Organo-Akupunktur in der Kleintierpraxis
Erfolgreich bei Erkrankungen des Bewegungsapparates im Alter
Nicht nur in der Human-, auch in der Veterinärmedizin nimmt die Geriatrie eine immer größere Rolle ein. Die Lebenserwartung von Hunden hat sich in den letzten 50 Jahren fast verdoppelt; die von Katzen sogar verdreifacht. Das liegt v.a. daran, dass die Position des Haustieres sich stark in Richtung Familienmitglied gewandelt hat, was zu einer gesünderen Ernährung und besseren medizinischen Versorgung führt. Ebenso wie beim Menschen steigt mit dem Alter die Krankheitsanfälligkeit. Typische Altersleiden sind u.a. Niereninsuffizienzen bei Hunden und Katzen, hormonelle Erkrankungen, etwa Diabetes bei Katzen oder M. Cushing bei Hunden, und natürlich das breite Spektrum der Probleme mit dem Bewegungsapparat.
In vielen Fällen neigen diese Gesundheitsstörungen zur Chronizität. Sei es, dass man mit der Begründung „Der wird eben alt“ einen rechtzeitigen Therapieeinstieg verpasste; sei es, dass eine akute Krankheit nicht komplett zur Heilung gebracht wurde und rezidivierte. Als weiteres Feld sehen wir sich chronifizierende Leiden, weil Symptomenkomplexe durch Unterdrückung in die Tiefe befördert wurden. Dazu kommt, dass der ältere Organismus eine schlechtere Heiltendenz zeigt. Deswegen sind derartige Fälle selten einfach zu lösen und erfordern fast immer eine Kombination aus verschiedenen Therapien, die im günstigsten Fall synergistisch wirken, also sich gegenseitig fördern und bestärken.
Ein Beispiel für eine derartige Therapiekombination ist der Einsatz von Homöopathika oder Organotherapeutika durch Injektionen in Akupunkturpunkte. Der deutsche Arzt Dr. Weihe beschrieb bereits Ende des 19. Jahrhunderts schmerzhafte Hautareale nach der Einnahme homöopathischer Medikamente. Von chinesischer Akupunktur wusste er nicht viel, dennoch erkannte er über 100 wirksame Punkte, von denen, wie man später herausfand, sehr viele übereinstimmten mit Meridianpunkten aus der TCM, der Traditionellen Chinesischen Medizin. Unter dem Namen Homöosiniatrie entwickelte der Arzt Dr. de la Fuye, einer der Begründer der französischen Akupunktur-Bewegung, diese Erkenntnis weiter. Schon früh war er überzeugt, dass das Zusammenspiel von zwei Grundpfeilern der ganzheitlichen Medizin (Akupunktur und Homöopathie) neue Chancen bei der Behandlung vieler Erkrankungen bieten würde. Heute nennt man diese Therapiekombination auch Injektionsakupunktur oder Akusiniatrie. In der Praxis bestätigt sich Anwendern immer wieder, dass dieses Methodenduett besonders bei reaktionsschwachen Patienten, die auf die klassische Akupunktur nicht ausreichend ansprechen, initiale und profunde Heilreize setzen kann.
Die Therapie kann sowohl mit homöopathischen Einzel- als auch mit Komplexmitteln durchgeführt werden. Bewährt hat sich auch die Verwendung von Organpräparaten zur Organotherapie, je nach verwendeten Dilutionen auch bezeichnet als Biomolekulare vitOrgan-Therapie (BvT). Deren Fusion mit der Akupunktur wird unter dem Synonym Organo-Akupunktur vorgestellt. Am Beispiel verschiedener, in der Praxis häufiger Erkrankungen des Bewegungsapparates wird diese Therapieform hier genauer beschrieben.
Grundsätzliches zur BvT
Ausgehend von den Erkenntnissen, dass wichtige Regulations- und Regenerationsfaktoren im Zytoplasma von Zellen zu finden sind, entwickelte der Hersteller ein patentiertes Verfahren zur Aufarbeitung, Isolierung und Aktivierung der wirksamen Komponenten aus dem Zytoplasma fetaler und juveniler Zellen tierischen Ursprungs. Ziel der BvT ist, die Selbstheilungskräfte des Körpers auf natürliche Weise zu unterstützen sowie Zelldefekte durch die Zufuhr von Bestandteilen gesunder Zellen zu regulieren und zu normalisieren. Ihrer Natur nach gehört die BvT zur Isopathie, denn ihr Grundsatz lautet „Organ heilt Organ“. Unter dieser Maßgabe wählt der Therapeut zu den vorliegenden Indikationen gezielt die benötigten Dilutionen aus.
Die Anwendung beim Tier erfolgt v.a. durch subkutane Injektionen. Die Präparate sind einzeln oder mit mehreren Dilutionen in einer Mischspritze verwendbar. So kann für jeden Patienten eine individuelle, maßgeschneiderte Behandlung zusammengestellt werden. Für den Einsatz in der Veterinärmedizin stehen 15 Dilutionen in der Potenz D4 zur Verfügung. Ergänzend ist es häufig angezeigt, Dilutionen aus dem Humanbereich zu verwenden, hier gibt es 66 verschiedene Organpräparate in der Potenz D7.
Die BvT ist geeignet als alleinige Therapie, kann aber auch ergänzend zu den gängigen schulmedizinischen und zu anderen komplementären Verfahren eingesetzt werden. Besonders in Kombination mit der Akupunktur, als Organo-Akupunktur, wird eine gute Wirkung beobachtet. Das erklärt sich mit dem Ansprechen der Organe auf verschiedenen Ebenen: Die zytoplasmatische BvT zielt direkt auf den Zellstoffwechsel der Organzellen ab. Gleichzeitig können über bestimmte Akupunkturpunkte im angesprochenen Organ Effekte auf energetischer Basis entfacht werden. Die Organo-Akupunktur kann damit einen doppelten, in ihrer Wirkungsweise unterschiedlichen Heilreiz, auslösen. Jede der beiden Methoden spricht auf ihre spezifische Art das Zielorgan an, und beide wirken synergistisch.
Erkrankungen des Bewegungsapparates
Die Akupunktur gehört bei Haustieren zu den am häufigsten und erfolgreichsten praktizierten Therapieformen, wenn es um Leiden am Bewegungsapparat geht. Hunde akzeptieren das Setzen von Nadeln in Akupunkturpunkte meist ohne Probleme. Für schlecht zu stechende Punkte, etwa an den distalen Extremitäten, eignen sich Alternativen wie Low Level Laser oder Elektroakupunktur. Mit dem Laser ist auch die Akupunktur bei Katzen praktikabel, bei denen eine Nadelung möglicherweise auf Abwehr stößt.
Für die Durchführung der Organo-Akupunktur werden die für die Indikation ausgewählten Dilutionen subkutan in passende Akupunkturpunkte injiziert. Je nach Erfahrung des Therapeuten und Toleranz des Patienten ist dabei eine sehr breite Variabilität möglich. Es können sowohl lokale Nahpunkte als auch Fernpunkte infiltriert werden. Ob man dabei streng den altüberlieferten Modellen der TCM folgt oder die Aspekte der westlich-wissenschaftlichen Akupunktur zugrunde legt, hängt stark von der Technik und dem Wissen des Therapeuten ab.
In der Veterinärmedizin wird die Akupunktur häufig als Schmerztherapie eingesetzt. Damit dem Patienten bestmöglich geholfen wird, ist meistens eine kombinierte Herangehensweise sinnvoll, um eine Analgesie zu erreichen und gleichzeitig das regulatorische Potenzial zu nutzen. Es gibt einige bewährte Punkte zur Schmerzstillung (Bl40, Bl60, Di04, Ma36 u.a.), die gemeinsam mit den individuellen Nah- und Fernpunkten behandelt werden. Die Injektion der Organotherapie-Dilutionen sollte in letztere erfolgen, da man damit die Regeneration unterstützen will.
Der praktische Einsatz
Die Auswahl der Dilutionen ist von der Diagnose abhängig, die Dosierung von der Größe des Patienten. In der Regel wird eine Ampulle pro Präparat und Sitzung injiziert. Bei kleinen Hunden und Katzen kann die Menge halbiert werden.
Die Intensität der Therapie ergibt sich v.a. aus der Häufigkeit der Sitzungen. Eine Faustregel besagt: Je akuter der Fall, desto öfter die Verabreichung. Je länger eine Gesundheitsstörung persistiert, desto mehr Zeit ist für die Therapie zu veranschlagen. Noch mehr gilt dies für den älteren und weniger reaktionsfähigen Organismus. Viele geriatrische Patienten sind Dauerkunden in der Tierheilpraxis. Ich selbst behandele viele Grauschnauzen in Abständen von 2-4 Wochen mit der Organo-Akupunktur und halte sie damit über lange Phasen stabil.
Kontraindikationen und Diskussion
Viele Menschen denken bei Organotherapie immer noch an die frühere Frischzellentherapie und ihre Risiken bezüglich allergischer Reaktionen oder Krankheitsübertragungen. Durch die Herstellung der BvT-Dilutionen mit einem speziellen Säuredampf-Vakuum-Hydrolyse-Verfahren, bei der große Zellbestandteile entfernt werden, sind diese Gefahren ausgeschlossen. Die Warnungen des Herstellers im Beipackzettel beschränken sich somit auf die üblichen Hinweise zur parenteralen Applikation.
Häufig wird kritisiert, dass die Substanzen ihre Zielorgane nicht erreichen können. Diverse Studien belegen aber den „Homing-Effekt“, die Organspezifität von Peptiden. Der Biochemiker Günter Blobel erhielt für seine dahingehenden Erkenntnisse 1999 den Medizin-Nobelpreis.
Fallstudien
Die nachfolgenden Fallbeschreibungen sind nicht als allgemeingültige Therapieempfehlungen zu verstehen. Die Auswahl der Akupunkturpunkte und der BvT-Dilutionen muss für jeden Fall individuell erfolgen.
Roger, Rottweiler (*2011)
Roger wird mir im Oktober 2017 mit Arthrosen in beiden Ellenbogen (ED)
vorgestellt. Der Röntgen-Befund ist eindeutig. Der Hund lahmt seit 6 Wochen, seine Besitzerin möchte aufgrund eines
früheren Leberschadens eine Schmerzmedikation vermeiden. Mit Nahrungsergänzung und Homöopathie ist Roger versorgt. Ich
empfehle eine Gewichtsreduktion und Physiotherapie.
Therapie
NeyDIL® 43 Revitorgan®-Dilution Nr. 43 D4 pro vet. in Kombination mit Nr. 68 D4 pro
vet. Ich beginne 2x wöchentlich über 1 Monat mit der Injektion in die Akupunkturpunkte Di11, 3E10, Ma36 und Gb34,
ergänzt durch Nadel- und Laserakupunktur weiterer Punkte.
Verlauf
Nach dem ersten Monat zeigt Roger eine deutliche Gangbildbesserung, wir setzen die
Therapie wöchentlich fort. Im März 2018 hat Roger sein Zielgewicht erreicht und läuft unauffällig, nur nach
Überlastung zeigt er etwas Lahmheit. Er bekommt weiterhin einmal monatlich eine Sitzung und wird regelmäßig
physiotherapeutisch behandelt.
Mimi, Old English Bulldog-Mix (*2010)
Mimi erhält im Sommer 2019 die Diagnose Cauda Equina
Kompressionssyndrom (CES), nicht operabel. Sie zeigt Druckschmerz, Bewegungsvermeidung, Ataxie, seit Kurzem
gelegentlich Inkontinenz. Die Hinterhandmuskulatur ist leicht atrophiert.
Therapie
Blutegel im kaudalen LWS-Bereich bringen deutliche Schmerzlinderung. Ich injiziere
anfangs wöchentlich NeyDIL® 96 Revitorgan®-Dilution Nr. 96 D4 pro vet. in lokale und entfernte Akupunkturpunkte und
versorge die Hündin ergänzend homöopathisch. Mimi geht außerdem zur Physiotherapie.
Verlauf
Nach 3 Monaten sind die Organo-Akupunktur-Sitzungen nur noch alle 3 Wochen notwendig.
Gangbild und Blasenfunktion haben sich gebessert. Mimi braucht nur noch selten Schmerzmittel, die Muskelatrophie hat
sich nicht fortgesetzt. Am schönsten ist für die Besitzerin, dass Mimi wieder Lebensfreude zeigt.
Fazit
Die Kombination von Akupunktur und Biomolekularer vitOrgan-Therapie kann bei vielen langwierigen und chronischen Erkrankungen die Tür zur Heilung oder zur grundlegenden Regeneration öffnen. In meiner Praxis reagieren besonders Hunde und Katzen mit altersbedingten Erkrankungen des Bewegungsapparates sehr positiv auf diese Behandlungsform. In den meisten Fällen ergänze ich die Organo-Akupunktur mit weiteren Therapien, z.B. Homöopathie oder Phytotherapie. Über diesen ganzheitlichen Ansatz sind langfristige Verbesserungen zu erzielen.
Annette
Dragun
Tierheilpraktikerin für Hund, Katze und Pferd, Schwerpunkte Homoöpathie, Akupunktur und
Organotherapie
info@tierheilpraxisnordfriesland.de
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