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Psychotherapie
Lesezeit: 7 Minuten

Live or let die – Letzter Ausweg Suizid

Auslöser, Ursachen, Präventivmaßnahmen

© Arman Zhenikeyev - Fotolia.comSigmund Freud glaubte, dass der Mensch vom Augenblick seiner Geburt an zwei einander entgegengesetzte Triebe besitzt: den Todestrieb, der nach Selbstzerstörung strebt, und den Lebenstrieb, der für Energie, Wachstum und Überleben sorgt.

Suizid (lat. sui caedium = Tötung seiner selbst) ist das willentliche Beenden des eigenen Lebens, eine mit Absicht vorgenommene Selbsttötung, der freiwillige Gang in den Tod.

Mögliche Auslöser für einen Suizid:

  • Verlust einer wichtigen Bezugsperson
  • Trennung vom Partner, Liebeskummer, Vereinsamung
  • Konflikt in der Familie oder Partnerschaft
  • Schamgefühle, Alkohol- oder Drogenkonsum
  • Arbeitslosigkeit, Mobbing, Versagensangst, wirtschaftlicher Ruin
  • Körperliche Behinderung, organische Erkrankungen
  • Nachahmung (z.B. Tod eines beliebten Filmstars oder Sängers)

Besonders gefährliche Zeiten für Suizidversuche stellen die biologischen Umstellungsphasen dar: Pubertät, Klimakterium und Midlife-Crisis. In diesen Lebensabschnitten erfolgt häufig eine Neuorientierung, die Anstrengungen und Entscheidungen erfordert.

Lebenskrisen wie Scheidung, Partnerverlust und unheilbare körperliche Krankheiten machen nicht den größten Teil der Suizidursachen aus. Vielmehr liegen in den häufigsten Fällen psychische Erkrankungen bei den Betroffenen vor. Die Despression gilt als Hauptursache für den Suizid und kann durch den Einfluss sozialer Faktoren entstehen:

  • Menschen fügen sich gegenseitig Schaden durch Gewalt, Vernachlässigung, Ausbeutung, Dominanz, Demütigung und Mobbing zu.
  • Auswirkungen kulturspezifischer Besessenheit von Schlankheit und Schönheit. Befassen des Menschen mit dem eigenem Selbst, Egozentrismus.
  • Scheidung, Arbeitsplatzverlust, Wohnortwechsel als Konsequenz oberflächlicher Bindungen an die Familie/Freunde.
  • Einfluss von Medien wie Internet und Fernsehen. Zwischenmenschlicher Kontakt sinkt. Überflutung von Informationen. Orientierungslosigkeit in der globalisierten Gesellschaft, Angst vor Umwelt- und Wirtschaftskrisen, Katastrophen, Existenz, Zukunftsangst.

Wenn menschliche Bedürfnisse blockiert werden, führt dies zu Frustration, die Aggression auslöst. Aggressionen können im Unterbewusstsein verdrängt werden, was psychische Krankheiten begünstigen und verursachen kann. Aggressionen führen eventuell zu Handlungen gegen sich selbst (Suizid), gegen die Verursacher der Frustration, gegen Sachen oder Unbeteiligte. Gefühle, die den Menschen im Übermaß beherrschen, bewirken unter Umständen die Selbstzerstörung der Person, oder dass andere Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden.

Wir brauchen einen angemessenen Neid, um uns selbst weiterentwickeln zu können, eine angemessene Angst, um uns vor Gefahren zu schützen, eine angemessene Gier, um sparsam mit den Dingen umzugehen.

2011-03-Suizid2

Präsuizidales Syndrom (nach Ringel)

  • Einengung des Erlebens und Verhaltens, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung
  • Aggressionshemmung und Wendung der Aggression gegen die eigene Person
  • Suizidphantasien: Vorstellung, tot zu sein, Selbstmord zu begehen, konkrete Handlungsplanung

Suizidales Achsensyndrom
(nach Mitterauer)

Selbstmordankündigungen (offene oder versteckte): Einige Menschen sagen offen, dass sie nicht mehr leben wollen. Zumeist teilen sie dies aber versteckt mit, z.B. verschenken sie Lieblingssachen an ihre Angehörigen, Freunde, Bekannte, bedanken sich herzlich für alles. Die Betroffenen sind häufig erleichtert, wenn sie mit jemanden über diese Gefühle und Gedanken sprechen können, ohne gleich verurteilt zu werden. Fragen Sie den Betroffenen direkt: „Fällt es Ihnen schwer, an etwas anderes als an Ihre Probleme zu denken? Halten Sie Ihre Situation für aussichts- und hoffnungslos? Haben Sie in letzter Zeit daran denken müssen, sich das Leben zu nehmen? Haben Sie einmal einen Selbstmordversuch unternommen? Haben Sie konkrete Ideen, wie Sie es machen würden? Haben Sie Vorbereitungen getroffen?“

Diagnose psychischer Erkrankungen
(endogene, exogene Psychosen)

Alkohol- und Drogensüchtige mit bipolaren Affektstörungen, Persönlichkeitsstörungen, Schizophrenie oder an Depression erkrankte Menschen haben ein erhöhtes Selbstmordrisiko. Bei medizinischer Behandlung einer Depression könnte die Anfangs- und Endphase auch bedrohlich werden, d.h. einen Suizidversuch auslösen. Psychische Erkrankungen müssen daher unbedingt abgeklärt werden.

Suizidpositive Familienanamnese

Es gibt Familien, bei denen über Generationen hinweg immer wieder Suizide vorkommen. Das hat aus Sicht vieler Fachleute nichts mit Vererbung zu tun, sondern eher damit, dass es „Vorbilder“ gibt. In diesem Fall ist es sinnvoll zu fragen: „Hat sich in Ihrer Familie oder in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis schon einmal jemand das Leben genommen? Haben Sie in letzter Zeit weniger Kontakte zu Ihren Verwandten, Bekannten und Freunden? Haben Sie Probleme, bestehen schwierige Situationen in Ihrer Familie?“

Entstehungsphase von Suizidabsichten:

1. Erwägungsphase (Soziale Isolierung, Suizidgedanken)
Die meisten von uns haben wohl schon einmal eine Krise gehabt, in der sie dachten, es sei besser, nicht mehr zu leben. Gerade im Jugend- und jungen Erwachsenenalter gibt es oft Situationen und Entwicklungen, die unüberschaubar sind, wo das Weiterleben sinnlos erscheinen mag.

2. Ambivalenzphase (Hilferufe als Ventilfunktion, Suizidversuche)
Dies ist im Allgemeinen eine Phase für Hass und Liebe in einem: „Ich will leben, aber nicht so wie jetzt. Ich will nicht sterben, aber so leben kann ich nicht mehr. Ein sinnloses Leben oder ein Tod als Erlösung?“ Es ist eine quälende Zeit, in der um die richtige Entscheidung gerungen wird. Es gibt Menschen, die immer wieder, wenn sie in Krisen stecken, einen Suizidversuch wiederholen.

3. Entschlussphase (Vorbereitungshandlungen, Suizide)
Diese Phase nennt man „Ruhe vor dem Sturm“. Hier ist die Person schon fest entschlossen, sich das Leben zu nehmen. Es wird genau geplant, unter welchen Umständen, mit welchen Mitteln und wann genau es passieren wird. Der Betroffene ist ganz ruhig, er braucht nicht mehr zu zweifeln oder zu überlegen, warum er es tun sollte. Er sieht seinen Tod endgültig als die einzige Lösung an. Deshalb sucht er keine fremde Hilfe, macht eher versteckte Ankündigungen, verfasst Abschiedsbriefe, Testamente etc.

Wer die Selbsttötung androht, muss damit rechnen, wegen erheblicher Selbstgefährdung in eine Psychiatrische Klinik zwangseingewiesen zu werden.

Die Unterbringungsgesetze sehen eine freiheitsentziehende Zwangunterbringung im Falle einer Eigengefährdung in eine psychiatrische Klinik vor. Die Unterbringungsgesetze treten nicht in Kraft, wenn der Patient sich freiwillig in Behandlung begibt. Die Beamten des Gesundheitsamtes oder der Polizei bringen den Patienten in die Klinik. Die Zwangseinweisung ist notwendig und die einzige Möglichkeit, den Suizid zu verhindern. Für Menschen in einer Krisensituation und für alle unter psychischen Störungen (Persönlichkeitsstörungen, affektive Störungen, Angststörungen, wahnhafte Störungen, Schizophrenie) Leidende sowie für Alkohol- und Drogensüchtige ist neben nötiger medikamentöser Behandlung auch die Therapie bei einem Psychotherapeuten angezeigt.

Was können Sie für sich selbst tun?

Präventivmaßnahmen
Ermutigen Sie sich und aktivieren Sie Ihre eigenen Kräfte. Fehler machen alle! Machen Sie sich jeden Morgen ein Kompliment vor dem Spiegel!

Der Mensch lebt, wenn er sich bewegt. Spazierengehen, Wandern und Radfahren tun gut. Sonne, Luft und Wasser sind unsere Freunde!

Gesunde Ernährung: Essen Sie in Ruhe und öfter mit Freunden zusammen!

Führen Sie Tagebuch. Schreiben Sie dort Ihre Gefühle auf. Das ist wie ein schriftliches Gespräch mit sich selbst und hilft uns, unsere Gefühle zu verarbeiten.

Beantworten Sie diese Fragen, um sich selbst kennen zu lernen:

WAS?
Was macht mich unverwechselbar?
Was tut mir gut?

WELCHE?
Welche eigenen Bedürfnisse wurden vernachlässigt?
Welche Fähigkeiten blieben unterentwickelt?

WO?
Wo ist meine Stärke?
Wo lässt sich etwas ändern?

Alles hat seine guten und schlechten Seiten. Nehmen Sie die Krise als Chance zur Veränderung. Lachen Sie dem Leben entgegen und es lacht wie ein Echo zurück!

Was können Eltern für Ihre Kinder tun?

Bauen Sie einen guten Draht zu Ihrem Kind auf und pflegen Sie ihn. Seien Sie für Ihr Kind da, reden Sie mit ihm in guten und schlechten Zeiten.

Mehr Lob als Kritik. Keine Vorwürfe und Beschuldigungen. Stärken Sie das Selbstwertgefühl Ihres Kindes. Lassen Sie Ihr Kind die Verantwortung für sein Handeln selbst übernehmen. Sie lernen von Ihrem Kind ebenso viel, wie es von Ihnen.

PC und Fernseher sind ein armseliger Ersatz für Eltern. Lassen Sie Ihr Kind nur für begrenzte Zeit an den PC/Fernseher. Unternehmen Sie etwas Erfreuliches zusammen, z.B. Reisen oder das tägliche gemeinsame Abendessen.

Lernen Sie immer die Freunde Ihres Kindes kennen und sorgen Sie für einen guten Kontakt mit diesen. Kritisieren Sie die Freunde nicht.

Vergessen Sie nicht, dass Sie ein Vorbild für Ihr Kind sind!

Lidia Ivanov
Lidia Ivanov
Psychologische Beraterin
lidiaboiv@yahoo.de

Literaturempfehlungen:

  • Paul G. Quinnet, Es gibt etwas Besseres als den Tod, Verlag Herder, 2000
  • Michael D. Yapko, SOS Depression, Carl-Auer-System Verlag, 2002
  • Lina und Ulla Rhan, Ich rauche doch nur Joints!, Verlagsgruppe Random House, 2009

www.paracelsus-bookshop.de

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