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Naturheilkunde
Lesezeit: 5 Minuten

Glosse: Wie wir uns und unsere Kinder ernähren

Vom Konzept des Vertrauens

„Es war einmal eine Zeit…“ – so fangen Märchen an. Ja, es gab sie: die Zeit, in der wir Kinder von dem lebten, was unsere Mütter und Großmütter an Broten geschmiert und an Essen gekocht haben. Da lebten wir von der Handarbeit in unseren Familien. Von Hand gezogen und gemacht. Die Omas hatten schrundige Hände, und die Opas haben sich den Buckel krumm gearbeitet. Diese Zeit ist vorbei. Seitdem hat sich die Lebenserwartung verdoppelt: von Bismarck bis zur Gegenwart von 40 auf rund 80 Jahre im Durchschnitt.

Heute leben wir jedoch in einer Zeit, in der wir immer weniger davon haben:

Zeit, ein gutes Brot zu backen – selbst dem Bäcker ist sie ausgegangen; er hat eigentlich gar kein Handwerk mehr, außer Backmischungen in den Ofen zu schieben.

Zeit, gesund zu essen – gar mit Zutaten aus eigener Herstellung zu kochen? Schmeckt Ihnen denn das moderne Fast Food? Also, mir nur noch selten. Für Kinder gibt es Nudeln, die sie so mögen, ich weiß, z.B. jene von dieser italienisch klingenden Firma. Hierzu gehört eine „Tomatenzubereitung“, was auch immer das sein mag. Und wenn wir unseren Kindern ein Schulbrot mitgeben wollen, was sollen wir drauf tun? Mortadella, die nicht mehr nach Mortadella schmeckt? Käse, der von Kunstmilch abstammt? Vegane Pasten, in denen die Pastinaken von ihrer Doldenblütler-Herkunft nur noch träumen?

Es kommt noch dicker: Heute leben wir in großen Teilen von dem, was uns Schnellrestaurants anbieten und superschnelle Lieferservices an die Haustür bringen. Schneller, als es der Backofen hergibt. Soll ich Ihnen wirklich etwas über gesunde Ernährung schreiben? Das wissen Sie doch selbst; und das schlechte Gewissen wühlt ja auch nur im Untergrund, nur so ein bisschen halt. Aber dieser Untergrund hat es in sich!

Wir sind nun 60 Jahre von Omas Stulle und Jahrtausende von der Steinzeit entfernt, aber unser Körper weiß das immer noch nicht. Der will weiterhin das Altbewährte. So schnell, wie die industrielle Lebensmittelherstellung sich entwickelt, kommt die Evolution nicht hinterher. Welten prallen aufeinander, eine äußere und eine innere.

Die Diabetes-Prävalenz liegt laut WHO in Deutschland mittlerweile bei 9% der Bevölkerung, 90% davon sind Typ-2-Diabetiker. Diabetes kommt in der sozialen Unterschicht häufiger vor als in der Mittel- oder Oberschicht. Wirtschaftliche Armut wirkt sich unmittelbar und mittelbar auf Gesundheit und Lebenserwartung aus. Rund 20% der Ausgaben der Krankenversicherungen wurden im Kontext von Diabetes (Typ 1 und v.a. Typ 2) aufgewendet. Und welcher Mensch, der an der wirtschaftlichen Armutsgrenze lebt, kann sich die Honorare für einen Heilpraktiker leisten?

Die Welt ist ungerecht! Aber das wissen wir ja auch schon. Also, was tun?

Das Hohelied des gesunden Lebens bekommen wir im Internet chorweise gesungen. Es ist kurz- und auch langfristig teurer als die Ernährung von Klopsketten: Gute Nahrung ist teurer als billiger Füllstoff, der uns zwar voll, aber nicht satt macht. Und dass wir von guter Nahrung länger leben können, erfordert u.a. auch bessere Renten.

Was wir brauchen, gerade wir Heilpraktiker, ist eine Vorstellung von einem ganzheitlich gesunden Leben, nicht nur zu wissen, wie sich unsere Ahnen ernährt haben. Die Jagd ist ohnehin vorbei und kommt nicht wieder. Wir brauchen dringend ein Konzept, das Folgendes enthält:

  • Ganzheitlichkeit von Körper, Seele und Geist
  • Verbundenheit mit unseren Mitmenschen und dem sozialen Umfeld, und die Freiheit, unser Potenzial zu entfalten
  • Die Möglichkeit, den Kontakt zu uns selbst, unseren Bedürfnissen und wenigstens zum Wissen unserer Ahnen zu halten (denn ihren Lebensstil wollen wir auch nicht zurückhaben)

Aus diesen Zutaten ergibt sich dann Gesundheit.

Wie können wir das unseren Kindern bloß vermitteln? In diesem moralischen Dilemma stecken die meisten von uns. Hierzu eine Anekdote aus dem Leben mit meiner kleinen Tochter. Sie: „Papa, ich hab Hunger.“ Ich: „Und, was willst du essen?“ „Weiß nicht.“ „Sollen wir mal zum Kühlschrank gehen?“ „Ja.“ Am Ende wollte sie eine Mohrrübe.

Wir jedenfalls haben unseren Kindern nichts von gesunder Ernährung beigebracht. An die Schokolade hätte meine Tochter jederzeit gekonnt, und eine Stulle hätte ich ihr auch geschmiert und nach Wunsch belegt. Aber eine Mohrrübe sollte es sein. Ich frage mich, was sie dazu gebracht hat, sich so zu entscheiden, und habe da eine Vermutung: Wir haben sie in Kontakt mit sich selbst gelassen.

Wie Erziehung funktioniert, weiß ich auch nach dem vierten Kind noch nicht, aber ich weiß, was funktioniert: Vertrauen. Meinerseits. Dass es mit diesem einen Satz getan ist: Sie wird‘s schon wissen! Und sie wusste es. Das ist alles, was ich nach vier Kindern noch anbieten kann: Vertrau ihnen einfach, sie wissen es schon.

Dieses Konzept des Vertrauens zu vermitteln, stößt oft auf elterliche Einwände, die beginnen mit „Ja, aber man muss doch…“, und dann verlaufen sie sich in den Banalitäten des „man“.

Das Konzept selbst klappt aber ziemlich gut. Vielleicht nicht mehr lange – inzwischen ist meine Tochter in der Schule und will, was ihre Freundinnen auch wollen. Aber womöglich irgendwann wieder. Denn sie hatte schon einmal den Kontakt zu sich selbst und ihren Bedürfnissen, und der wird nicht verloren gehen.

Hofft jedenfalls

Thomas Schnura
Psychologe M.A., Heilpraktiker und Dozent

Thschnura@aol.com

Foto: © kaganskaya115 I adobe.stock.com

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