Körperübung: Der Tanz des Rochens
Os sacrum, Iliosakralgelenk und Becken
Dieser Artikel vertieft die Inhalte meines Beitrags „Kraftzentrum Mitte für einen gesunden Rücken – Beckenboden“ (Paracelsus 06/21) und bietet eine visuelle Ergänzung zum Text „Tanz des Rochens“ aus 02/12.
Beckenboden
Diese handtellergroße, aus drei Schichten bestehende Muskulatur, die wir bereits als „Schatz im Schoß“ und „Inneren Diamanten“ im Rahmen der Körperübung „Stand der Kraft“ kennengelernt haben, soll hier gezielt weiter erspürt und erklärt werden. Dazu liegt der Schwerpunkt zunächst auf den knöchernen Strukturen, Gelenken und wichtigen Nerven des Beckens.
Der Beckenboden ist der Schlüssel zu allen Bewegungen und einer guten Körperhaltung. Ist er verkrampft, blockiert er die nötigen Beckenbewegungen und schränkt eine sinnvolle Gewichtsübertragung des Rumpfs auf die Beine ein. Wirbelsäule, Hüft- und Kniegelenke können in Folge zu stark belastet werden.
Beckenbodentraining fängt bereits im Mundraum mit einem entspannten Kiefer an. Zusammengebissene Zähne, eine Zunge, die fest gegen den Gaumen drückt, sowie angespannte Gesichtszüge erschweren die richtige Ansteuerung der Beckenbodenmuskeln. Denn Becken und Kiefer sind reflektorisch miteinander verknüpft.
Beckengürtel
Das knöcherne Becken besteht grob aus drei großen Teilen: den beiden Darmbeinen (lat. Ilia), dem Kreuzbein (lat. Os sacrum) mit Steißbein (lat. Os coccygis) und der knorpeligen Verbindung (lat. Symphyse) über der Schambeinfuge auf der Körpervorderseite.
Der Kreuzbeinknochen hat die Form eines Rochens und ist so groß wie unsere Hand. Eine Hand, mit den Fingern nach unten auf den unteren Rücken gelegt, könnte unser Kreuzbein bedecken. Der Mittelfinger würde dabei unser Steißbeinschwänzchen berühren.
Zwischen Darmbeinen und Kreuzbein finden wir jeweils ein Iliosakralgelenk (ISG). Zudem existiert ein planes Gelenk zwischen Kreuzbein und 5. Lendenwirbel (Achtung: 4% unter uns haben nur 4 LW). Dieses ist dafür verantwortlich, dass wir uns drehen und nach vorne beugen können. Schließlich gibt es ein kleines Gelenk zwischen Kreuz- und Steißbein. Der Beweglichkeit und Stabilität all dieser Gelenke dienen die sie umspannenden Bänder und Faszien.
Plexus lumbalis und Plexus sacralis
Der Plexus lumbalis wird von sämtlichen Spinalnerven der Lendenwirbelsäule gebildet. Die aus ihm hervortretenden Nerven versorgen die Beckenregion und Vorderseite der Beine.
Der Plexus sacralis wird von den unteren Lendennerven gebildet, die aus L4, L5 und den Kreuzbeinnerven (S1-S4) austreten. Der wichtigste Nerv, der aus diesem Geflecht hervorgeht, ist der Ischias, eine Kombination aus Schien- und Wadenbeinnerv.
Barbara von den
Driesch
Wellness- und Bewegungstrainerin, Präsidentin des Fachverbandes Wellness, Beauty und Gesundheit
e.V.
vondendriesch@wellness-fachverband.de
Übung „Der Tanz des Rochens“
Ohne die ISG könnten wir nicht gehen, und dennoch verursachen gerade sie oft Probleme. Daher ist es wichtig, sie zu „schmieren“ und auch einmal anders als im Gehen zu bewegen. Deshalb widmen wir uns nun dem „Tanz des Rochens“.
Diese Übung soll das Erspüren Ihres Beckens vertiefen und der Prävention von Blaseninkontinenz, Rückenschmerzen, Knie-, Hüft- und Fußproblemen dienen. Mithilfe des Bildes eines im Meer schwimmenden Rochens sollen sich Ihre Nerven entspannen und regenerieren. Ihre Muskulatur darf sich im Wechsel zwischen Spannung und Entspannung wieder im gesunden Tonus einpendeln.
Sie brauchen hierfür eine Gymnastikmatte oder einen weichen Teppich sowie eine flauschige Decke, die Sie rechteckig falten, damit Sie unter Ihrem Becken eine weiche Unterlage haben. (In der Beschreibung des Videos, das Sie über den QR-Code abspielen können, wechsle ich in die Du-Form, dann fühlen wir uns wohler).
In den weichen Sand eingraben
Legen Sie sich über die Seite auf den Rücken. Die Decke liegt unter Ihrem Becken. Die Beine sind hüftgelenksbreit aufgestellt, Füße stehen parallel. Die Beinhaltung im Liegen ist derjenigen im „Stand der Kraft“ ähnlich: weder X-Bein- noch V-Stellung.
In Ihrer Vorstellung verwandelt sich Ihr Kreuzbein nun in einen Rochen, der sich im Meer in den weichen Sandboden hineinbuddelt, deshalb sollte die Decke flauschig sein. Durch weiche, wellige Bewegungen um die Iliosakralgelenke herum erspüren Sie über den unterschiedlichen Kontakt mit dem Untergrund Ihr Becken (Übergänge LWS und Steißbein).
Im Meer schwimmen
Geben Sie nun Kraft in Ihre Füße und Beine und heben ganz langsam Ihren Rochen resp. Ihr Becken in die Höhe, dann schwimmen Sie schwebend (tanzend) durchs imaginative Meer. Nach einiger Zeit halten Sie inne und ziehen Ihren Dammpunkt, wo sich alle drei Beckenbodenschichten treffen, mit einer kräftigen Ausatmung nach innen oben und halten die Spannung 2-3 Atemzüge lang. Es ist jetzt keine Bauchatmung, sondern nur Brustatmung möglich. Vielleicht spüren Sie, wie sich die Spannung auf Ihrer Oberschenkelinnenseite fortsetzt. Langsam und behutsam lösen Sie diese Spannung wieder und lassen den Rochen noch eine Weile weiterschwimmen.
Absinken lassen
Im Anschluss lassen Sie zunächst den obersten in der Luft befindlichen Wirbel, meistens ist das Th12 oder L1, ganz langsam in Richtung Boden absinken und setzen dies mit den nächsten Wirbeln fort. Wirbel für Wirbel, Dornfortsatz für Dornfortsatz gräbt und schmiegt sich Ihre Wirbelsäule langsam wieder in die Unterlage, bis der „Becken-Rochen“ am Boden liegt.
Abschließend strecken Sie Ihre Arme in Schulterhöhe gerade und mit den Handflächen nach oben, also in T-Form, neben Ihrem Körper aus. Die Beine gleiten nach vorne auf die Decke. Lassen Sie das Echo der ausgeführten Bewegungen ausklingen. Nach einiger Genuss- und Entspannungszeit rollen Sie sich bitte langsam auf eine Seite und stützen sich mit dem Arm, auf dem Sie nicht liegen, wieder ins Sitzen hoch.
Viel Freude beim
Üben!
Ihre Barbara von den Driesch
Das Übungsvideo gibt‘s hier – einfach QR-Code scannen!
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