Fallstudie aus der tierheilkundlichen Praxis
Falstudie aus der tierheilkundlichen Praxis
Huhn mit unklarer Lähmungserscheinung
Eine Kundin ruft mich wegen eines ihrer Hühner an und bittet um meine Einschätzung. Im ersten Moment deutet alles auf die hochansteckende Marek’sche Erkrankung hin. In diesem Fall wäre eine Behandlung nicht nur unmöglich, sondern für Tierheilpraktiker in Deutschland auch verboten (meldepflichtig!).
Vorgeschichte
Das 1,5-jährige Huhn war morgens noch fit und benahm sich wie immer. Um die Mittagszeit änderte sich alles. Es wirkte wie eine plötzliche Lähmung. Das Huhn versuchte zu laufen, konnte es aber nicht. Selbst Stehen war nicht mehr möglich. Das Tier saß schließlich nur noch da, ein Bein nach vorne gestreckt, das andere war nicht mehr zu sehen. Die Besitzerin fand im Internet nur Einträge über die Marek’sche Erkrankung. Hiergegen waren ihre Hühner nicht geimpft.
Einschätzung
Mein erster Gedanke ist auch sofort: Marek. Die typische Körperhaltung infizierter Hühner ist gegeben. Auch stelle ich am linken Auge eine Veränderung der Iris fest. Allerdings erfahre ich, dass dies schon immer so war. Am Körper sind keine ungewöhnlichen Knötchen zu erkennen. Kamm und Kehllappen weisen eine normale rote Färbung auf.
Andere Hühner sind nicht betroffen. Es gibt weder Neuzugänge noch Veränderungen im Stall, im Futter oder im Freilauf. Es wäre auch das erste Mal, dass dieses Krankheitsbild bei den Hühnern meiner Kundin aufträte. Das Alter des Huhnes liegt zudem weit über dem von befallenen Tieren, da das Virus typischerweise vorwiegend Küken und Junghennen angreift. Somit schließe ich den Verdacht auf Marek aus.
Anamnese
Das Huhn trinkt fast gar nichts mehr und frisst nur noch wenig. Entsprechend ist es sehr dünn, das Brustbein lässt sich deutlich ertasten. An den Ständern lässt sich nichts Außergewöhnliches feststellen: keine Kalkbeine, keine Abszesse an den Ballen. Die Beine fühlen sich normal an. Es gibt keine erwärmten Bereiche, die auf eine Entzündung hindeuten könnten. Im Gegenteil: Aufgrund der Bewegungseinschränkung sind beide Beine deutlich kühl. Vor allem ist das linke Bein betroffen. Es scheint taub zu sein, das Huhn zeigt kaum Reaktion auf Berührungen.
Die Mauser ist bei diesem Tier gerade durch. Einige andere Hühner stecken noch sichtbar im Federwechsel. Wetterbedingt sind die Ausläufe leider matschig. Nichtsdestotrotz machen die anderen Hühner allesamt einen guten Eindruck. Das Futter besteht aus mehligem Körnerschrot sowie Feuchtfutter mit Kartoffeln und Möhren. Zu trinken gibt es eine Kräuterteemischung mit Brennnessel, Ringelblume, Schafgarbe und Oregano.
Aufgrund der aktuellen Erkrankung legt die Patientin derzeit keine Eier mehr. Ihr Kot ist wesentlich dünnflüssiger als normal und zeigt zudem eine gelbliche Verfärbung. In einem Kothäufchen lässt sich ein Wurm erkennen.
Als Erstmaßnahme für ihr erkranktes Huhn hat die Besitzerin Spirulina mit ins Futter gegeben und die Kräuterteemischung mit CBD angereichert. Sie massiert sogar die Beinchen in der Hoffnung, dass sich die Lähmung hierdurch verbessert. Um es vor den anderen Hühnern zu schützen, wird es separiert.
Therapiemaßnahmen
Trotz der geplanten Maßnahmen will ich der Besitzerin nicht allzu große Hoffnungen machen. Ihr Engagement und der Wunsch, ihrem Huhn zu helfen, sind jedoch ungemein groß.
Folgender Therapieplan soll das Tier wieder auf die Beine bringen:
Um den Kot zu verbessern und Parasiten entgegenzuwirken, sollen alle Hühner für 5 Tage geraspelte Möhren und geschrotete Leinsamen mit Kokosöl vermischt zu fressen bekommen. Aktivkohle wird zur Entgiftung ins Futter gemischt. Für das erkrankte Huhn gibt es zudem MSM (Methylsulfonylmethan). Der organische Schwefel kann entzündungshemmend und schmerzlindernd auf den Bewegungsapparat wirken. Zusätzlich soll die Durchblutung in den Beinen durch eine Massage mit Lorbeeröl angeregt werden.
Verlauf
Bereits nach 3 Tagen gibt es die erste positive Rückmeldung: Das Huhn bewegt sich wieder etwas und steht auf seinen Beinen, auch wenn alles nur sehr langsam und staksig verläuft.
Der Kot verbessert sich. Morgens nach dem Trinken ist er immer noch etwas dünn; jedoch ist es auch hier positiv zu bewerten, dass das Huhn endlich wieder mehr Flüssigkeit zu sich nimmt. Noch erstaunlicher: Es beginnt, wieder täglich Eier zu legen.
Um der Patientin etwas mehr Lebensfreude zurückzugeben, wird ein zweites Huhn mit einem ruhigen Gemüt zu ihr gesetzt. Die Gesellschaft scheint ihr gut zu tun und animiert zur Bewegung.
Unterstützt von MSM und der täglichen Lorbeeröl-Massage bessert sich der Zustand zusehends. Nach 7 Tagen bewegt sich das Huhn schon deutlich besser. Man kann von Laufen sprechen, auch wenn ein sichtbares Hinken des linken Beines zu erkennen ist.
Ergebnis
Nach 14 Tagen erhalte ich ein Video mit einem fantastischen Ergebnis: Das Huhn scharrt wieder, und das sogar mit dem linken Bein. Es überwindet kleine Hindernisse im Gehege und macht auch sonst wieder einen sehr guten Eindruck. Die Separierung ist inzwischen aufgehoben.
Fazit
Dank des großartigen Einsatzes ihrer Besitzerin hat das Huhn wieder ein normales Leben. Die vorübergehende Lähmungserscheinung wurde mit Hilfe naturheilkundlicher Maßnahmen erfolgreich behandelt.
Nina Kempf
Tierheilpraktikerin mit Schwerpunkten Phytotherapie, Homöopathie, Parasitenbehandlung
und Klauenpflege
kontakt@nutztierheilpraktikerin.de
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