Wiederentdeckung der TRAGER®-Körperarbeit

Die Wiederentdeckung der Sanftheit im Umgang mit Schmerz

Halten Sie einmal kurz inne – spüren und lauschen Sie in sich hinein. Welche Antworten kommen aus Ihrem Körper? Wo fühlt es sich weich und entspannt an, wo angestrengt, müde oder verkrampft? Oft stellen wir uns diese Fragen erst, wenn unser Organismus Schmerzsignale ins Bewusstsein sendet, z.B. wenn Nacken und Schultern von langer Arbeit am Computer verspannt sind und der Rücken „schreit“. Ein Weg hin zu mehr Wohlgefühl und Weichheit, auch Energie, kann mit vertiefter Wahrnehmung beginnen.

Hier setzt die TRAGER®-Körperarbeit (sprich: „Trejger“) an, die nach dem amerikanischen Arzt Milton Trager benannt ist. Dem Mediziner ging es v.a. darum, größere Bewegungsspielräume des Körpers wiederzuentdecken. Seine Kernfragen lauteten: „Wie wäre es leichter … und noch leichter?“, „Wie ginge es freier … und noch freier?“ und „Wie könnte es sich weicher anfühlen … und noch weicher?“

Mühelose Bewegung

TRAGER® nutzt sanfte, behutsame Bewegungen, um tiefsitzende physische und mentale Muster aufzulösen, die sich durch Fehlhaltungen, Verletzungen, Krankheit, emotionale Traumata, Alltagsstress und ungünstige Bewegungsgewohnheiten eingenistet haben. Der Ansatz arbeitet auf zwei sich unterscheidenden, aber ergänzenden Ebenen. Die erste nennen wir Mentastics®, ein System leichter, meditativer, auch spielerischer Bewegungen, die geboren werden aus inneren Fragen und Bildern. Sie entstehen spontan und frei aus den Bedürfnissen des Klienten nach mehr Wohlgefühl. Die Praktiker leiten an und begleiten den Prozess. Auch mit dem Ziel, den Klienten schrittweise selbstständiger seine motorische Kreativität entdecken zu lassen, damit er dies dann im Alltag in beliebigen Situationen anwenden und zur Selbsthilfe nutzen kann. Als Beispiel ein Angebot zu den o.a. Schmerzen:

Die Seerosen-Meditation für einen freien Nacken

Schließen Sie die Augen und nehmen Sie sich Zeit mit folgender Frage: „Wie würde es sich anfühlen, wenn mein Kopf wie eine Seerosenblüte von Wasser getragen würde?“ Fühlen Sie, wie Sie im Sitzen das Gewicht Ihres Kopfes auf der aufgerichteten Wirbelsäule über der Schulterebene balancieren. Stellen Sie sich vor, wie Ihr Kopf unter dem Kinn und rund um den Haaransatz im Nacken von der tragenden Kraft des Wassers unterstützt wird. Spüren Sie dieser Empfindung nach. Fühlen Sie feine Wellenbewegungen? Überlassen Sie sich der Oberflächenbewegung Ihres Seerosenteiches wie einem sanften Tanz – leicht, frei, angeschlossen an den Rhythmus des Wassers … Welche Veränderungen sind spürbar im Nacken, in den Schultern, im Rücken – auch im Kopf?

Einfühlsames Bewegtwerden

Die zweite Ebene ist die Tischarbeit, bei welcher der Klient bequem bekleidet auf einer Massageliege ruht und bewegt wird. Der Praktiker orientiert sich an den Bedürfnissen des Klienten. Er spürt in dessen Körpergewebe hinein, um feine Reaktionen und Antworten zu empfangen. Dabei kommuniziert er nicht nur verbal, sondern auch wortlos durch Berührung und Bewegung.

Der Heilpraktiker Christian Rudolf Krämer aus München sagt hierzu: „Mit unseren Händen, unseren Herzen und unserem Geist – unseren feinfühligsten ‚Werkzeugen‘ – vermitteln wir unseren Klienten ein neues, positives Körpergefühl. Wir helfen ihnen, das wiederzuerlernen, was sie auf ihrem Lebensweg durch Trauma, Krankheit oder psychische Verletzung verloren haben.“

Die Qualität dieser Berührungen und die Informationen von Weichheit und Freiheit in der Bewegung werden von den sensorischen Rezeptoren des Klienten aufgenommen und von seinem Unterbewussten bearbeitet. Ziel dessen ist, die sensorischen und mentalen Muster, die für den Klienten eine Einschränkung oder Behinderung seiner Lebensqualität darstellen, durch neue, angenehme zu ersetzen. Das Erleben eines neuen Körpererlebnisses und befreiender Gefühle kann als angenehme Erfahrung gespeichert und wieder abgerufen werden.

Mit leichten, beinahe absichtslosen Bewegungen des Schaukelns, Pendelns und Schwingens werden Kopf, Gliedmaßen, Rumpf und Becken sanft gedehnt, gerollt und gewiegt. Kompressionen und Erforschen von Bewegungsspielräumen ergänzen diese. Über die Muskelketten wandern Wellen durch den Körper. Das Fühlen von Gewicht (dem der jeweiligen Körperteile) in Ruhe und Bewegung hilft, Festgehaltenes loszulassen, es abzugeben und tiefer zu entspannen.

Es wird niemals gegen Widerstände gearbeitet, sondern sanft mit ihnen gespielt, denn verspannte Muskulatur reagiert auf Druck mit noch mehr Spannung. Es braucht Vertrauen, Weichheit und Behutsamkeit. Blockaden können sich lösen. Körper, Geist und Seele dürfen völlig loslassen und sich dem Bewegtwerden hingeben. Dies berührt äußerlich und innerlich. Belastungen fließen ab. Ruhe und Frieden im Inneren werden immer spürbarer.

Was gut tut zählt

TRAGER® ist ressourcenorientiert, stärkt alles, was sich gut anfühlt, fokussiert Leichtigkeit und Mühelosigkeit. Eine Voraussetzung, dies stimmig zu erreichen, ist die Kommunikation zwischen Praktiker und Klient. Zu Beginn einer Sitzung wird klar vereinbart, dass die empfangende Person Grenzen und Wünsche rückmelden soll, sodass der Praktiker stets im Bilde ist über das Befinden seines Klienten. So kann er die Behandlung genau auf dessen Bedürfnisse abstimmen:

• Wird ein Unwohlsein oder Schmerz ausgelöst oder verstärkt empfunden?
• Tut etwas besonders gut und soll länger gespürt werden, wo sollte man länger verweilen?
• Soll weniger oder mehr gesprochen werden?
• Soll mehr oder weniger Gewicht bzw. Zug angewendet werden?
• Welcher Teil des Körpers wünscht sich vermehrt Beachtung?
• Was will ich erinnern, mitnehmen?

Milton Trager sagt: „Der Klient ist der Therapeut. Er weiß am besten, was er braucht.“

Anwendungsbereiche

Der Ansatz dient zur Begleitung von Therapien bei

• Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, z.B. nach Unfällen und OPs, auch bei chronischen Erkrankungen im orthopädischen und neuromuskulären Bereich wie Bandscheibenproblemen, M. Bechterew, Rheuma etc. (Kontraindikation bei Osteoporose)
• Störungen im ZNS wie Spastiken, Lähmungen, M. Parkinson, Multiple Sklerose, Poliomyelitis, Polyneuropathie etc.
• Lungenerkrankungen wie Asthma, Emphysem etc.

Die Methode wird auch zur Unterstützung der Heilung von psychosomatischen Beschwerden und vegetativen Dystonien, z.B. Verspannungen, Nacken- und Rückenschmerzen, Kopfschmerzen bis hin zu Migräne, Schwindel und Schlafstörungen eingesetzt.

Schließlich bietet sie bei Angstzuständen und depressiven Verstimmungen Abhilfe.

Wirkungen der Methode

• Verbesserung von Bewegung und Koordination
• Linderung oder Befreiung von Verspannungen
• Anregung des Lymphflusses und deren Ausscheidung/Entgiftung
• Unterstützung der Nährstoffzufuhr und des Stoffwechsels
• Blutdrucksenkung über Anregung des Vagus-Nervs
• Vertiefung der Atmung
• Tiefe Entspannung und Regeneration
• Stärkung von Selbstwert und Lebensfreude
• Außen und innen beweglich bleiben zu können als Teil der persönlichen Gesundheitsvorsorge

Heilsame Bewegung neu entdecken

Die ehemalige Tänzerin Siegrit Salkowitz aus Rosenheim, die TRAGER® Anfang der 1980erJahre aus den USA nach Deutschland brachte, fasst ihre jahrzehntelange Begegnung und Erfahrung so zusammen: „TRAGER® ist nicht eigentlich eine medizinische Behandlungsmethode, sondern tatsächlich eine ganzheitliche Lernerfahrung. Frau/man lernt, wie der Körper sich wieder mühelos bewegen kann und was es heißt, sich wieder freier und leichter in Körper und Geist zu fühlen. Es geht darum, auf einfache Weise als Person wieder ganz frei zu werden, sodass die Anteile des Körpers, des Geistes und der Psyche gut integriert sind und sich verbunden fühlen mit der Energie, die uns alle umgibt.“

Milton Trager: Mediziner, Tänzer, Akrobat
Der Schöpfer der TRAGER®-Methode, der amerikanische Arzt Milton Trager (1908- 1997), wurde mit einer Fehlbildung der Wirbelsäule geboren. Vor seinem Medizinstudium hatte er als Akrobat, Boxer, Tänzer und Physiotherapeut gearbeitet. Aufgrund dieser eigenen, für ihn faszinierenden Erfahrung von harmonischen und leichten Bewegungen war er stets auf der Suche, mehr Bewegungsspielraum zu entdecken. Sein Ziel war es, dass sich Menschen mit ihrer eigenen selbstverständlichen Lockerheit bewegen können. Zeit seines Lebens ging er der Frage nach: „Wie könnte es noch leichter und freier gehen?“

Prinzipien des TRAGER®-Ansatzes
Hook-up: Der Zustand der Präsenz, der vollen Aufmerksamkeit ist wichtiger Bestandteil der TRAGER®-Arbeit. Milton Trager nannte diesen Zustand „hookup“ (In Verbindung sein mit den höheren Energien, mit mir selbst und meinem Gegenüber).

Qualität der Berührung: Die Hände des Praktikers sind wie Fühler, die Informationen über das Bewegen des Klienten auf nehmen und immer den Fragen nachgehen: „Was braucht es hier, jetzt?“

Gewicht fühlen: Nach dem Gewicht fragen, mit ihm zu spielen bewirkt, dass die Muskeln und die Faszien entspannen. Der Klient lässt los und gibt das Gewicht an die Hände des Praktikers ab.

Wellenbewegung: Bewegungen setzen sich wie Wellen durch den ganzen Körper hindurch fort – von der Oberfläche bis in die tiefen Skelettmuskeln. Deren Wahrnehmung bewirkt ein Gefühl der Einheit des Körpers.

Stimulierung der Reflexe: TRAGER® ist nicht einfach nur Entspannung, sondern Spannungsausgleich. Durch „Reflex-Response“ werden Muskeln und Faszien angeregt, ihre blockierte natürliche „Arbeit“ bei bestimmten Bewegungsabläufen wieder zu übernehmen.

Sich erinnern (Recall): Der Körper ist in der Lage, potenziell jederzeit eine erlebte Erfahrung in das Bewusstsein zurückzuholen und diesen positiven Zustand wieder erlebbar zu machen, indem er den entsprechenden Muskeltonus, die Bewegung und sogar das Gefühl reproduziert.

Rosa-Maria Bucht
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Gestaltpädagogin, TRAGER®-Praktikerin

BiP@rosa-maria-bucht.de

Dr. phil. Albrecht Claus Schork
Sportpädagoge, TRAGER®-Praktiker

albrechtschork@gmx.de

Literatur

• Christian Rudolf Krämer: Schmerzbehandlung – Das Wiederentdecken der Sanftheit. Die Körperarbeit nach Dr. Trager. In: CO.med 11/2004, pp. 50-52
• Claudia Kring: TRAGER-Körperarbeit – Die Leichtigkeit des Seins erleben. Gesunde Medizin 06/2013, pp. 22-25
• Hedi Stieg-Preuss: TRAGER®-Körperarbeit. In: Sabine Knoll: Gesundheit und Wellness, Wien und Niederösterreich. Neuer Umschau Buchverlag, 2011, pp. 82-83
• Christine Wolfrum: Federleicht durch Berührung – die TRAGER®-Methode. In: Apotheken-Rundschau 1.7.2008, pp. 51-53

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