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Psychotherapie
Lesezeit: 6 Minuten

Kognitive Verhaltenstherapie bei Depressionen

Zu Behandlung depressiver Störungen (2. Teil)

Von Dr. H. Gutsche (Psychotherapeut)

Mit einer medikamentiösen Therapie durch Einnahme antidepressiver Medikamente (MAO – Inhibitoren, SSR, Serotonin, Wiederaufnahmehemmer, trizyklischen Antidepressiva, Johanniskraut- Präparate u.a.) können depressive Persönlichkeitsveränderungen gedämpft bzw. der Rückfallgefahr und das Wiederauftreten deutlich vermindert werden. Neben dieser Form der Therapie gibt es noch Schlafentzug (Wachtherapie), Elektrokrampfbehandlung und Lichttherapie als medizinische Therapie der Depression.

Psychologische Behandlungen

Eine psychologische Behandlungsmethode hat sich in der letzten Zeit in der Praxis besonders durchgesetzt und bewährt – die kognitive Verhaltenstherapie -. Zwar werden die Interpersonelle Psychotherapie und die tiefenpsychologisch begründet Kurzzeitpsychotherapien in ihrer Bedeutung noch bestätigt, doch ist ihre Befundlage eher dürftig. Die kognitive Verhaltenstherapie ist eine problemorientierte, strukturierte, spezifische und konkrete Behandlungsform für depressive Störungen. Wie bekannt ist, werden Depressionen durch gedankliche (kognitive) Prozesse als auch durch den Verlust von Verstärkern (Aktivitätsniveau, Fähig- und Fertigkeiten, Belastungsverträglichkeit u.a.) weitestgehend ausgeprägt. Die Häufung von Ereignissen die den Menschen unangenehm beeinflussen und zu unangemessenen Verhalten führen, beeinflussen das Denken, Fühlen und Handeln dermaßen, daß negative Auswirkungen auf Einstellungen, Überzeugungen und Erwartungen die Folge sind. Das wiederum hat Auswirkungen auf das Aktivitätsniveau des Patienten, auf sein soziales Handeln und den Ausprägungsgrad seiner positiven Erfahrungen.

Das Muster für die Depression sieht in der Regel wie folgt aus:

     

  1. r0002_kv1Auslöser / Belastungen / Ereignisse

    Auswirkung auf:

  2. Gefühle, Gedanken, Bewertungen, Einstellungen, Annahmen, negative Prägung

    Auswirkung auf:

  3. Verhalten, Kontakte, Kommunikation, zwischenmenschliche Beziehungen

     r0002_kv2Auswirkung auf:

  4. Aktivitäten, zunehmende Bewertung von negativen Rückmeldungen, keine positive Bestätigung mehr

    Auswirkung auf:

  5. Leben in der Familie, Beruf, Freizeit, Krankheiten

    Folge:
    Depression
    (unterschiedlichster Ausprägung)

Diesem Muster folgend, orientiert sich die kognitive Verhaltenstherapie auf eine besonders intensive Kooperation zwischen Patient und Therapeut, in der es darum geht, die Probleme zu identifizieren und die individuellen Blockaden zu erkennen, Alternativen aufzuzeigen, diese zu prüfen und in der Praxis umzusetzen.
Dazu gehören die verhaltenstherapeutische Elemente wie Aktivierung, Kompetenzerweiterung, Problemlösen, praktische Übungen, Kommunikationstraining und Entwicklung von Bewältigungsfertigkeiten.

In der psychotherapeutischen Praxis haben sich folgende Behandlungsabschnitte und Behandlungsmethoden bewährt:

1. Behandlungsabschnitt

Probeanalyse

  • Probleme benennen und erkennen, Überblick verschaffen
  • Rangfolge nach Wertigkeit und Dringlichkeit gemeinsam festlegen (Wichtigkeit, Dringlichkeit, Veränderbarkeit)

2. Behandlungsabschnitt

Therapeutische Beziehung entwickeln

  • Patienten akzeptieren wie er ist
  • Empathie und aktives Zuhören
  • Kenntnis der Problemlage (Sach- und Fachkompetenz entwickeln)

3. Behandlungsabschnitt

Aktivitätsentwicklung

  • Zusammenhang von Verhalten, Gedanken, Gefühlen auf der Grundlage der Berichte des Patienten herstellen
  • Davon, Handlungsinstruktionen für den Patienten ableiten
  • Kognitive Übungen, erfassen von Gedanken und Gefühlen, Zusammenhänge herstellen, Hypothesen aufstellen, Imaginationen, Entkatastrophieren, Realitätstestung, Veränderungen von Einstellungen, Überzeugungen und Haltungen.

4. Behandlungsabschnitt

Sicherheitstraining, soziale Kompetenz entwickeln und ständig üben

  • Besprechung des Verhaltens im Alltag, Rückmeldungen, Rollenspiele, Üben erneuter Transfer in den Alltag

Der Grundgedanke der kognitiven Verhaltenstherapie ist der Zusammenhang von Stimmung, Denken und Handeln.
Diese Eckpunkte jeder guten Therapie stehen wechselhaft zueinander und bedingen sich gegenseitig. So kann eine negative Stimmung alle Aktivitäten nach unten ziehen und das Denken folglich auch negativ beeinflussen, gleichfalls kann eine positive Handlung die Stimmung und das Denken verändern. Erfolgserlebnisse verändern immer positiv.

Negative Emotionen:
sie wirken sich in Niedergeschlagenheit, Lustlosigkeit, keine positiven Erlebnisse, schlechte Stimmungslage, nur das Nötigste tun, keine Freude empfinden, Stimmungsschwankungen u.a.m. aus.

Positive Emotionen:
sind dagegen etwas tun wollen, Freude und Spaß erleben (oder auch bisher positiv erlebtes), das tun was man will, über Erfolg freuen, bessere Laune zeigen, Stimmungsaufhellen, planen wollen und können u.a.m. aus.

Wie sollte man methodisch vorgehen:
Eine gute Psychotherapie ist nicht nur “Reden” über Probleme, sondern ist “Arbeiten” an diesen. Das heißt, man spricht mit dem Patienten über seine Probleme, Ratschläge werden erteilt, es werden Ansichten bestätigt und korrigiert. Der Patient versucht nach den Erkenntnissen zu leben und bemerkt Veränderungen, die er als Stimuli für neue Veränderungen nutzen kann.

Aufbau positiver Aktivitäten

Depressive Patienten erleben zumeist ihre negativen Emotionen. Das führt zu Rückzug, unsicherem Auftreten und Gefühlen der eigenen Wertlosigkeit. Deshalb ist es erforderlich in der Therapie stets positiv zu verstärken. Jede Sitzung sollte mit einem positiven Impuls beendet werden. Aktivitäten mit positiver Wirkung sind Tätigkeiten die vom Patienten als angenehm, als förderlich erlebt werden.
Auch früher als positiv erlebte Aktivitäten, des Patienten sollten einbezogen werden. Hier gilt der Grundsatz, je mehr positiv erlebte Aktivitäten der Patient durchführt, desto besser fühlt er sich, die bessere Stimmung steigert die Bereitschaft aktiver zu sein. Diese Aktivitäten werden in der Therapieplanung mit dem Patienten genau besprochen, um Mißerfolge möglichst auszuschließen.

Zielplanungen könnten sein:

  • Erfassung aller Ereignisse und Aktivitäten die positiv erlebt werden bzw. wurden
  • Nach Schwierigkeiten abgestufte Durchführung positiver Aktivitäten (Skala 1 -10)
  • Die gegenseitige Abhängigkeit der Aktivitäten (vom Einfachen zum Schweren, vom Leichten zum Komplizierten)
  • Das Identifizieren depressiver Verhaltensweisen und das Protokollieren ihrer Auswirkungen

Mögliche Schwierigkeiten beim therapeutischen Vorgehen

  • Vermeidungsverhalten, “hat alles keinen Zweck, mir hilft ohnehin nichts mehr”
  • Inaktivität, “ich bin viel zu schlapp und müde”
  • Rückzug, “alles ist so sinnlos”
  • Nichtbeenden der Aufgaben, die Aufgabe wird begonnen, dann wird der Erfolg bezweifelt und letztlich der gedankliche Mißerfolg der eigenen Unfähigkeit zugeschrieben und damit die Beendigung zu rechtfertigen. Es sollten klare Kriterien für die Beendigung und für den Erfolg einer Aufgabe vereinbart sein.

Bewährt haben sich Selbstbeobachtungsbögen die der Patient nach Gefühl und Erfolg ausfüllt. Der Therapeut verweist dabei auf Kriterien der Bewertung, da ansonsten der Patient dazu neigt, positive Aktivitäten weniger wahrzunehmen. Dazu kann man eine Liste angenehmer Ereignisse oder Aktivitäten aufstellen, die dann in der Folge abgearbeitet werden.
Mit der kognitiven Verhaltenstherapie steht dem Behandler eine effiziente, psychologische Therapiemöglichkeit bei Depressionen zur Verfügung.
Bei Einhaltung folgender Wirkmechanismen kann diese Therapieform recht erfolgreich angewendet werden.

  1. Das therapeutische Vorgehen vermitteln, vor allem den Zusammenhang zwischen Fühlen, Denken, Handeln und stets nach Entwicklungen neu interpretieren.
  2. Die Kooperation des Patienten durch Mitarbeit aktivieren
  3. Einbeziehen der Lebenspartner/Familie zur Lösung/Bewältigung von Hausaufgaben
  4. Nicht symptomverstärkend therapieren, nicht die Depression wird behandelt, sondern konkrete Probleme, die zur Depression führten bzw. damit in Verbindung stehen
  5. Die Entwicklung und Ausprägung der eigenen Aktivität des Patienten (angenehme soziale Aktivitäten) ist Schwerpunkt des therapeutischen Vorgehens
  6. Entwicklung von Selbstkontrolle und Bewertung beim Patienten, um negative Gedanken und Wertungen richtig beurteilen zu können

Die in diesem Beitrag sicherlich sehr kurz und fragmenthaft dargestellte und beschriebene kognitive Verhaltenstherapie ist heute eine vielfältig erprobte und in der therapeutischen Praxis bewährte Behandlung für die Mehrzahl depressiver Erkrankungen. Sie wird von allen Krankenkassen als Therapie anerkannt.

Dr. H. Gutsche
Beratung und Psychotherapie

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