Glosse: Vorsorge statt Nachsorge
Ich leide unter Kopfschmerzen. Ganz langsam schleichen sie sich von hinten an, legen sich wie ein Schatten über meine linke Körperhälfte und erschweren mir das Denken und Sehen. Manchmal, je nach Schweregrad, drückt es auch auf mein Ohr, und dieses dankt es mir mit Schmerzen vom Feinsten. Habe ich diese Art von Kopfweh, dann reicht eine Schmerztablette, und in ein paar Stunden geht‘s wieder. Seltener als früher kann es aber auch passieren, dass sich diese Art von Kopfschmerz in Migräne verwandelt. Das ist der Zustand, in dem ich nur im dunklen kalten Zimmer alleine vor mich hin jammern und auf baldige Erlösung hoffen kann.
Ich empfinde alles als Qual, was mit Schmerzen und dem Kopf zu tun hat. Egal, ob Kopf-, Zahn- oder Ohrenschmerzen. Alles „Aua“! Aus diesem Grund und weil ich nun in China lebe, habe ich eine Neugier auf die Traditionelle Chinesische Medizin entwickelt. Hier konsultiert man zur reinen Vorsorge heilende Menschen.
Nicht alle sehen aus wie Ärzte, und wahrscheinlich werden es auch nicht alle sein. Doch der Erfolg dieser Personen spricht für sie und rechtfertigt somit das Vertrauen der Menschen. Mir war bis dahin nur bekannt, dass man Menschen mit einem weißen Kittel vertraut, und das, obwohl dieser doch nichts über die dahinterstehende Fähigkeit aussagt. Ich selber wurde dahingehend schon ein oder zwei Mal in die Irre geführt. Seitdem bin ich etwas vorsichtig mit meinem Vertrauensvorschuss in weiße Kittel.
Wie gut, dass wir immer die Wahl haben und es mehrere Möglichkeiten gibt, uns um unsere Gesundheit zu kümmern. So kam es letztens, dass ich zu einer solchen chinesischen Vorsorge gegangen bin …
Vorsorge finde ich grundsätzlich gut und wichtig, jeder in Deutschland sollte sie nutzen. Andere Länder haben diesen „Luxus“ nicht oder lassen ihn sich teuer bezahlen. Vorsorge bedeutet nicht, dass jeder, der daran teilnimmt, gleich ein Hypochonder ist. Ebenso heißt es nicht, dass wir, nur weil wir nicht hingehen, kerngesund sind. Eher ist es eine gute Möglichkeit, sich regelmäßig durchchecken zu lassen, um bei Auffälligkeiten sofort zu reagieren. Wie oft jammern die Leute, wenn sie etwas haben; das hätte vielleicht verhindert werden können, wenn das Thema Vorsorge aktiv angegangen worden wäre.
Zurück nach China: Für meinen Erstkontakt mit chinesischen Medizinmännern wählte ich eine Schröpfmassage. Sich mal wieder wie ein Plätzchenteig durchkneten zu lassen, das war eine schöne Vorstellung. Doch wie das oft so ist: Mit der Realität passt das Bild im Kopf nicht unbedingt zusammen. Ungefähr wusste ich zwar, was geschehen würde. Zum einen aus Erfahrungsberichten anderer Leute. Zum anderen, weil ich dazu mal was gelesen hatte. Wie es dann am Ende tatsächlich ausging – nein, das war mir nicht klar. Aus diesem Grund kann ich nur empfehlen: Informiert euch vorher. Nur so, damit ihr eine Ahnung habt.
Nicht, um dann den Arzt mit eurem Internetwissen zu beeindrucken. Schlimmer noch, dass ihr vielleicht eine eigene Diagnose mitbringt. Das empfinde ich immer wieder irritierend – wenn Menschen alles im Netz finden, lesen und inhalieren. Sie sitzen dann beim Arzt und glauben, auf jede Frage die passende Antwort und Dosierung der Medikamente zu haben. Sehr anmaßend, wenn man bedenkt, dass Ärzte ein jahrelanges Studium absolviert haben und nun mit ein paar Fakten aus der Online-Welt konkurrieren müssen.
Die Praxis für mein Behandlungs-Ereignis befand sich nicht mitten im Grünen in einem freistehenden Haus, das schon von außen „Gesundheit“ schreit. Die Räumlichkeiten lagen mitten in einem Einkaufszentrum. Zwischen Läden für Klamotten und Restaurants fand sich in der zweiten Etage eine sehr unscheinbar wirkende Ladentür. Ganz ehrlich, in Deutschland wäre ich spätestens jetzt dankend wieder heimgefahren. Da ich aber nicht dort, sondern hier bin, ging ich ganz selbstbewusst durch die Tür und wurde daraufhin in einen sehr spartanisch eingerichteten Raum mit Liege geführt. Von gedämmtem Licht oder aromatischen Düften war hier nichts zu entdecken. Das assoziieren oder erwarten Menschen ja oft, wenn sie sich eine Massage gönnen, um sich wohlfühlen oder in die Entspannung eintauchen zu können. Oder um den passenden Fotohintergrund für den Social-Media-Account zu haben. Hier gab es diesen Schnickschnack nicht. Es ging um die Sache und nicht um das Erscheinungsbild des Raumes.
Nachdem ich mich, mit Kopf nach unten, auf die Liege gebettet hatte, ging es los. Ganz ehrlich, in diesem Moment, da fragte ich mich, was ich hier eigentlich tat. Mein Gehirn spulte gruselige Gedanken ab, geprägt von zu vielen schlechten Nachrichten. Als ich an dem Punkt war, mich zu fragen, wie mein Mann mich hier jemals wiederfinden würde, fand der Masseur genau die richtige Stelle an meinem Nacken. Ab sofort war ich mehr mit meiner Atmung als mit Denken beschäftigt.
Bevor die Schröpfutensilien auf die Haut kamen, wurde der Rücken per Handmassage vorbereitet. Diese Anwendung hatte nichts mit Streicheln zu tun. Neben seinen Händen nutzte der Masseur seinen Ellenbogen, um auch zwischen die Rippen zu kommen. Weiterhin den Unterarm, um meine Haut zu dehnen und zu drücken. Zwischenzeitlich befürchtete ich sogar, dass er sich gleich auf meinen Rücken stellen und darauf Tango tanzen würde.
Ich konzentrierte mich also auf meine Atmung. Erstens, um dem Schmerz entgegenzuwirken, und zweitens: ich hätte sowieso nicht weg gekonnt. Zwischendrin fragte der Mann immer wieder, ob alles okay sei. Natürlich nickte ich. Schließlich wollte ich nicht als die verweichlichte Europäerin in seinen Erinnerungen hängen bleiben. Als dann die Bambusgläser zum Einsatz kamen und sich sanft in meine Haut bohrten, da hörte auch das Denken über den Masseur auf. Am Ende hatte ich 12 rote Flecken in Pfannkuchengröße auf meinem Rücken. Für die Abschluss-Entspannung wurde eine feuerfeste Decke auf meinem Rücken positioniert, woraufhin Spiritus zum Einsatz kam und auf meinem Rücken ein Feuer entzündet wurde.
Ernsthaft darüber nachdenken sollte man nicht. Ich gebe zu, der Spiritusgeruch ist speziell. Und einige Fantasien aus vergangenen Psychofilmen waren sofort präsent. Allerdings ist der Wärmeeffekt im Anschluss so genial, dass ich mich nach dem dritten „Abbrennen“ fragte, ob es das auch für daheim gibt. Am Ende war mein Rücken zwar malträtiert, aber weich und warm.
Die Nachwirkungen waren ebenso unschön wie die Prozedur an sich: Hitzewellen, Schüttelfrost und Müdigkeit in ihrer besten Form, um nur ein paar zu nennen. Alles Zeichen dafür, dass mein Körper auf die Behandlung reagierte. Dass Giftstoffe ausgespült wurden und die verkrampften Körperstellen sich langsam entspannten.
Nach diesem Erlebnis, das auch traumatisch hätte ausgehen können, durfte ich mal wieder lernen, wie gut es ist, neuen Dingen offen gegenüberzustehen. Dass es nicht gleich Tabletten sein müssen, sondern dass es in der Naturheilkunde viele Möglichkeiten gibt. Dass Vorsorge immer noch die beste Sorge ist und dass nicht alles so schlimm ist, wie es im ersten Moment scheint.
Sonnige Grüße aus Suzhou/China
Ihre
Jana Ludolf
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Mediatorin und Familiencoach
Foto: © SyB / fotolia.com
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