Über Heilpraktiker und Homöopathen
HEILPRAKTIKER sind keine „Heiler“
HOMÖOPATH ist kein eigenständiger Beruf
Leitfaden zur Differenzierung für Heilpraktiker, Patienten und Medien
Im allgemeinen Sprachgebrauch wie auch in den Medien werden die Begriffe Heilpraktiker, Heiler und Homöopath oft synonym gebraucht und sprachlich vermischt. Heilpraktiker sind jedoch weder Heiler oder Geistheiler noch automatisch Homöopathen. Dieser Leitfaden soll helfen, die verschiedenen Bezeichnungen zu differenzieren, um Missverständnissen über Qualifikation und Tätigkeit vorzubeugen und damit zum Wohl der Patienten und ihrer Sicherheit beizutragen.
Heilpraktiker
üben in Deutschland selbstständig die Heilkunde nach §1 Heilpraktikergesetz (HeilprG) aus. „Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.“ (§1, Abs. 2)
Definition: Heilkunde (Heil = Gesundheit; Kunde = Kenntnis)
Wissenschaft und praktische Ausübung
der Medizin
Synonym: Heilkunst
Die Heilpraktiker-Erlaubnis wird nicht erteilt, „wenn sich aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers durch das Gesundheitsamt, die auf der Grundlage von Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktiker-Anwärtern durchgeführt wurde, ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die ihn aufsuchenden Patienten bedeuten würde.“ (§2, Abs. 1, Buchstabe i HeilprGDV 1)
Die Inhalte der Überprüfungsleitlinien sind vielfältig: Neben allgemeinen medizinischen Kenntnissen, z.B. den notwendigen zur Erkennung und Behandlung von physischen und psychischen Erkrankungen, müssen Anwärter anwendungsorientierte medizinische Kenntnisse nachweisen. Darüber hinaus müssen sie eine umfassende Anamnese erheben, einschließlich eines psychopathologischen Befundes, sowie dem Heilpraktikerberuf angemessene Methoden der Patientenuntersuchung anwenden können.
Dabei müssen sich Heilpraktiker immer der Grenzen ihrer diagnostischen und therapeutischen Methoden bewusst sein, Notfälle erkennen und abwenden bzw. eine angemessene Erstversorgung sicherstellen können und etwaige Arztvorbehalte beachten sowie im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht zu Fachärzten verweisen.
Freier Heilberuf
Heilpraktiker üben ihre Tätigkeit auf Basis besonderer beruflicher Qualifikation und schöpferischer Begabung aus. Sie zählen zu den Freien Berufen, deren Berufszulassung wie die meisten anderen Heilberufe nicht über das Berufsbildungsgesetz (BBiG) und das Gesetz zur Ordnung des Handwerks (HwO), sondern über eine eigene Gesetzgebung, namentlich das „Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung“ (also ohne Approbation), reguliert wird.
Was sind Heilberufe?
Berufe, deren Tätigkeit die Heilung von Krankheiten und die medizinisch-helfende Behandlung und Betreuung von Patienten erfasst, fallen in die Kategorie Heilberufe.
Unterschieden werden
ärztliche Heilberufe z.B. Arzt, Zahnarzt, Tierarzt
nicht-ärztliche Heilberufe z.B. Heilpraktiker, Psychotherapeut, Hebamme
Deshalb ist der Heilpraktikerberuf, wie andere auch, kein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf. „Nur für einen Teil der Gesundheitsberufe ist der Staat zuständig; viele entwickeln sich auch ohne Reglementierung, ohne dass es eine staatliche Ausbildungsregelung gibt.“ (Quelle: BMG)
Berufstyp „Sonstige Ausbildung“
Laut Bundesagentur für Arbeit gibt es Berufe, die nicht durch eine reguläre schulische oder duale Ausbildung erlernt werden können. Dazu gehört – aufgrund seiner Besonderheit – auch der Beruf des Heilpraktikers. Demnach handelt es sich um eine Ausbildung, die durch „interne Vorschriften der Lehrgangsträger geregelt ist“. Diese bereitet auf die amtsärztliche Überprüfung vor, der man sich unterziehen muss, um den Beruf ausüben zu dürfen. Anders gesagt: Ohne diese Überprüfung ist die Ausübung des Berufes nicht erlaubt. Wer dagegen verstößt, muss mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe rechnen.
Heilpraktiker als Abbild der Therapievielfalt
Hintergrund ist, dass die dem Heilpraktiker zur Verfügung stehenden Therapiemethoden meist auf der überlieferten Naturheilkunde basieren. Laut einigen Schätzungen werden in deutschen Heilpraktikerpraxen zwischen 400 und 450 verschiedene Methoden angewandt. Diese Vielfalt bietet die Möglichkeit, sich an den Bedürfnissen der Patienten auszurichten.
Jedoch kann diese Zahl von Behandlungsmethoden unmöglich in eine Ausbildung aufgenommen werden – und gerade im Hinblick darauf, dass die WHO aktuell die Länder der Welt auffordert, ihre jeweilige traditionelle und komplementäre Medizin in die nationalen Gesundheitssysteme zu integrieren, wäre eine Beschränkung auf wenige Therapien in einer einheitlichen Ausbildung eine nicht hinnehmbare Beschneidung der Therapievielfalt und -freiheit.
„Die traditionelle und komplementäre Medizin ist eine wichtige und häufig unterschätzte Gesundheitsressource mit vielen Anwendungen, insbesondere zur Prävention und Behandlung von chronischen Krankheiten im Zusammenhang mit dem Lebensstil und zur Deckung der Gesundheitsbedürfnisse alternder Bevölkerungsgruppen.“ (Quelle: WHO)
Voraussetzungen zur Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung
Die Mehrheit der angehenden Heilpraktiker entscheidet sich für eine Ausbildung an einem privaten Ausbildungsinstitut. Es handelt sich um ein Ausbildungsmodell, das sowohl Merkmale eines Studiums als auch eines fachpraktischen Unterrichts enthält. Von seinem Selbstverständnis her ist der Heilpraktikerberuf stark auf die Praxis, also auf die heilkundlich-praktische Tätigkeit ausgerichtet. Von den Anwärtern wird eine gewisse charakterliche und persönliche Reife erwartet (Überprüfungsalter mindestens 25 Jahre). Menschen, die den Beruf wählen, haben also meist schon eine gewisse Lebenserfahrung und auch Erfahrung bzw. Vorbildung aus anderen Berufen. Deshalb kann die theoretische Ausbildung oftmals auf das Wesentliche konzentriert werden. Theoretisches Wissen ist dabei insofern von Bedeutung, wie es für die praktische Tätigkeit und den Patientenschutz erforderlich ist.
Ergänzende Gesundheitsangebote
Heilpraktiker verstehen sich und ihr Angebot als eine Ergänzung der von den Krankenkassen finanzierten vertragsärztlichen Versorgung nach §12 Abs. 1 SGB V: „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.“ Sie komplettieren mit ihren Angeboten die individualmedizinische Versorgung bedarfsgerecht.
Derzeit praktizieren in Deutschland ca. 47000 Heilpraktiker. Sie üben ihren Beruf zeitgemäß und unter modernsten Bedingungen aus und passen dies an die bestehenden gesetzlichen Anforderungen an Heilberufe im Gesundheitswesen an.
Die Aufsicht über die in Deutschland tätigen Heilpraktiker obliegt dem jeweils zuständigen Gesundheitsamt. Die Berufsausübung von Heilpraktikern wird direkt und indirekt durch zahlreiche Gesetze und Rechtsvorschriften reguliert.
Heiler/Geistheiler
haben keine Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach HeilprG. Eine „Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen“ ist ihnen nicht erlaubt. Sie arbeiten auf einer anderen Ebene, einer geistigen, und verstehen ihre Heilweisen als ein Angebot an Hilfesuchende. Es geht um Prinzipien wie Eigenverantwortung, Bewusstwerdung, Wohlbefinden und Selbstheilkraft („Heil“ = Glück, Wohlbefinden, Beistand und Segen). Heiler wenden geistig-spirituelle Methoden an.
So entschied bereits am 2. März 2004 das Bundesverfassungsgericht (AZ: 1 BvR 784/03): „Ein Heiler, der spirituell
wirkt und den religiösen Riten näher steht als der Medizin, weckt im Allgemeinen die Erwartung auf heilkundlichen
Beistand schon gar nicht“ und: „Hingegen dürften ganz andersartige, ergänzende Vorgehensweisen, z.B. die
Krankensalbung, das Segnen oder das gemeinsame Gebet, wohl kaum den Eindruck erwecken, es handle sich um Ersatz für
medizinische Betreuung“. Weiter heißt es: „Die Forderung an den Beschwerdeführer, eine Heilpraktikerprüfung
abzulegen,
ist unangemessen, weil eine solche Prüfung mit der Tätigkeit, die der Beschwerdeführer Impressum
(Heiler) auszuüben beabsichtigt, kaum noch in einem erkennbaren Zusammenhang steht. Die in der Heilpraktikerprüfung
geforderten Kenntnisse in Anatomie, Physiologie, Pathologie sowie Diagnostik und Therapie kann er sämtlich bei seiner
Arbeit nicht verwerten“.
Abgrenzung und Hinweispflicht
Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts beschränkt sich die Heilertätigkeit auf die Aktivierung der Selbstheilkräfte von Klienten durch Handauflegen. Die damit verbundene Gesundheitsgefahr könne nur im Versäumen ärztlicher Hilfe liegen. Es müsse sichergestellt werden, dass ein solches Unterlassen nicht veranlasst oder gestärkt wird. Deshalb müssen Heiler vor (!) Beginn ihrer Tätigkeit ausdrücklich darauf hinweisen, dass geistiges Heilen die Tätigkeit von Ärzten nicht ersetzt. Diese Info kann den Kunden entweder als Merkblatt vor Behandlungsbeginn übergeben werden oder auf einem gut sichtbaren Aushang im Behandlungszimmer stehen.
Die Abgrenzung zwischen heilkundlichen und nicht-heilkundlichen Tätigkeiten ist im Einzelfall schwierig.
Kurz gesagt: Geistiges Heilen, bei dem gezielt auf Krankheiten eingegangen wird, ist Heilkunde und erlaubnispflichtig; ebenso nach wie vor das Aktivieren von Selbstheilungskräften, wenn es nicht über Energieübertragung geschieht, also nicht nur „geistig“ ist. Auch das Übertragen von Heilenergie fällt unter das Heilpraktikergesetz, da hierbei geheilt und nicht nur Selbstheilung aktiviert wird. (Quelle: VFP e.V.)
Homöopathen
Ein Homöopath ist umgangssprachlich eine nach den Regeln der Homöopathie arbeitende Person. Der Verband klassischer Homöopathen Deutschland e.V. (VKHD) beschreibt die Homöopathie wie folgt: „Die Homöopathie ist eine eigenständige, arzneiliche Therapieform. Begründet wurde sie vom deutschen Arzt Samuel Hahnemann (1755-1843). Sie basiert auf klar definierten Heilgesetzen. Die Arzneimittelwahl erfolgt nach dem Ähnlichkeitsprinzip. Bei einem Krankheitsfall wird diejenige Arzneisubstanz für sich allein und in kleinstmöglicher Gabe eingesetzt, die in einer homöopathischen Arzneimittelprüfung Symptome hervorzubringen in der Lage ist, die den Symptomen des Kranken am ähnlichsten entsprechen. In der Regel werden die Arzneien in potenzierter Form verabreicht.“
Die Homöopathie gehört laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den „Besonderen Therapierichtungen“, denn „ausgehend von einem Wissenschaftspluralismus auf dem Gebiet der Arzneimitteltherapie sieht das AMG ausdrücklich die Berücksichtigung spezifischer Aspekte der Besonderen Therapierichtungen vor“.
Wer darf in Deutschland homöopathisch behandeln?
Ärzte und Heilpraktiker. Den Beruf des Homöopathen gibt es nicht! Deshalb ist die Bezeichnung „Homöopath“ auch nicht rechtlich geschützt. Nichtsdestotrotz sollten Heilpraktiker die Bezeichnung „Homöopath“ nicht allzu unbedarft nutzen. Das Wettbewerbsrecht ist sehr streng: Weil aus Verbrauchersicht durch die Bezeichnung ein Beruf mit staatlichem Zugang assoziiert wird, würde eine Irreführung vorliegen.
Es gibt auch keinen „Heilpraktiker für Homöopathie“. Das Wort „für“ drückt (parallel zu Ärzten oder Rechtsanwälten) ein geregeltes Fachgebiet aus, das für Heilpraktiker nicht existiert. Heilpraktiker müssen ihre Spezialisierung deshalb so kommunizieren: Heilpraktiker, Tätigkeitsschwerpunkt: Homöopathie.
Fazit
Heilpraktiker üben Heilkunde nach §1 Heilpraktikergesetz (HeilprG) aus. Der Begriff „Heilpraktiker“ ist daher eine gesetzlich geschützte Tätigkeitsbezeichnung.
Heiler hingegen besitzen keine Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde. Sie arbeiten unterhalb der „Heilkundeschwelle“, wo eine „generelle Gefährlichkeit“ der konkreten Handlung nicht anzunehmen ist. (Bundesverwaltungsgericht, NVwZ-RR 2011, 23, zur Erlaubnispflicht der Synergetik-Therapie)
Homöopathen sind also entweder Ärzte oder Heilpraktiker, die mit der besonderen Therapierichtung Homöopathie arbeiten.
Ausblick
In der nächsten Ausgabe widmen wir uns der Differenzierung von traditioneller, komplementärer, alternativer und integrativer Medizin.
Sonja
Kohn
Heilpraktikerin, Mitglied im Vorstand des VUH
Foto: © upixaadobe.stock.com
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