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Naturheilkunde
Lesezeit: 9 Minuten

Klassische Homöopathie – aktueller denn je

Die Homöotherapie ist eine Heilmethode, die „sanft, schnell, gewiss und dauerhaft“ zu heilen vermag, wenn sie richtig angewendet wird. Mit diesen Worten Hahnemanns ist schon das Wichtigste für denjenigen gesagt, der sich mit der klassischen Homöopathie beschäftigen oder sie ausüben will: Er kann kranken Menschen die Gesundheit wieder herstellen – und das ohne gefährliche Operationen oder schädigende Medikamente, wenn er sich an das hält, was der Entdecker der Homöopathie, Dr. Samuel Hahnemann (1755-1843), seinen Schülern vermittelt hat: „Macht’s nach, aber macht’s genau nach!“

Entstehungsgeschichte

Dr. Hahnemann war nach seinem Studium zunächst praktisch tätig. Mit den Heilmethoden seiner Zeit, die ohne durchgreifende Logik waren, mit sehr großen Arzneimittelgaben arbeiteten, von denen dann noch erhebliche Nebenwirkungen ausgingen und die Patienten dann wiederum daran erkrankten, war er schnell unzufrieden. Er gab seine Praxis auf und widmete sich der Erforschung der Krankheiten, v.a. der Suche nach einem neuen Heilsystem.

Ihm wurde klar, dass die zu heilende Krankheit und die Wirkung der heilenden Arznei auf den gesunden menschlichen Organismus in engem Zusammenhang stehen mussten. So kam es 1790 zum berühmten Selbstversuch mit Chinarinde. Er deutete damit ein Medikament aus, dessen Heilkräfte bereits bekannt waren (Chinarinde ist eine Malaria-Arznei, die auch heute noch zur Anwendung kommt) und nahm diese mehrfach in völlig gesundem Zustand ein. Daraufhin begann er, sich akribisch zu beobachten. Die Symptome, die sich bei ihm zeigten, hielt er schriftlich fest – das Ergebnis war verblüffend: Es stellten sich bei ihm genau die Symptome ein, die man bei einem an Malaria erkrankten Menschen findet!

Er wiederholte diesen Versuch mehrmals und kam immer wieder zum gleichen Ergebnis. Daraufhin folgten Versuche mit anderen Arzneien der damaligen Zeit, um herauszufinden, welche Wirkung sie auf den menschlichen Organismus haben, also welche Symptome sie erzeugen können. Der nächster Schritt war, diese so geprüften Arzneien bei tatsächlich erkrankten Menschen mit ähnlicher Symptomatik anzuwenden – mit beachtlichem Erfolg! Hahnemann entwickelte ein Heilsystem, das auch bei schlimmsten Epidemien der damaligen Zeit Anwendung fand und seine Richtigkeit bewies, mit dem Ergebnis, das im Vergleich zur damals üblichen Therapie wesentlich mehr Menschen das Leben gerettet wurde (Merke: Wir befinden uns in der vorantibiotischen Ära).

Die Erforschung dieser Heilmethode hielt Hahnemann über 50 Jahre bis zu seinem Tod im hohen Alter von 88 Jahren in ihrem Bann.

Grundprinzipien der Homöopathie

Dr. Hahnemann stellte ein vollständiges Heilsystem für akute und für chronische Krankheiten auf. Dieses wurde von vielen großen Homöopathen bis in die heutige Zeit hinein verfeinert und erweitert. In einigen Ländern (Indien und Südamerika u.a.) hat die Homöopathie neben der Schulmedizin ihren festen Platz bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen gefunden.

Das Ähnlichkeitsgesetz

Similia similibus currantur = Ähnliches wird mit Ähnlichem geheilt.
Das bedeutet, man sucht eine Arznei, die beim gesunden Menschen genau die Krankheit hervorrufen kann, an welcher der zu behandelnde Patient erkrankt ist (wie die erwähnte Chinarinde bei Malaria). Mit Krankheit ist hier aber nicht nur ein einzelnes Symptom oder eine Krankheit gemeint. Die klassische Homöopathie sieht sich immer den ganzen Menschen in seiner Erkrankung an. Neben dem Symptom oder der diagnostizierten Krankheit werden sämtliche Begleitsymptome eruiert. Das können Kopf- oder Gliederschmerzen sein, Stressfaktoren, Schlafsymptomatik oder eine erbliche Belastung. All dies bildet zusammen die aktuelle Krankheit des Patienten, und die Gesamtheit aller Symptome ist notwendig, um die passende homöopathische, nämlich ähnlich wirkende Arznei zu finden.

In der Praxis funktioniert das Gesetz wie folgt: Ein Mensch bekommt Fieber, zusätzlich hat er ein gerötetes Gesicht, erweiterte Pupillen, raschen Herzschlag und ein Gefühl nervöser Unruhe. Der Homöopath studiert all diese Symptome und sucht dann nach einem Heilmittel, das unter wissenschaftlich kontrollierten Bedingungen all diese Symptome bei einem Gesunden hervorgerufen hat – in diesem Beispiel wäre es Belladonna. Innerhalb kurzer Zeit nach Einnahme dieses Mittels sinkt das Fieber auf ein Normalmaß, der Betreffende fühlt sich wieder wohl.

Das Ähnlichkeitsgesetz ermöglicht es dem Therapeuten, durch Abstimmen der Symptome des Patienten auf die Symptome, die das Heilmittel hervorruft, das eine passende Medikament auszuwählen, das aktuell benötigt wird (das „Similimum“).

Die Arzneimittelprüfung am Gesunden

Die Arzneimittelprüfung ist die Basis für homöopathische Arzneimittelkenntnisse. Die meisten homöopathischen Mittel, die auf dem Markt erhältlich sind, wurden am gesunden Menschen getestet, heute auch im Rahmen von Doppelblindstudien. Alle Symptome, welche die Probanden bei der Einnahme der Substanz an sich beobachten, werden gesammelt und niedergeschrieben. Die Prüfungen sind beliebig wiederholbar und erbringen immer wieder dieselben Ergebnisse.

Die Gesamtheit der aufgetretenen Symptome bei diesen Arzneimittelprüfungen sowie die aus der Toxikologie bekannten Vergiftungssymptome stellen das Arzneimittelbild der entsprechenden Arznei dar und werden in der „Materia medica“ erfasst. Dort ist nachzulesen, welche Symptome eine Arznei in der Lage ist, bei einem gesunden Menschen zu erzeugen, und somit auch, gegen welche Leiden sie einzusetzen ist.

Was die Herkunft der Arzneien betrifft, waren Hahnemann und seine Nachfolger sehr erfinderisch. Verwendet werden verschiedenste Rohstoffe, wie Pflanzen, Mineralien oder tierische Produkte. Homöopathische Arzneien werden aber auch aus allopathischen Arzneien hergestellt (z.B. Acidum salicylicum), aus Körperabsonderungen oder krankem Gewebe (Syphilinum) – dies sind dann die „Nosoden“, unsere am tiefsten greifenden Mittel.

Das Potenzierungsgesetz

Dr. Hahnemann benutzte anfangs die Ursubstanzen zur Behandlung, was aber starke Erstreaktionen bei den sowieso schon geschwächten Patienten auslöste. Er begann, die Arzneien immer weiter zu verdünnen und kam schließlich über viele Versuche auf die Methode des Potenzierens (syn. Dynamisieren). Dabei wird jedes Arzneimittel durch ein kontrolliertes Verfahren aufeinanderfolgender Verdünnungen im Wechsel mit Schütteln hergestellt. Die verschiedenen Verdünnungsgrade nennt man Potenzen; schwächere Verdünnungen sind als niedrige Potenzen, stärkere Verdünnungen als hohe Potenzen bekannt.

Akute und chronische Krankheiten

Neben diesen Grundprinzipien umfasst die klassische Homöopathie eine Vielzahl weiterer Lehren: die Unterdrückungslehre, diejenige der Lokalübel oder die der Geistes- und Gemütskrankheiten, um nur einige zu nennen. Ein wichtiger, auch heute noch hochaktueller Bereich ist der der chronischen Krankheiten: die „Miasmenlehre“. Wir unterscheiden bei der homöopathischen Behandlung zwischen der Behandlung einer akuten Krankheit und der Therapie einer chronischen Krankheit.

Eine akute Krankheit ist im Sinne der Homöopathie immer nur eine Episode, die zu Ende geht, selbst wenn therapeutisch nicht eingegriffen wird.

Fallbeispiel: Im Februar kam eine 35-jährige Frau in meine Praxis und klagte über eine seit 3 Monaten bestehende Urtikaria. Alles begann mit Juckreiz am rechten Daumengrundgelenk, der sich auf den Arm ausbreitete. Schnell entstanden Quaddeln, die sich auch auf den anderen Arm und die Oberschenkel erstreckten. Der Juckreiz war nachts so schlimm, dass sie kaum zur Ruhe kam. Auch Cortison hatte keine Verbesserung gebracht. Auf Nachfragen erfuhr ich, dass sie kurz vor Auftreten des Juckreizes eine neue Kunststofffüllung für einen Zahn bekommen hatte. In Anbetracht dieser Tatsache und auf die Vermutung hin, dass es sich um eine allergische Reaktion handeln könnte, verordnete ich ihr Apis C30. 3 Tage später rief sie mich an, dass der Ausschlag an den Beinen zurückgegangen sei, es sich aber am Dekolleté verschlechtert habe – ich wiederholte die Arzneimittelgabe. Anfang März meldete sie sich begeistert, dass alles verschwunden sei und keinerlei Juckreiz mehr bestehe.

Eine chronische Krankheit ist im Sinne der Homöopathie eine Krankheit, die von allein nicht ausheilen kann. Der Körper ist nur in der Lage, sie an unwichtige Stellen zu verschieben, wo sie nicht viel Schaden anrichten kann. Diese Krankheiten haben immer einen miasmatischen Hintergrund – modern ausgedrückt: eine genetische Ursache.

Homöopathen beschäftigen sich schon seit über 200 Jahren mit erblich bedingten Ursachen chronischer Erkrankungen, schon Hahnemann hat den Grundstein dazu in seinem Buch „Chronische Krankheiten“ gelegt. Die Informationen, die man zur Behandlung einer chronischen Krankheit vom Patienten braucht, sind viel umfassender als bei einer akuten Krankheit. Neben den aktuellen Symptomen und Beschwerden sind auch alle Erkrankungen, die im Laufe des Lebens auftraten, von Bedeutung; ebenso solche, die in der Familie vorkamen, um das gesamte Bild des Patienten zu bekommen.

Fallbeispiel: Eine Frau kam mit ihrem 16-jährigen Sohn, der an Hausstauballergie litt, die wiederum Neurodermitis verursachte, in meine Praxis. Die Ausschläge waren rau und gerötet, an der frischen Luft erfolgte sofortige Besserung. Weiterhin litt der Junge seit 4 Jahren unter Migräne, die fast ausschließlich nach körperlicher Anstrengung auftrat. Als Kind hatte er mit Otitis media und Nasenbluten zu kämpfen. In der Familienanamnese kamen folgende Erkrankungen zutage: Schilddrüsenerkrankungen, Herzinfarkte, Masern, Tonsillitis, Scharlach, Apoplex und Tuberkulose. Da Neurodermitis aus homöopathischer Sicht eine chronische miasmatische Erkrankung ist, analysierte ich den Fall hinsichtlich des zugrunde liegenden Miasmas: Seine hereditäre (erbliche) Belastung war die Tuberkulinie, und ich verordnete Tuberkulinum KochAlt LM6. Wie das häufig so ist, sah ich die Mutter erst ein paar Jahre später wieder – sie erzählte, dass das Mittel Wunder gewirkt habe und Neurodermitis wie auch Kopfschmerzen verschwunden und nicht mehr wiedergekommen seien.

In diesen Fallbeispielen ist schön zu erkennen, dass es nicht nur um eine Krankheit geht, sondern immer um den ganzen Menschen mit all seinen Beschwerden!

Anwendungsbereiche

Einsetzbar ist die Homöopathie sowohl bei akuten als auch bei chronischen Fällen, vorausgesetzt, das Ähnlichkeitsgesetz wird beachtet.

Die Grenzen der Homöopathie sind erreicht, wenn:

  • der Therapeut seine eigenen Grenzen erreicht hat
  • der Organismus nicht mehr in der Lage ist, auf den Reiz der homöopathischen Information zu reagieren
  • die Erkrankung so weit fortgeschritten ist, dass eine Heilung unmöglich wird (wobei hier aber oft noch eine Linderung oder Verbesserung des Allgemeinbefindens erreicht werden kann)

Ein weiterer Anwendungsbereich der Homöopathie sind kleinere Notfälle und alltägliche Beschwerden, z.B. Verbrennungen, Prellungen, Sonnenstich, Insektenstiche, Schürfwunden usw. Hier ist es sogar dem Laien möglich, sich mit seiner homöopathischen Hausapotheke selbst zu helfen. Allem liegt immer das Ähnlichkeitsgesetz in der Verordnung zugrunde!

Als ich nach 5 Semestern Physikstudium zur Heilpraktiker-Ausbildung an die Paracelsus Schulen kam, suchte ich – aufgrund meiner Vorbildung – nach einer Heilmethode, die nach wissenschaftlichen Grundsätzen arbeitet, mit festen Regeln und Gesetzmäßigkeiten in der Verordnung und Therapieabfolge. Nirgendwo in der Naturheilkunde habe ich dies besser vertreten gefunden als in der klassischen Homöopathie, und nirgendwo in den vielen Disziplinen der Heilkunst habe ich eine Therapiemöglichkeit entdeckt, die so grundlegend in den Krankheitsablauf eines Menschen eingreifen kann und die selbst im Fall von Organmanifestationen in der Lage ist, diese Prozesse noch abzuwenden.

Im Gegenteil: Mit Homöopathie ist sogar schon im Säuglingsalter, wo noch keine manifesten Symptome vorhanden sind, eine Prophylaxe möglich, um erbliche (miasmatische) Belastungen abzumildern.

Patricia TorffPatricia Torff
Heilpraktikerin in eigener Praxis mit Schwerpunkten klassische Homöopathie, Schmerztherapie nach Liebscher & Bracht, metabolic balance; Dozentin an der Paracelsus Schule Zürich
info@patricia-torff.de

Fotos: © Gerhard Seybert / fotolia.com, © interpas / fotolia.com

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