Recht in der Praxis – Aspekt Hygiene
Erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) – HeilprGDV 1
§ 2 (1) Die Erlaubnis wird nicht erteilt, wenn sich aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers durch das Gesundheitsamt, die auf der Grundlage von Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktiker-Anwärtern durchgeführt wurde, ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die ihn aufsuchenden Patientinnen und Patienten bedeuten würde.
Patientensicherheit
Der
Leitgedanke bei der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens
Laut „Bundesministerium für Gesundheit (BMG)“ ist die Patientensicherheit ein „vorrangiges Ziel der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland und ein wichtiges Thema der europäischen Gesundheitspolitik“.
Deshalb unterstützt das BMG sowohl ideell als auch finanziell das „Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS)“, das als wichtigstes Instrument zur Verbesserung der Patientensicherheit das „gemeinsame Lernen aus Fehlern“ sieht. Das heißt:
Seit 2005 analysieren die Mitglieder des Aktionsbündnisses „unerwünschte Ereignisse, die das ungewollte Ergebnis einer Behandlung sind“, erarbeiten daraus Handlungsempfehlungen und Lösungen zu konkreten Projekten, um die Patientensicherheit in Deutschland nachhaltig zu fördern.
Aktion Saubere Hände
Ein Projekt des APS ist die „Aktion Saubere Hände“. Ziel der Kampagne ist, die Compliance der Händedesinfektion in Einrichtungen des deutschen Gesundheitswesens zu verbessern und so die Zahl von Infektionen deutlich zu senken.
Gemeinsam mit Dr. med. Tobias Kramer, Koordinator der Aktion, starten wir jetzt das Projekt „Sicher in der Heilpraktikerpraxis“, um die Qualität und Patientensicherheit in unseren Praxen zu verbessern. Was bedeutet das?
Lernen aus Fehlern
Das bedeutet, dass auch wir miteinander aus Fehlern Schlüsse ziehen und den Leitgedanken des deutschen Gesundheitswesens mit weiterentwickeln wollen.
Das bedeutet außerdem, dass wir uns der Kritik der politischen Entscheider stellen und den Nachweis erbringen wollen, dass wir in Heilpraktikerpraxen sicher und risikoarm arbeiten und uns nicht nur auf dem Argument ausruhen, dass unser Beitrag zur Berufshaftpflicht ein „geringer“ ist.
Wir brauchen Ihre aktive Mitarbeit! Gemeinsam mit Ihnen möchten wir Fehlerquellen analysieren und beheben sowie den Standard in Heilpraktikerpraxen anheben.
Ihr VUH im Gespräch mit Dr. med. Tobias Kramer, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin
VUH: Herr Dr. Kramer, anhand welcher Kriterien beurteilt der Gesetzgeber, ob in Einrichtungen des Gesundheitswesens, also auch in Heilpraktikerpraxen, sicher gearbeitet wird oder nicht?
Dr. Tobias Kramer: Durch unterschiedliche Gesetze, Richtlinien und Empfehlungen soll ein Rahmen geschaffen werden, durch den Patienten, aber auch Mitarbeiter im Gesundheitswesen vor unerwünschten Folgen, wie z.B. Infektionen, geschützt werden sollen, sodass nur noch ein Restrisiko verbleibt. Die Vorgaben auf Bundesebene werden durch ebensolche auf der jeweiligen Landesebene ergänzt. Die Kriterien, nach denen beurteilt wird, richten sich stark nach den angebotenen und durchgeführten Maßnahmen. Gemeinsames Ziel ist die Patientensicherheit.
VUH: Welchen Stellenwert nimmt Hygiene in der Hierarchie dieser Kriterien ein?
Dr. Tobias Kramer: Einen großen. Insbesondere Standard- oder Basishygienemaßnahmen sollten effektiv umgesetzt werden, um das Infektionsrisiko zu senken. Zu diesen Maßnahmen gehörten u.a. die effektive Aufbereitung von Medizinprodukten, kontaminationsfreie Vorbereitung und Applikation von Infusionen und Injektionen, Händedesinfektion und Hautantisepsis. Maßnahmen, die bei jedem Patienten anzuwenden sind, um eine Gefährdung zu reduzieren.
VUH: Worauf achten Sie, wenn Sie Praxen von Allgemeinmedizinern begehen?
Dr. Tobias Kramer: Unabhängig von der Art der Einrichtung, die ich begutachte, ist es mein Ziel, den Betreibern und Mitarbeitern die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Maßnahmen verständlich zu machen. Hygienepläne können helfen, das Spektrum der Behandlungen in der Praxis abzuschätzen und spiegeln die Auseinandersetzung der Einrichtung mit dem Thema Infektionsprävention gut wider. Auch die Ausstattung mit Händedesinfektionsmittelspendern an den Behandlungsplätzen ist ein Indikator zur Beurteilung. In jedem Fall interessiert mich die Tätigkeit mit dem größten Gefährdungspotenzial für Patienten. Sofern invasive Maßnahmen in der Einrichtung durchgeführt werden, betrachte ich sowohl die Aufbereitung der Medizinprodukte als auch, wie sich der Ablauf und die Durchführung der Maßnahme oder Behandlung gestaltet.
VUH: Gelten diese Standards auch für uns Heilpraktiker?
Dr. Tobias Kramer: Im Sinne der Sicherheit unserer Patienten und Mitarbeiter empfiehlt es sich, unabhängig vom Berufsstand und der Bezeichnung der verwendeten Produkte einen Mindeststandard einzuhalten. Dies ist auch in großen Teilen seit 2001 durch das Infektionsschutzgesetz geregelt.
VUH: Warum widmen Sie sich insbesondere dem Thema Händehygiene?
Dr. Tobias Kramer: Die Händedesinfektion ist neben der sachgerechten Aufbereitung von Medizinprodukten eine der effektivsten Maß- nahmen, um Infektionen und Übertragungen von Infektionserregern in Einrichtungen des Gesundheitssystems zur vermeiden.
VUH: Welche Erfahrungen haben Sie mit der „Aktion Saubere Hände“ gemacht? Hat diese tatsächlich zu mehr Sicherheit für die Patienten bzw. den einzelnen Patienten in den teilnehmenden Einrichtungen geführt?
Dr. Tobias Kramer: Die Aktion gibt es nun bereits im 12. Jahr. Viele der von uns zu Anfang gesetzten Ziele wurden von unseren Teilnehmern bereits erreicht. Da die wissenschaftliche Evidenz der Effektivität der Händedesinfektion im Gesundheitswesen in den letzten 160 Jahren kontinuierlich und widerholt erbracht worden ist, fokussieren wir uns v.a. auf die Umsetzung in der Versorgung von Patienten. Andauernde Auseinandersetzung mit der Thematik und dem eigenen Handeln führt zu einer verbesserten Patientensicherheit.
VUH: Vielen Dank für das Gespräch!
Sonja
Kohn
Heilpraktikerin, Leiterin Bereich Presse und Medien des Verbandes Unabhängiger Heilpraktiker e.V.
(VUH)
pressestelle@heilpraktikerverband.de
Dr. med.
Tobias Kramer
Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin
Forumsdiskussion:
Verwendung von eichpflichtigen Messgeräten in der Praxis
Im letzten Paracelsus Magazin (03.19) haben wir in unserer Reihe „Recht in der Praxis“ im Rahmen des Beitrags „Die rechtssichere Naturheilpraxis“ die Verwendung von eichpflichtigen Messgeräten in der Praxis angesprochen. Und obwohl wir unsere Beiträge immer nach bestem Wissen und Gewissen mehrfach überprüfen (lassen), hat der Punkt „Anzeigepflicht“ u.a. von digitalen Blutdruckmessgeräten für etwas Verwirrung gesorgt, sodass wir nach einer aktiven Diskussion in unserem Rechtsforum diesen Punkt noch einmal von allen Seiten betrachteten. Tatsächlich bestehen widersprüchliche Angaben über die Eichung der Geräte, wenn diese regelmäßig messtechnisch kontrolliert werden.
Nach Rücksprache mit Dr. Frank Stebner, Fachanwalt für Medizinalrecht, möchten wir Sie wie folgt informieren:
Wenn Sie sich in Ihrer Praxis ein digitales Blutdruckmessgerät zulegen, können Sie von einer unbegrenzten Eichfrist nach Kauf des Produkts ausgehen. Eine erneute Eichung erfolgt erst nach einem messtechnischen Eingriff (Reparatur).
Nach der Medizinproduktebetreiber-Verordnung ist eine regelmäßige messtechnische Kontrolle mit Dokumentation im Medizinproduktebuch erforderlich. Diese Kontrolle wird von Medizintechnikfirmen oder Sanitätshäusern durchgeführt.
Laut Auskunft des Eichamts München besteht keine Anzeigepflicht.
Sind Sie fit in Patientensicherheit und Hygiene?
Damit wir wissen, wo wir stehen, möchten wir Sie einladen, an unserer Online-Umfrage „Hygienewissen“ teilzunehmen. Bitte beantworten Sie die Fragen offen und ehrlich, damit wir sehen, wo Schulungsbedarf ist und wo wir konkrete Handlungsempfehlungen entwickeln können.
Die Auswertung Ihrer Antworten erfolgt anonym und Ihre Daten unterliegen selbstverständlich dem Datenschutz.
Den Link zur Umfrage erhalten Sie im nächsten VUH-Newsletter.
Diese Gesetze und Regelwerke müssen Sie in puncto Hygiene beachten:
- Infektionsschutzgesetz (IfSG)
- IfSG-Meldepflicht-Anpassungsverordnung (IfSGMeldAnpV)
- Hygieneverordnungen der Bundesländer
- Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA 250)
- Biostoffverordnung (BioSto. V)
- Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
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