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Naturheilkunde
Lesezeit: 10 Minuten

DETOX – Modetrend oder Notwendigkeit?

Die Detoxifikation, auch Detox oder Entgiftung genannt, ist in Werbung und Marketing mittlerweile ein sehr überbeanspruchter Begriff. Eine schier unübersichtliche Anzahl diverser Detox-Kuren und -Produkte, die – falsch angewendet – nicht immer risikofrei sind, überschwemmen den Markt. Diese Entwicklung beobachte ich seit einiger Zeit mit etwas Besorgnis. Vermittelt uns die Werbung doch oft, dass jeder zu jedem Zeitpunkt unbedenklich entgiften und ausleiten kann, ohne etwaige Vorerkrankungen, die individuelle Entgiftungskapazität, eingelagerte Schwermetalle, Zahnherde etc. zu berücksichtigen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Bei Vorhandensein derartiger Vorbelastungen ist es wichtig, vor Beginn der Entgiftung die Regulationsfähigkeit und die Entgiftungsleistung des eigenen Organismus zu prüfen, damit die Maßnahme nicht mehr schadet als nutzt. Akute Erkrankungen, Schwangerschaft und Stillzeit sind zudem absolute Kontraindikationen.

Arten toxischer Belastung

Ein Zitat von Paracelsus lautet: „Alle Dinge sind Gift und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“ Trifft das heute auch noch zu? Im Vergleich zu Paracelsus‘ Lebzeiten haben wir es nun mit einer ungleich höheren Zahl an toxischen Stoffen für Mensch und Tier zu tun, die im Einzelnen oft tatsächlich erst durch die Dosis zum Gift werden, sich in der Vielzahl untereinander aber schon in geringen Mengen durch chemische Verbindungen zu toxischen Komplexen aufdosieren können. Dabei lässt sich grob unterscheiden in:

Endogene Gifte, z.B. Indol, Skatol, Fuselalkohole, Spaltprodukte der Gallensäuren, Dentalgifte von Zahn- und Kieferherden, Abbauprodukte von Entzündungen.

Exogene Gifte, z.B. Agrarpestizide, Wohnraumgifte aus Möbeln und Textilien, Schwermetalle, Nahrungsmittelchemie, Dentalwerkstoffe, Elektrosmog, Luftverschmutzung und Feinstaub, Säuren, Xeno-Östrogene, sogar zum Teil ungefiltertes Trinkwasser. All diese Substanzen können toxische Effekte im Organismus entfalten.

Die „Taktik“ von Schwermetallen

Schwermetalle verursachen Störungen im Zellstoffwechsel, indem sie mit Mikronährstoffen um deren Transportwege und Plätze in Molekülen konkurrieren. Cadmium hemmt z.B. die zelluläre Calciumaufnahme, weil es dieselben Transportkanäle besetzt und so anstatt des Calciums in die Zelle eingeschleust wird. Beryllium, Blei, Cadmium, Mangan, Kobalt, Nickel und Quecksilber können Magnesium, Kupfer, Eisen und Calcium verdrängen. Eine Folge ist der Funktionsverlust kleiner Moleküle, Enzyme und Nukleinsäuren. Dies führt zur Schädigung des MMP (Mitochondriales-Membran-Potenzial), was eine Mitochondriopathie verursacht. Bei einem Mangel an Mikronährstoffen wird ihre toxische Wirkung verstärkt.

Folgen starker Schadstoffbelastung

Leistungsabfall, Tagesmüdigkeit, Schlaflosigkeit und Stimmungsschwankungen sind häufig die ersten Anzeichen. Weitere Folgen der Überlastung des Systems mit Schadstoffen sind Allergien, Autoimmunkrankheiten, neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Demenz, Unfruchtbarkeit und Sterilität, Organ- und Zellveränderungen. Unter diesem Aspekt stellt eine zweimal jährlich durchgeführte Entgiftungs- und Ausleitungskur, gerne mit Hilfe eines hierfür geschulten Therapeuten, eine sinnvolle und häufig dringend nötige therapeutische Maßnahme dar. Voraussetzung ist die genaue Beachtung der biochemischen und physiologischen Grundlagen mit gleichzeitiger Unterstützung der individuellen Entgiftungskapazität und dem Ziel, die blockierte Selbstregulierungsfähigkeit wiederherzustellen.

Die Matrix (Zwischenzellgewebe) als Ablageort

Alle biologischen Grundfunktionen des Lebens, die mit Abwehr und Ausgleich zusammenhängen, werden im Zwischenzellgewebe reguliert. Jeglicher Stoffaustausch, der Stoffwechsel, findet hier statt. Bevor eine Zelle erkrankt, verändert sich die Matrix, der extrazelluläre Raum. Hier werden 70 Billionen Körperzellen von der extrazellulären Flüssigkeit „umspült“, wie Fische vom Wasser. Von den Kapillaren werden die Nährstoffe zu den Körperzellen infundiert und die Stoffwechselendprodukte abtransportiert. Im Interzellularraum befindet sich ein Maschenwerk aus hochpolymeren Zucker- und Eiweißkomplexen, den Glukosaminoglukanen, über die die Zellverbände (Organe) miteinander kommunizieren. Werden Abfallprodukte (Metaboliten) und Toxine nicht mehr adäquat ausgeschieden, lagern sie sich hier ab. Die Matrix „vermüllt“ und „verstopft“, die Flüssigkeit wird gallertartig wie Gelatine. Der Stoffaustausch wird verlangsamt, das Gewebe „versulzt“. All das verschlechtert die Zellatmungskapazität und verschiebt die Energieproduktion in Richtung anaerob, was chronische Erkrankungen bis hin zum Krebs begünstigt. Daher müssen Mobilisation und Ausleitung der Stoffwechselendprodukte und Toxine die Grundlage eines jeden Entgiftungskonzeptes sein.

Überlastung: Anamnestische Hinweise

Bereits in der Anamnese lässt sich vieles erfragen und herausfiltern, was auf ein überlastetes System hinweisen kann. Hier ein paar Stichworte dazu:

Chronischer Energiemangel – Unruhe – Konzentrationsmangel – Schlaflosigkeit – Kopf- und Gelenkschmerzen – Haarausfall – Chronische Ekzeme – Anämie – Zahnlockerungen – Zahnfleischentzündungen – Parodontose – Darmerkrankungen – Kalte Hände und Füße – Schreckhaftigkeit – Lärm- und Lichtempfindlichkeit – Nächtliche Hitzewallungen ohne Schweiß – Aphten – Zungen- und Rachenentzündungen – Metallischer Geschmack im Mund etc.

Antlitzdiagnostik

Das Gesicht kann einiges über Belastungen des Stoffwechsels verraten. Hier ein paar Anhaltspunkte:

Tiefe Magenzone – Unreine Haut – Gereizte müde Augen – Geschwollene Augenlider – Dreieckartige Schwellungen unter den Augenwinkeln – Blässe – Durchscheinende Haut – Pigmentflecken etc.

Die wichtigsten Schritte der Ausleitungs- und Entgiftungstherapie

  • Regulation des Säure-Basen-Gleichgewichts
  • Drainage durch Unterstützung der Ausleitungsorgane
  • Unter Beachtung einer möglichen genetischen oder erworbenen Entgiftungsstörung, die Entgiftung und das Lösen von Toxinen aus dem Bindegewebe
  • Die emotionale Entgiftung beachten

Schritt 1
Die Regulation des Säure-Basen-Haushalts

Die Ursachen einer latenten Azidose müssen erkannt und beseitigt werden. Gründe für eine zu hohe Säurelast können eine verstärkte Zufuhr von Säuren über die Nahrung, Reduktionsdiäten, Fastenkuren, hohe körperliche Aktivität (Laktatproduktion) oder schlechtere Pufferkapazität mit steigendem Alter sein.

Herausfinden des Säure-Basen-Status

Vor Beginn einer Entgiftungsmaßnahme lasse ich mir vom Patienten über 7 Tage den Urin-pH-Wert mindestens 4x täglich mit Teststreifen aus der Apotheke messen und in dafür vorgesehene Grafiken (z.B. von Pascoe, Dr. Jentschura) eintragen. Der normale Säure-Basen-Status ist im Tagesverlauf schwankend und abhängig von dem, was an Nahrung aufgenommen wird. Bei einer schon vor Beginn der Ausleitung vorhandenen Regulationsstarre gibt es diese Schwankungen kaum. Würden wir die eingetragenen Punkte in der Kurve verbinden, so sehen wir einen fast geraden Strich. Es ist eine sehr effektive Methode, sich schnell einen Einblick in das Regulationssystem des Patienten zu verschaffen. Die Gesamtsäureausscheidung im 24h-Urin ist richtungsweisend, wenngleich aufwändiger.

Ist eine Starre erkennbar, beginne ich die Therapie mit dem homöopathischen Ampullen-Set Zitronensäurezyklus-Heel®. Der Zitronensäurezyklus ist Ausgangspunkt zahlreicher Biosynthesevorgänge, auf denen unser Stoffwechsel fußt. Die Packung enthält zehn der wichtigsten Stoffwechselprodukte aus dem Zitronensäurezyklus. Ich injiziere jeweils zwei davon 1-2x in der Woche. Für die orale Säure-Basen-Regulation stehen diverse Fertigpräparate zur Verfügung, z.B. Basentabs (Fa. Pascoe). Basische Voll- oder Fußbäder ergänzen diesen Therapieschritt.

Bedeutung des Speichel-pH-Wertes

Die Bewertung der Belastung über die Nahrung, also die relative Bioverfügbarkeit der sauren und basischen Nahrungsbestandteile, kann über den PRAL-Wert ermittelt werden (Listen stehen im Internet zur Verfügung). Dieser Wert zeigt die potenzielle renale Säurelast an. Wenn der Speichel saurer ist als der Urin, blockiert er die Toxine, und diese können nicht über die Niere ausgeleitet werden. Der Speichel-pH-Wert lässt sich mit den Teststreifen messen (erste Messung morgens nach dem Aufstehen vor dem Zähneputzen, zweite und jede weitere Messung 2 Stunden nach dem Essen). Alkalisiert wird nur, wenn der Speichel alkalischer ist als die Niere.

Schritt 2
Drainage durch Unterstützung der Ausleitungsorgane

Schon jetzt können auch die Mittel zur Stärkung der Ausleitungsorgane Niere, Leber, Lymphe und Bauchspeicheldrüse (ein in der Entgiftungstherapie oft zu Unrecht vernachlässigtes Organ) als Injektion oder in Tropfenform gleichzeitig eingesetzt werden. Während der ersten 1-2 Wochen werden nur die Drainagemittel ohne Toxinlöser angewendet. Das Lösen der Toxine erfolgt nach Stärkung der Drainagetätigkeit. Gerne arbeite ich mit Frischpflanzensäften (z.B. Schöneberger, Salus) oder Urtinkturen (z.B. Fa. Ceres). Hierzu gibt es zwei sehr gute Bücher von Peter Emmrich sowie von Roger & Hildegard Kalbermatten (s. Literaturliste). Mittel zum Lösen der Toxine aus dem Bindegewebe sind u.a. Derivatio (Fa. Pflüger), metabiarex®N (Fa. Meta Fackler) sowie Bärlauch-Produkte.

Schritt 3
Entgiftung und Lösung von Toxinen

Die physiologische Entgiftung wird auch Biotransformation genannt, da Schadstoffe nur durch eine biochemische Umwandlung in drei Phasen den Körper verlassen können:

Die Phase 1 ist zunächst eine Giftung, es entstehen zunächst noch giftigere Metaboliten. Über die Leber werden Gifte und Medikamente via Cytochrom P450 wasserlöslich gemacht. Bei vermindertem Cytochrom P450 können fettlösliche Toxine und Medikamente nicht ausreichend ausgeschieden werden. Es kommt zur Kumulation der Stoffe bis hin zur Intoxikation. Bei ungenügendem Membranschutz können die aggressiven Stoffe der Phase 1 Zellstrukturen zerstören und bis hin zur Zellentartung führen.

In Phase 2 bereiten Enzyme, z.B. Glutathion-STransferase, Giftstoffe durch Umwandlung zur Ausleitung vor, indem sie durch Konjunktion an Methyl-, Acetyl- und Schwefelgruppen gekoppelt werden. Phase 2 ist die eigentliche Entgiftung. Bei Einschränkung oder Insuffizienz kommt es zur stärkeren Schädigung der Zellbestandteile sowie einem erhöhten oxidativen und nitrosativen Stress (Überproduktion reaktiver Sauerstoff- bzw. Stickstoffverbindungen und Mangel an Antioxidantien).

Achtung: Bei einer geplanten Entgiftung ist auf die Suffizienz der Phase 2 zu achten, und zwar bevor (!) Schadstoffe mobilisiert werden.

Das wichtigste zelluläre Antioxidans der Phasen 1 und 2 ist das Glutathion, ein Tripeptid aus Glycin – Cystein – Glutamin. 80-90% liegen in reduzierter Form vor (GSH). Co-Faktor für die Synthese und das Recycling von Glutathion ist die Alpha-Liponsäure. Sie kann das oxidierte Glutathion (GSSH) wieder zu GSH reduzieren. Weitere Co-Faktoren sind die Vitamine B2, B6, C und E, Selen, beta-Carotin sowie sekundäre Pflanzenstoffe.

Erst in Phase 3 werden die fettlöslichen und wasserlöslichen Giftstoffe (über die Galle bzw. über Niere, Blut, Lymphsystem) über die Transportproteine MPR2 ausgeschieden. Bei der Ausscheidung über die Galle kommt es zur Rückresorption über die Darmschleimhaut. Der enterohepatische Kreislauf bringt die Gifte zurück zur Leber. Für eine funktionierende Entgiftung stellt der Darm eine mögliche Schwachstelle dar. Eine notwendige Darmsanierung muss deshalb vor (!) einer Entgiftung abgeschlossen sein. Auch diese Tatsache wird meiner Meinung nach zu selten in allgemeinen Detox-Empfehlungen berücksichtigt. Die Rückresorption kann durch die Einnahme bindender Substanzen wie Flohsamenschalen, Zeolith, Medizinkohle oder Chlorella-Algen weitgehend verhindert werden. Will man nur über die Niere ausleiten, muss nach der Einnahme der Ausleitungsmittel eine Nahrungskarenz von mindestens 2 Stunden eingehalten werden.

Mögliche Entgiftungsstörungen

Grundsätzlich rate ich dazu, vor jeder tiefgehenden Entgiftungs- und Ausleitungsmaßnahme über ein Labor zu prüfen, ob eine genetische oder erworbene Entgiftungsstörung vorliegt. Ist das der Fall, muss zuerst die gestörte Entgiftungsphase gestärkt werden, um entgiften zu können. Die Detoxifikation und die physiologische Entgiftung müssen in umgekehrter Reihenfolge stattfinden: Von der Unterbindung der Rückresorption zur Unterstützung der Phase 3 zur Verbesserung von Phase 2 bis zur Aktivierung der Phase 1.

Zu den häufigsten Entgiftungsstörungen zählen

  • Glutathion-S-Transferase-Mangel
  • SOD-Mangel (Antioxidatives Enzym)
  • Methylfolat-Transferase-Mangel
  • HPU/KPU (Angeborene Stoffwechselstörung mit fehlerhafter Häm-Synthese)
  • Expoxidhydrolase-Mangel (Entgiftung organisch-toxischer Stoffe, z.B. Zahnherde)

Schritt 4
Beachtung der emotionalen Entgiftung

Jede körperliche Entgiftung bringt auch eine psychische Entgiftung mit sich, denn Körper und Geist erkranken immer gemeinsam. Wenn Giftstoffe das zentrale Nervensystem durchlaufen, kann es zu heftigen Reaktionen und Verhaltensänderungen kommen. Emotionen, die verdrängt und unterdrückt wurden (nicht selten seit der Kindheit), können sich durch den Entgiftungsprozess „freie Bahn“ schaffen und unkontrolliert hochkommen. Auch diesem Aspekt sollte in zukünftigen Detox-Empfehlungen mehr Beachtung geschenkt werden, damit Personen, die eine Entgiftungs- und Ausleitungskur planen, besser einschätzen können, ob sie es in Eigenregie durchführen möchten oder sich einen geschulten Therapeuten zur Hilfe nehmen.

Fazit

Die Entgiftung ist ein adäquates Therapie- und Heilungsinstrument. Wer dauerhaft gesund bleiben oder werden will, muss an der Basis beginnen und kommt am regelmäßigen Ausleiten nicht vorbei. Für uns Therapeuten handelt es sich um einen Aspekt, der bei fast jedem Patienten beachtet werden muss. Sich in verschiedene Ausleitungs- und Entgiftungsmethoden einzuarbeiten, ist ein sehr lohnendes und spannendes Therapiefeld. Damit wandelt sich Detox von einem zunehmenden Marketing-Hype wieder zu einer regelmäßigen gesundheitserhaltenden Notwendigkeit.

Literatur

  • Karstädt, Uwe: Entgiften statt vergiften. Tas, 2007
  • Runow, Klaus-Dietrich: Wenn Gifte auf die
    Nerven gehen. Südwest, 2008
  • Kuklinski, Bodo & Schemoniek, Anja: Mitochondrientherapie – die Alternative. Aurum,
    2020
  • Kulinski, Bodo: Mitochondrien – Symptome,
    Diagnose und Therapie. Aurum, 2018
  • Emmrich, Peter: Gesund und fit durch Heilpflanzen-Säfte. Natura Viva, 2016
  • Kalbermatten, Roger & Hildegard: Pflanzliche Urtinkturen. AT, 2011

Ursel Carls
Heilpraktikerin, Kinderheilpraktikerin und Psychologin, Naturheilpraxis für Kinder, Jugend und Familien, Dozentin an den Paracelsus Schulen
u.carls-familienpraxis@web.de

Foto: © gstockstudio / adobe.stock.com

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