Medizinische Hautpflege mit fetten und ätherischen Ölen
Die Basispflege neurodermitiskranker Haut ist Therapiestandard in der Schul- und Komplementärmedizin. Jeder Neurodermitiker sehnt sich nach einer gepflegten und geschmeidigen Haut. Das Eincremen, Einbalsamieren und Einölen dient dabei nicht kosmetischen oder rein gesundheitspräventiven Zwecken, sondern ist eine „echte Therapie“, die bei leichter Neurodermitis auch in beschwerdefreien Intervallen, bei schwerer Neurodermitis ohnehin immer durchgeführt werden muss.
Da die Haut neurodermitiskranker Menschen genetisch verändert ist, müssen ihr die fehlenden Stoffe von außen zugeführt werden. Hier spricht die Schulmedizin von einer sogenannten Substitutionstherapie.
Hautpflege ist immer individuell, und was der einen Haut gut tut, kann sich auf die andere schädigend auswirken. Deshalb muss jeder Betroffene, oftmals auf einem langwierigen Weg, austesten, was seiner Haut am besten bekommt.
Eine natürliche Möglichkeit, die lebenswichtige Hautbarriere zu reparieren bzw. intakt zu erhalten, besteht in der Verwendung fetter Pflanzenöle, welchen zwei bis drei zu 100% naturreine ätherische Öle zugesetzt werden können. Achtet man dabei auf eine gute Qualität und biologischen Anbau, ist auch das Allergenisierungspotenzial relativ gering. Bevor Neurodermitiker Pflanzenöle und ätherische Öle verwenden, sollten sie immer einen Verträglichkeitstest durchführen.
Vorsichtig sollten Sie generell bei der Verwendung von Nussölen und – meiner Erfahrung nach – auch von Mandelöl sein, selbst wenn Letzteres häufig als allergiearm eingestuft und für die Behandlung neurodermitiskranker Haut empfohlen wird. Meines Erachtens lässt sich nicht vollständig ausschließen, dass Antigene aus Nuss und Mandel auch in dem Öl landen. Bei entsprechenden Allergien also bitte einfach auf ein anderes Basisöl ausweichen.
Wie testet man fette Öle?
Einen Tropfen fettes Öl auf die Innenseite der Unterlippe (Lippentest) geben und auf mögliche Reaktionen achten (Kribbeln, Juckreiz im Mund). Entwickelt sich ein unangenehmes Gefühl, Mund bitte mit klarem Wasser ausspülen und in Zukunft auf dieses Öl verzichten.
Wie testet man ätherische Öle?
Ein bis zwei Tropfen des ausgewählten ätherischen Öls in 5 ml gut verträgliches Basisöl geben, Mischung in die Ellenbeuge einreiben und eine mögliche Reaktion 24 Stunden abwarten. Bei Rötung, Quaddelbildung, Juckreiz usw. waschen Sie das Öl bitte sofort wieder ab, es ist für den Patienten unverträglich.
Bitte beachten Sie, dass ätherische Öle, bis auf ganz wenige Ausnahmen, grundsätzlich nie pur auf die Haut aufgetragen werden. Ätherische Öle sind Vielstoffkonzentrate, unverdünnt aufgetragen wirken sie haut- und schleimhautreizend – auch auf gesunder Haut.
Neigt Ihr Patient zu allergischen Sofortreaktionen (Typ 1-Allergie), macht es Sinn, ggf. nichts Neues auszuprobieren – oder halten Sie entsprechende Notfallmedikamente bereit.
Wie wirken fette Pflanzenöle?
Fette Pflanzenöle enthalten viele Vitamine sowie einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind „essenziell“, d.h., dass sie zum Erhalt des Lebens notwendig sind und von außen zugeführt werden müssen.
Gesunde Menschen können mithilfe des Enzyms Delta-6-Desaturase aus zweifach ungesättigten Fettsäuren (Linolsäure) mehrfach ungesättigte Fettsäuren, wie Alpha- und Gamma-Linolensäure, bilden. Insbesondere Gamma-Linolensäure ist wichtiger Bestandteil unseres natürlichen Hautfetts. Häufig liegt bei Menschen mit Neurodermitis eine mangelhafte oder eingeschränkte Aktivität des Enzyms Delta-6-Desaturase vor. Das führt zu Hauttrockenheit und Hautreizung und möglicherweise zur Entzündung.
Fette Pflanzenöle wirken auch ohne Zusatz von ätherischen Ölen reizmildernd und schützend, manche haben eine leicht antiseptische Wirkung und sorgen für eine bessere Wundheilung.
Für die medizinische Hautpflege eignen sich kaltgepresste Pflanzenöle. Am besten wird das Öl nach dem Duschen noch auf die feuchte Haut aufgetragen und kurz einmassiert.
Wie wirken ätherische Öle?
Ätherische Öle sind keine fetten Öle, sondern ölige, leicht verdampfende Extrakte aus Pflanzen oder Pflanzenteilen, die einen starken, für die Herkunftspflanze charakteristischen Duft haben. Auf die Haut aufgetragen wirken sie lipophil, das bedeutet, dass sie die natürliche Hautschranke durchdringen können, nach 10 bis 60 Minuten auch im Blut nachweisbar sind und über die Ausatmungsluft abgeatmet werden.
Da ätherische Öle Vielstoffgemische sind, weisen sie aufgrund ihrer Inhaltsstoffe auch vielfältige Wirkungen auf. Neurodermitiker profitieren von solchen Ölen, die antientzündlich, antiallergisch und wirksam gegen krankmachende Keime sind.
Wie werden ätherische Öle angewendet?
Wenn Haut und Sinne mit ätherischen Ölen verwöhnt werden sollen, kann sich der Betroffene nach Anleitung ein Hautpflegeöl herstellen:
Dafür 1 bis 2 Tropfen ätherisches Öl in 10 ml fettes Pflanzenöl mischen, das entspricht einer 0,5- bis 1-prozentigen Mischung. Wenn Sie mehrere ätherische Öle kombinieren wollen, sollten diese miteinander harmonisieren. Wenn sie drei Öle mischen wollen, benötigen Sie also aus jeder Flasche 2 Tropfen und 30 ml Basisöl. Beschränken Sie Ihre Auswahl aber auf drei bis vier Öle – weniger ist oft mehr.
Die Mischung sollte lichtgeschützt in einer dunklen Flasche und an einem kühlen Ort aufbewahrt werden. Die Haltbarkeit beträgt ca. zwei Monate.
Hervorragend für die Selbsthilfe geeignet ist auch die nasale Anwendung von ätherischen Ölen. Düfte nehmen direkten Einfluss auf unsere Stimmung und unser Gemüt. Besonders geeignet sind für Neurodermitiker solche Düfte, die ausgleichend und beruhigend wirken, dann kratzen die Patienten meist deutlich weniger.
Wann sollte auf die Anwendung von fetten und ätherischen Ölen verzichtet werden?
Bei akuten Entzündungen und offenen und/oder nässenden Wunden geben wir „kein Öl auf das Feuer“ und sollten auf die Hautpflege mit fetten Pflanzen- und ätherischen Ölen bis zum Abklingen der Symptome verzichten. Auch in der Schwangerschaft und für Kleinkinder gelten besondere Regeln.
Welche fetten und ätherischen Öle sind bei Neurodermitis geeignet?
Arganöl: entzündungshemmend, auch bei allergischen Hauterkrankungen
Avocadoöl: vitaminreich, sehr nährend, v.a. bei sehr trockener und rissiger Haut
Borretschsamenöl: hautregenerierend, macht Haut widerstandsfähig und elastisch
Hanföl: bei schuppiger, rauer, entzündlicher Haut
Schwarzes Johannisbeersamenöl: mild, beruhigend, hautregenerierend, bei Allergien
Johanniskraut-Rotöl: beruhigend, wundheilend; Vorsicht: erhöht auch die Lichtempfindlichkeit der Haut
Leinsamenöl: auch als Nahrungsergänzung 2 EL täglich
Macadamianussöl: stark fettend, nährend, macht die Haut weich und geschmeidig
Nachtkerzensamenöl: hautregenerierend, feuchtigkeitsbindend, macht Haut widerstandsfähig und elastisch
Olivenöl: fördert die Elastizität und Belastbarkeit der Haut, schmerzlindernd, enthält u.a. Vitamin E und ist deshalb natürlicher Lichtschutzfaktor Stufe 3
Hagebuttenkern-/Wildrosenöl: entzündungshemmend, wundheilend
Tipp
Borretschsamenöl, Schwarzes Johannisbeersamenöl, Nachtkerzensamenöl und Hagebuttenkernöl sind äußerst wirkungsvoll, aber leider auch sehr kostenintensiv. Kaufen Sie diese deshalb in Kapselform: Bei Bedarf öffnen Sie eine Kapsel und fügen sie den Inhalt einfach Ihrem Körperpflegeöl zu.
Besonders geeignete ätherische Öle sind:
Rose (Rosa damascena): hilft gegen Infektionen, psychisch stabilisierend, fördert die Wundheilung
Lavendel (Lavendula augustifolia): antientzündlich, gegen Staphyloccocus aureus wirksam, wundheilungsfördernd, schmerzlindernd; Vorsicht: bitte nicht mit anderen Lavendelarten verwechseln!
Sandelholz (Santalum album): wundheilungsfördernd, sinnlich ausgleichender Duft
Rosengeranie (Pelargonium graveolens): entstauend, ausgleichend, hautpflegend, wundheilungsfördernd
Cistrose (Cistus ladaniferus): antiseptisch, entzündungshemmend, ausgleichend
Kamille, blau (Chamomilla recutita / Matricaria retcutita): antientzündlich, antiallergisch; Vorsicht: bei Allergie gegen Korbblütengewächse
Die genannten ätherischen Öle können auch stark verdünnt bei empfindlicher Kinderhaut eingesetzt werden (hier gilt: ¼ der Erwachsenendosis verwenden). Für Säuglinge bleibt die Behandlung mit ätherischen Ölen tabu!
Kritik an Kamillenöl
Das ätherische Öl von Kamille blau hat
antientzündliche und antiallergische Eigenschaften. In Verruf gekommen ist das Öl, als es absichtlich oder
versehentlich mit anderen hautreizenden Kamillenarten (z.B. der Hundskamille) gestreckt wurde. Achten Sie deshalb beim
Kauf ätherischer Öle auf seriöse Hersteller. Diese haben auf ihrem Etikett folgende Informationen: Chargennummer, Name
deutsch, Name lateinisch, Herkunftsland, Herstellungsverfahren, Herstellungsart, Abfüllfirma.
Rezepte für die tägliche Hautpflege
Körperöl für empfindliche Haut
60 ml Basisöl
4 Tropfen
Sandelholzöl
4 Tropfen Kamillenöl
2 Tropfen Honigöl
Tipp
Honigöl gibt es meist nur als „Absolue“, in dem
Alkohol enthalten ist. Wenn Sie Angst haben, Ihre Haut dadurch zu reizen, lassen Sie das letzte ätherische Öl der
Mischung einfach weg.
Körperöl für trockene Haut
60 ml Basisöl
4 Tropfen
Sandelholzöl
4 Tropfen Rosengeranienöl
2 Tropfen Rosenöl
Entspannungs-Ölbad
Wenn Sie keine Milchallergie haben,
geben Sie 250 ml Milch, Sahne oder Molke in Ihr Badewasser (alternativ 3 EL Honig), fügen Sie dann 5 bis 8 Tropfen
ätherisches Öl hinzu:
4 Tropfen Lavendelöl
1 Tropfen Rosengeranienöl
1 Tropfen Rosenöl
1 Tropfen
Honigöl
Einschlafmischung für die Duftlampe
5 Tropfen Lavendelöl
2 Tropfen Mandarinenöl
1 Tropfen Vanilleextrakt
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Ausprobieren und freue mich über Ihre Rückmeldung!
Sonja Kohn
Heilpraktikerin und Kinesiologin, Dozentin an den Paracelsus Schulen, Freie Redakteurin, Mitglied der AG
Haut
Buchempfehlung
- Kircher, Nora: Heilen, pflegen, kochen mit Speiseölen, Oesch Verlag, 2002, ISBN 978-3-0350-5034-9
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