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Psychotherapie
Lesezeit: 6 Minuten

Das Krankheitsbild der Psychose

Definition

© lassedesignen - Fotolia.comDas Wort Psychose kommt aus dem Griechischen, psychosis, ursprünglich „Beseeltheit“, von psyche, „Seele“, „Geist“ und der Endung osis, „(krankhafter) Zustand“. Psychosen sind demnach krankhafte Geisteszustände mit erheblicher Beeinträchtigung der psychischen Funktionen. Es sind im Allgemeinen psychische Zustände, in denen man Veränderungen des Erlebens und Verhaltens des Betroffenen beobachten kann.

Wenn eine Psychose plötzlich und heftig auftritt, nennt man diese eine „psychotische Krise“ oder „Schub“. Wenn sie richtig behandelt wird, klingt sie zumeist rasch ab. Eine Psychose ist oft nur ein vorübergehender Zustand, der mehrfach im Leben eines betroffenen Menschen auftreten kann. Für ihn hat sich seine Umwelt verändert, nicht er, wodurch er keine Krankheitseinsicht erreichen kann. Die Psychose zeigt in ihren Symptomen die Merkmale des Realitätsverlustes und Halluzinationen, vor allem im Wahn.

Erste Anzeichen einer Psychose

Die Betroffenen werden empfindsamer und verletzlicher, sie stehen in einer ständigen Auseinandersetzung ihres Fühlens und Denkens. Sie erleben sich selbst oder andere auf eigenartige Weise verändert und fremd, so dass sie verunsichert sind, woraus sich zumeist wiederum Probleme mit dem Umfeld ergeben. Menschen, die zum ersten Mal Symptome einer Psychose erleben, verstehen nicht, was mit ihnen geschieht. Erste Anzeichen werden fehlinterpretiert oder nicht wahrgenommen.

Ursachen von Psychosen

Sie werden verschiedenen psychiatrischen Krankheiten zugeordnet. Sie können organische Ursachen oder nicht organische Ursachen haben:

  • die exogene (organische bedingte) Psychose
  • die endogene (nicht organisch bedingte) Psychose

Die exogene Psychose hat nachweislich eine körperliche Ursache, die durch Verletzungen und Erkrankungen, z.B. Schädelhirn-Verletzungen, Entzündungen, Vergiftungen, Tumore oder Schlaganfall, hervorgerufen werden. Auch in den Formen der Demenz, z.B. vom Alzheimer-Typ, können sie auftreten. Psychosen können ebenfalls durch den Missbrauch von Drogen wie Haschisch und Amphetaminen wie „Speed“, „Ecstasy“ u.a. verursacht werden. Man spricht dann von einer „drogeninduzierten Psychose“. Aber auch Alkoholentzug kann einen psychotischen Zustand auslösen, beispielsweise im Delirium.

Die endogenen Psychosen sind auch Bestandteil der Schizophrenien, der schizoaffektiven Störungen und der affektiven Störungen, wie z.B. der Manie, den bipolaren Störungen und der Depression. Es ist unklar, wie eine endogene Psychose entsteht. Es spricht alles dafür, dass nicht nur eine Ursache der Grund zur Entstehung dieser psychischen Erkrankung ist. Es wird eine Hirnstoffwechsel-Fehlregulation vermutet. Das heißt, es liegen Störungen bei den Überträgersubstanzen, den Transmittern vor: Serotonin, Dopamin und Noradrenalin im zentralen Nervensystem. In der Familie bestehende Vorbelastungen sowie psychosoziale Faktoren, wie die mitmenschliche Umwelt, schwerwiegende Lebensumstände, negativer Stress etc. werden ebenfalls als Auslöser angenommen. Nur das Zusammenwirken mehrerer Umstände kann zu einer Psychose führen. Jedoch ist die endogene Psychose in ihrer Ätiologie noch immer nicht geklärt.

Symptome

Wie schon beschrieben, verändert sich in einer Psychose die Wahrnehmung, das Denken, Fühlen und Verhalten der Betroffenen. Charakteristische Symptome sind Realitätsverlust, Halluzinationen, Störung des Denkens, Wahnvorstellungen, verändertes Verhalten, Gefühlsreaktionen sowie Körperwahrnehmungen. Der Realitätsverlust zeigt sich dadurch, dass die Erkrankten ihre Umwelt sowie sich selbst befremdlich und verändert wahrnehmen. Die Schwierigkeit für sie liegt darin, zwischen Wirklichkeit und Phantasie zu unterscheiden. Die Umwelt wird als beängstigend und bedrohlich empfunden, nicht mehr als selbstverständlich und vertraut.

Halluzinationen, die sich beim Betroffenen in einer Psychose zeigen

  • Akustische Halluzinationen:
    Er hört Stimmen, die befehlend oder dialogisch (Rede und Gegenrede) bis kommentierend sind; einzelne Worte, ganze Sätze oder Geräusche werden gehört.
  • Optische Halluzinationen:
    Er nimmt schemenhafte Gestalten, Gegenstände, Farben oder Blitze war.
  • Olfaktorische Halluzinationen:
    Er hat den Eindruck, Gerüche, Gase bis hin zu Gestank wahrzunehmen.
  • Gustatorische Halluzinationen:
    Er stellt eine negative Veränderung im Geschmackserleben fest.
  • Taktile Halluzinationen, negative Hautempfindungen:
    Er fühlt sich gewürgt oder verbrannt. Es kommt auch vor, dass er das Gefühl hat, etwas krabbelt auf oder unter der Haut bzw. in den Organen. Dabei handelt es sich um Dermatozoen- oder Enterozoenwahn.
  • Leibhalluzinationen, Zoenästhesien:
    Er meint, vertrocknet, aus Stein, verschrumpft oder aus Metall zu sein oder denkt, er würde schweben.

Weitere Symptome in einer Psychose können in formaler und inhaltlicher Form des Denkens vorhanden sein. Die Erkrankten haben Schwierigkeiten mit der Konzentration und logischen Abfolgen. So geraten alltägliche Gedanken durcheinander und können auch nicht mehr geordnet werden. Es werden unverständliche Dinge gesagt, die in keinem Zusammenhang stehen. Aufdrängende Gedanken können ebenfalls vorhanden sein, oder die Gedankengänge reißen vollständig ab.

Zu den formalen Denkstörungen gehören

gehemmtes, verlangsamtes, umständliches, eingeengtes Denken, Perseveration, Grübeln, Gedankendrängen, Ideenflüchtigkeit, Vorbeireden, Gedankenabreißen/ gesperrtes Denken, Inkohärenz/Zerfahrenheit und Neologismen.

Zu den inhaltlichen Denkstörungen gehören

Wahnstimmung, Wahnwahrnehmung, Wahneinfall, Wahngedanken, Wahnideen und der systematisierte Wahn. Der Wahn wird als eine nicht zu korrigierende, falsche Beurteilung der Realität bezeichnet. Die Betroffenen halten mit subjektiver Gewissheit an ihrer Fehlbeurteilung fest.

Menschen, die sich in einer Psychose befinden, weisen in ihrer Symptomatik auch Ich- Störungen auf. Diese werden in körperlichen Vorgängen sowie im Denken, Fühlen und Handeln als „von Außen gesteuert“ empfunden. Sie glauben z.B., dass jemand in ihren intimsten Gedanken lesen kann, diese von ihnen „abzieht“ oder dass sie von jemandem ferngesteuert werden. Außerdem können auch Symptome der Sprachverarmung (Alogie), Affektverflachung und Freudlosigkeit auftreten. Diese gehören zur „Minus-Symptomatik“ der Psychose. Die Sprachverarmung zeichnet sich durch Wortkargheit aus. Ein Gespräch kommt nicht zustande, auf Fragen kommen nur schwerlich oder keine Antworten.

Die Affektverflachung bezieht sich auf die Stimmungslage des Erkrankten. Er kann auf Ereignisse in seinem Umfeld nicht mehr adäquat reagieren, wirkt unbeteiligt, unterkühlt oder gleichgültig. Die Freudlosigkeit bezeichnet die Unfähigkeit, Freude oder Vergnügen zu empfinden beziehungsweise zu erleben.

Klassifikationen ICD-10 und rechtliche Auswirkungen einer Psychose

Der Begriff Psychose wird nur eingeschränkt im Klassifikationssystem der ICD-10 (International Classification of Diseases) gebraucht. Er ist stattdessen in verschiedenen Kapiteln aufgeführt.

Da sich die Psychose in ihrer Vielfältigkeit der Symptome bei verschiedenen Menschen unterschiedlich äußert, sich sogar die Symptome im Krankheitsverlauf ändern können, sind eine genaue Diagnose sowie eine Differenzialdiagnose sehr wichtig.

Die Behandlung einer Psychose erfolgt mit Medikamenten (Neuroleptika), die dämpfend auf das Nervensystem wirken. Klassische Neuroleptika beeinflussen den Botenstoff Dopamin an den Nervenzellen, die atypischen das Serotonin. Die aufgetretenen Halluzinationen und Wahnvorstellungen werden zurückgebildet, Spannungen, Angst und das Gefühl kontrolliert zu werden, lösen sich auf.

Klassische Neuroleptika sind z.B. Perphenazin, Bromperidol und Haloperidol.

Zu den atypischen Neuroleptika gehören u.a. die Wirkstoffe Risperidon, Quetiapin und Olanzapin. Andere Medikamente, die bei einer Psychose eingesetzt werden, sind: MAO-Hemmer, Moclobemid, Antiepileptika oder Carbmazepin. Weitere unterstützende Behandlung kann mit Psychotherapie, wie der Tiefenpsychologie, Verhaltenstherapie, Gestalt- oder Maltherapie, erreicht werden.

Menschen, die sich in einer Psychose befinden, können selbst- und fremdgefährdend sein. Deshalb darf eine Behandlung nur in Kliniken für Psychiatrie, von Ärzten für Psychiatrie, Psychiatern und Psychologen durchgeführt werden. Menschen, die in einer Psychose selbst- oder fremdgefährdend sind, erfüllen die Voraussetzung nach dem Bayerischen Unterbringungsgesetz (UnterbriG). Zuständig für die entsprechenden Maßnahmen sind die jeweiligen Kreisverwaltungsbehörden, z.B. Landratsämter.

Wer ist betroffen?

An einer Psychose kann jeder Mensch erkranken. Die Prävalenz ist rein statistisch gesehen sogar relativ häufig und liegt bei ca. 1 bis 2 % der Gesamtbevölkerung. Zum Vergleich: Es leiden in Deutschland 2 bis 4 % der Gesamtbevölkerung an „Diabetes mellitus“ (Zuckerkrankheit). In Deutschland sind laut Schätzungen 800 000 Menschen von Psychosen betroffen. Das Morbiditätsrisiko dieser Krankheit liegt zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr.

Abschließend ist zu sagen: Die Psychose steht als Überbegriff für verschiedenartige psychische Erkrankungen. Jeder Mensch könnte psychotisch werden, und so unterschiedlich und facettenreich wir Menschen in unserer Einzigartigkeit sind, so erzählt auch jede Psychose ihre eigene Geschichte. Unsere Gesellschaft sollte daher Betroffene nicht diskriminieren oder abstempeln, sondern ihnen mit Respekt und Verständnis begegnen.

Andreas Büttner Andreas Büttner
Psychologischer Berater (VFP), Hypnose- und Entspannungsverfahren, systemische Arbeit
andreas_buettner@hotmail.de

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