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Naturheilkunde
Lesezeit: 6 Minuten

Kalorienfreie Zucker-Alternativen

Der süße Kick aus dem Regenwald

Zucker, gemeint ist unser Haushaltszucker (Saccharose), schmeckt lecker und ist beliebt. Weil er billig und heute jederzeit verfügbar ist, wird er, wo immer möglich, untergemischt. Gesund ist das jedoch nicht. Vor allem nicht auf Dauer. Denn zu viel Zucker fördert Übergewicht und chronische Erkrankungen. Zum Glück gibt es gesunde Alternativen, die in diesem Artikel vorgestellt werden.

Einseitige Lieferung

Zucker enthält nur eines: Kohlenhydrate. Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe und andere gesunde Nährstoffe enthält er nicht. Daher bezeichnet man seine enthaltene Energie (4 kcal/Gramm) auch als „leere Kalorien“.

Krankheit „Marke Eigenbau“

Essen wir Zucker, wird er im Laufe der Verdauung in Trauben- und Fruchtzucker (Glukose bzw. Fruktose) gespalten. Sobald Glukose ins Blut gelangt, schüttet die Bauchspeicheldrüse Insulin aus. Beim gesunden Menschen sorgt dieses Hormon dafür, dass der Blutzuckerspiegel in der vorgesehenen Höhe bleibt, indem überschüssiger Zucker in die Zellen geschleust wird, wo er verstoffwechselt oder gelagert wird.

Im Bereich zwischen 80 und 120 mg Glukose pro 100 ml Blut funktioniert der Organismus reibungslos. Sollte der Spiegel aus irgendwelchen Gründen zu niedrig sein, weil der Körper z.B. gerade viel Energie verbraucht (hat), dann sorgt der Gegenspieler von Insulin, das Hormon Glukagon, dafür, dass Zucker aus den Zellen ins Blut gelangt. In der Regel wird der Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit innerhalb von 2 Stunden wieder auf Normalniveau ausgeglichen.

Wird dauerhaft zu viel Zucker zugeführt, kann sich eine Insulinresistenz entwickeln, d.h. die Zellen reagieren nicht mehr auf den hormonellen Reiz, der Zucker verbleibt im Blut und ruft eine erneute, jedoch folgenlose Insulinausschüttung hervor. Es kommt zu einer Hyperinsulinämie im Blut. Zudem werden die insulinbildenden Zellen überbeansprucht und erschöpfen sich mit der Zeit. Wenn zu wenig oder kein Insulin mehr gebildet wird, liegt eine Zuckerkrankheit vor. Dies kann ein Diabetes mellitus I (erblich bedingt) oder ein Diabetes mellitus II (erworben) sein. Letzterer macht 90% der Diabetes-Fälle aus und wurde ursprünglich als „Altersdiabetes“ bezeichnet, da er früher vorwiegend bei älteren Personen auftrat und meist von Übergewicht verursacht wurde. Auch heute noch sind 90% aller Typ-II-Diabetiker übergewichtig.
Besorgniserregend ist jedoch die Tatsache, dass die Zahl derer, die bereits in jungen Jahren betroffen sind, immer weiter steigt.

Vorsicht bei „zuckerfrei“

Viele industriell verarbeitete Lebensmittel enthalten aus technischen oder geschmacklichen Gründen Zucker. Mancher Eulenspiegel deklariert das jeweilige Nahrungsmittel dennoch mit irreführenden Etiketten, z.B. „ohne Zucker“, „zuckerfrei“ oder „kristallzuckerfrei“. Vorsicht: Das bedeutet lediglich, dass das Produkt „ohne Haushaltszucker“ (Saccharose) hergestellt wurde. Das Lebensmittel kann also durchaus Zucker in Form von Traubenzucker, Fruchtzucker, Glukosesirup, Invertzucker, Maltodextrin, Malzextrakt (Malzsirup), Malzzucker (Maltose), Milchzucker, Honig etc. enthalten. Nicht nur das: In vielen Lebensmitteln ist Zucker enthalten, ohne dass man ihn dort vermuten würde, z.B. in Senf, Tomatenketchup oder Konservengemüse. Beim Einkauf von Fertigprodukten lohnt es sich immer, vorab die Zutatenliste zu studieren.

Fruchtzucker – kein natürlicher Zuckerersatz

Für den Stoffwechsel von Fruktose ist kein Insulin erforderlich, deshalb ging man jahrzehntelang davon aus, dass er auch als Süßungsmittel für Diabetiker geeignet ist. Ein Teil davon wird jedoch v.a. in Leber und Nieren in Traubenzucker (Glukose) umgewandelt, sodass doch wieder Insulin benötigt wird. Gesünder ist dieser Einfachzucker nicht, da er dieselbe Energiemenge enthält wie Glukose. Nicht zuletzt wurde herausgefunden, dass Fruchtzucker offenbar die Blutfettwerte ungünstig beeinflusst und eine Leberverfettung fördert, beides Risikofaktoren im Rahmen der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und des Metabolischen Syndroms.

Süßen ja, aber gesund

Die Geschmacksrichtung „süß“ ruft ein Wohlgefühl in uns hervor. Da das Leben oft hart genug ist, wollen wir verständlicherweise nicht auf diesen schnell erreichbaren Aufheiterungseffekt verzichten. Als bekannte Zucker-Alternativen stehen z.B. Honig, Agavendicksaft oder Sirup zur Verfügung. Alle sind natürlichen Ursprungs und liefern neben der Süße noch zahlreiche Vitalstoffe, jedoch haben sie allesamt den Nachteil, dass sie genauso ungesund sind wie Haushaltszucker.

Gut, dass es Zucker-Alternativen gibt, die nicht nur süß schmecken, sondern im Unterschied zu Zucker kalorientechnisch kaum oder gar nicht zu Buche schlagen. Ein Beispiel ist der aus der Stevia-Pflanze (Stevia rebaudiana, Süßkraut) gewonnene Süßstoff. Er ist kalorienfrei, süßt stärker als Haushaltszucker und wird insulinunabhängig verstoffwechselt. Auch der Zuckeralkohol Erythrit ist kalorienfrei und für Diabetiker geeignet. Er ist nicht ganz so süß wie Haushaltszucker, dafür sieht er verarbeitet genauso aus und ist auch nahezu so verwendbar.

Süßstoff aus dem Regenwald

Für viele Süßstoffe existiert ein ADI-Wert, der die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge festlegt. Als gesundheitlich absolut unbedenklich eingestuft wird der natürliche Süßstoff Thaumatin. Man findet ihn in den Samenkapseln des Katemfe-Strauchs, von den Einheimischen auch „Ndebion“ genannt, der aus dem Regenwald Westafrikas stammt. Thaumatin ist darin sehr gering konzentriert – aus 1 kg Kapseln lassen sich lediglich 6 g Thaumatin isolieren – aber seine Süßkraft übertrifft die unseres Haushaltszuckers um ein Vielfaches (2000- bis 3000-fach). Seinen süßen Geschmack nimmt man erst verzögert wahr, dieser hält aber bis zu 1 Stunde an. Beim Kochen und Backen geht die Süßkraft verloren, weil seine chemische Struktur zerfällt.

Thaumatin ist der am längsten bekannte Süßstoff. Bereits 1855 wurde er vom Afrika-Reisenden Danielli entdeckt und beschrieben. Die Einheimischen in Afrika verwenden ihn seit jeher zum Süßen von Tee, Brot und Palmwein. In Japan wurde Thaumatin 1979 als „natürliches Lebensmittel“ erlaubt. In Deutschland darf man es seit 1998 nutzen.

Seit 1996 ist Thaumatin durch die EG-Süßungsmittelrichtlinie als Zusatzstoff E597 zugelassen. Man findet den Süßstoff mit seinem lakritzartigen Nachgeschmack in Süßwaren (oft in solchen auf Kakao- oder Trockenfruchtbasis), Diät- und Nahrungsergänzungsmitteln, Getränken, Vitaminen und Zubereitungen für Diabetiker, Kaugummi sowie in Tierfutter.

Erfreulich ist, dass Thaumatin inzwischen von den Einheimischen selbst hergestellt werden kann: Um ehemalige Holzeinschlagsflächen nachhaltig zu bewirtschaften, die Artenvielfalt zu erhalten und zusätzliche Einkommensquellen für die ländliche Bevölkerung zu schaffen, wurde 2001 das „Oda-Kotoamso Community Agroforestry Project“ (OCAP) ins Leben gerufen, dessen Ziel der Aufbau einer Produktionsanlage war, die alle Arbeitsschritte vom Anbau der Frucht bis zur Aufbereitung des Pulvers umfasst und von der Bevölkerung vor Ort autonom betrieben wird.

Bezogen werden kann Thaumatin u.a. über das Internet. Der Preis erscheint zwar sehr hoch, ist aber umgerechnet auf die extrem starke Süßkraft günstiger als normaler Zucker. Dasselbe trifft auf den Kaloriengehalt zu: Da kleinste Mengen bei der Verwendung ausreichen, fällt die enthaltene Energie praktisch nicht ins Gewicht.

Fazit

Wer auf eine gesunde Ernährung achtet, sollte auf eine übermäßige Zufuhr von „leeren Kalorien“ verzichten. Damit sind v.a. stark zuckerhaltige, fette sowie industriell verarbeitete Nahrungsmittel gemeint. Zu viel Zucker fördert auf Dauer u.a. Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aber ganz auf den süßen Kick verzichten? Das muss nicht sein. Es gibt einige Zucker-Alternativen, die kalorienfrei und für Diabetiker geeignet sind. Neben Stevia und Erythrit ist hier Thaumatin aus dem afrikanischen Regenwald zu nennen, dessen Süßkraft diejenige von Haushaltszucker deutlich übersteigt.

Dr. rer. nat. Andrea Flemmer
Dipl.-Biologin, Ernährungswissenschaftlerin,
Trägerin des Neubiberger Umweltpreises
andreaflemmer@web.de

Buch-Tipp
Andrea Flemmer:
Echt süß! Gesunde
Zuckeralternativen
im Vergleich.
VAK Vital Verlag


Fotos: © fusssergei / adobe.stock.com, © Yeti

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