung kognitiver Prozesse gehören Aktivierung, Kompetenzerweiterung, Problemlösen, Übungen im Alltag, Aufbau von Bewältigungsfertigkeiten und Kommunikationsübungen zum psychotherapeutischen Handwerkszeug.
Verhaltenstherapie muss wie jede andere gute Psychotherapie auf der Grundlage von Empathie, Aufrichtigkeit,
Interessiertheit und Interaktionsfähigkeit durchgeführt werden. Sie sind wesentliche Voraussetzungen für die
Therapiespezifischen Techniken. Der Patient muß sich verstanden und ernst genommen fühlen, damit die Techniken für die
Veränderung des Verhaltens wirkam eingesetzt werden können, Fühlt er sich nicht verstanden, wird gar kritisiert und
manipuliert, gerät er schnell in eine abwartende Position und wird eher auf seine depressionsfördernden Vorstellungen
und Befürchtungen beharren, als diese mit dem Therapeuten zu bearbeiten. Der Therapeut muss die Gedanken und Gefühle
des Klienten – also dessen Welt – verstehen und dieses Verständnis vermitteln, muss dem Klienten intellektuell
begegnen, sich auf seine Ebene begeben, ihm zuhören, seine verbalen und nonverbalen, z.B. körpersprachlichen
Äußerungen beachten und sich sprachlich auf ihn einstellen. Die gebräuchlichsten Methoden, Verständnis auszudrücken
sind Paraphrasieren, Zusammenfassen des Besprochenen, angemessene Wiedergabe der vom Patienten geäußerten Gedanken,
Gefühle und Empfindungen. Gute Interaktionsfähigkeit zeigt sich in der therapeutischen Beziehung als Aufmerksamkeit,
Interesse, Vertrauen und einer überzeugenden professionellen Kompetenz. Exzessives Fragen, Feindseligkeit, Kritik,
Vorwürfe oder Ungeduld, herablassende, ignorierende, distanzierte Haltung stehen zwischenmenschlichen
Therapiekontakten entgegen. Ein guter Therapeut vermittelt: Aufrichtigkeit, Offenheit und Echtheit. Die Atmosphäre ist
akzeptierend und fürsorglich.
Jede therapeutische Arbeit setzt voraus, dass der Patient den Therapeuten fachlich
und menschlich akzeptiert. Es hat sich bewährt, mit dem Patienten das therapeutische Vorgehen abzusprechen. Der
depressive Patient zeigt gegenüber dem Therapeuten sein depressionstypisches negatives Verhalten, negative
Einstellungen und Erwartungen, seine Hoffnungslosigkeit. Beruhigende Versicherungen des Therapeuten sind nur
kurzfristig hilfreich. Die Vertrauensbasis muss über die gesamte Dauer der Therapie vorhanden sein. Transparenz und
Strukturiertheit der Therapie sind Merkmale erfolgreicher Therapie bei depressivkranken Menschen.
Dazu gehören
- Offenheit und Bereitschaft des Therapeuten, Angaben zu seiner Person, seinen Methoden zu machen,
- Begründung des Vorgehens und der in die Vorgehensweisen gesetzten Erwartungen
- Veränderungen, Schwierigkeiten, Erfahrungen beschreiben und verstehbar machen, Problembereiche organisieren, konkrete Ziele für die Sitzungen und für die Hausaufgaben formulieren und damit einer Bearbeitung und Lösung zugänglich machen.
Dazu sollten folgende Grundregeln beachtet werden:
- Fragen spezifisch und konkret formulieren, keine suggestiv Fragen
- Fragen dürfen nicht von aktuellen Problemen wegführen
- Keine geballten “Fragenbatterien” stellen, keine Verhörsituation
- Details abfragen, genaue Symptome, Auftretenshäufigkeit und -intensität
- Fragen stellen nach Zeitpunkt, Ort, Beschreibung des Ortes, beteiligte Personen – ihr Verhalten, Hintergründe der Ereignisse
- Gefühlsmäßige und physiologische Reaktionen des Patienten in den wiedergegebenen Situationen erfragen (wie fühlten sie sich vorher bzw. nachher?), Bewertung der Ereignisse durch den Patienten hinterfragen
Schlüsselprobleme benennen
Ein optimales Therapeutenverhalten zeigt sich auch darin, daß ein oder
zwei Schlüsselprobleme in einer Sitzung benannt werden. Der Patient wird über seine Meinung hinsichtlich der
formulierten Schlüsselprobleme befragt. Die Hausaufgaben werden gemeinsam und in engem Bezug zu diesen
Schlüsselproblemen aufgestellt. Zusätzlich werden spezielle Verarbeitungsmuster, Denkgewohnheiten, Wahrnehmungen und
Verhaltensweisen formuliert, an denen der Patient sich messen kann. Aus seinen Berichten ergeben sich Rückschlüsse
über den Zusammenhang zwischen Aktivitäten, Bewertungen, Annahmen, Gefühlen und Vorstellungen in den jeweiligen
Bewährungssituationen. Kooperation in der therapeutischen Beziehung.
Der Therapeut kooperiert und bemüht sich um
die aktive Mitarbeit des Patienten, um ein “Bündnis” im gemeinsamen Interesse an seinen Aktivitäten, Gedanken,
Wünschen, Gefühlen und Verhaltensweisen. So liefert der Patient die Daten für diese Kooperation und der Therapeut gibt
die Anleitung bei der Sammlung und Verarbeitung dieser Informationen. Bei einer guten Therapie wird jede Aktivität
genutzt, um Zusammenarbeit zu gestalten. Der Therapeut gibt Begründungen, macht die Behandlung transparent, erzeugt
Vertrauen und Einsicht, der Patient übernimmt dadurch viele therapeutische Techniken, er lernt, statt belehrt,
überredet zu werden. „Harte” Gesprächstechniken sind für depressive Patienten ungeeignet.
Feedback ist wichtig
Der Therapeut gibt Anregungen und befragt den Patienten anschließend dazu.
So kann der Grad der Zielerreichung geprüft werden. Dabei treten allerdings viele Probleme auf. Depressive Patienten
etwa haben Schwierigkeiten, ihre Meinung oder Kritik zu äußern, aus Angst, zurückgewiesen zu werden. Hemmungen,
Gefühlsbindungen zu Therapeuten, Einstellung zur Therapie behindern den Therapiekontext. Gerade hier muß der Therapeut
verstärkt über Anregung / Rückmeldung positiv zu verändern versuchen. Missverstandener, fehlinterpretierter Feedback
ist schlecht, daher muss klar formuliert und unmissverständlich gefragt werden. Feedback-Kontrolle ist die
Voraussetzung im wichtigen Therapieprozess der Zielorientierung und Zielkonkretisierung. Organisieren Sie die
Feedbackkontrolle.
Fortsetzung folgt
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