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Naturheilkunde
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Unsere Heilpflanze – Gewöhnlicher Andorn

Auch bekannt als: Weißer Andorn, Gemeiner Andorn, Helfkraut, Weißer Dorant, Mariennessel, Berghopfen, Mauer-Andorn, Marrubium album, Marrubium germanicum, Prasium marrubium, Weißleuchtkraut, Gotteshilfe, Gottvergessen

Der Gewöhnliche Andorn ist eine Pflanzenart aus der Gattung Andorn (Marrubium), die zur Familie der Lippenblütler (Lamiaceae) gehört. Er ist vom Mittelmeergebiet bis nach Zentralasien heimisch und wurde in weite Teile Nord- und Südamerikas sowie nach Australien verschleppt. In Mitteleuropa wurde die Art schon vor 1492 eingeführt (sie ist also ein Archäophyt). Älteste archäologische Nachweise in Mitteleuropa stammen bereits aus der Jungsteinzeit (4000 v. Chr.).

In unserer Region kommt der Gewöhnliche Andorn meist in der Umgebung von Dörfern auf trockenen Ton- und Lehmböden, auf Schuttplätzen und an Wegrändern vor. Seine Samen setzen sich wie kleine Dornen in Tierfellen fest und werden so verbreitet. Der deutsche Name „Andorn“ leitet sich von „ohne Dornen“ ab und deutet darauf hin, dass es sich nicht um Dornen handelt, die zum Festsetzen führen.

Der Gattungsname „Marrubium“ stammt vom hebräischen „mar“ (= bitter) und „rob“ (= viel) ab. Andorn hat einen kräftigen Geruch und einen bitteren Geschmack, dies hält anscheinend Weidetiere von der Pflanze fern. Aber gerade diese Stoffe, die den Geruch und Geschmack des Andorns bewirken, haben ihn bereits sehr früh zu einer beliebten und vielseitig verwendeten Heilpflanze gemacht.

Aufgrund seiner herausragenden historischen Bedeutung sowie der umfangreichen Dokumentation seiner Wirkungen wurde der Gewöhnliche Andorn von Wissenschaftlern der Universität Würzburg (Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde) zur „Arzneipflanze des Jahres 2018“ gewählt.

Woran erkennt man den Gewöhnlichen Andorn?

Andorn ist eine mehrjährige, 30-60 cm (manchmal bis 80 cm) hohe Staude mit vierkantigen Stängeln. Die eiförmigen, gegenständigen Blätter mit unregelmäßig gesägtem Rand sind dicht behaart und zeigen ein auffälliges Blattnervenmuster. In den Blattachseln sitzen in beträchtlichen Abständen annähernd kugelige Scheinquirle, die aus zahlreichen kleinen, weißen Blüten zusammengesetzt sind. Die Blütezeit reicht von Mai bis August.

Wie wirkt Gewöhnlicher Andorn?

Der Einsatz der krautigen Pflanze bei Katarrhen der Atemwege, v.a. Bronchitis, sowie bei Verdauungsbeschwerden wurde schon vor mehr als 2000 Jahren schriftlich festgehalten. Auch heute noch wird das Andornkraut in Deutschland zur Schleimlösung bei Husten im Rahmen von Erkältungen angewendet.

In einem Kräuterbuch aus dem Jahre 1692 heißt es: „Sirup aus den frischen grünen Blättern von Andorn und Zucker ist eine unübertreffliche Medizin gegen Husten und Lungenpfeifen.“

In der Volksheilkunde erfolgt die Anwendung als Teezubereitung bei Appetitlosigkeit, Verdauungsproblemen, Gallenbeschwerden und bei Bronchialkatarrhen. In der Schulmedizin dagegen ist die Pflanze weniger be- und anerkannt, obwohl sie als Bittermittel die Speichel-, Magensaft- und Gallensekretion anregt.

Neuere Arbeiten über Wirkung und pharmakologische Eigenschaften des Andornkrauts findet man kaum. Wegen der enthaltenen Bitterstoffe vermutet man, dass Andorn ähnlich wirkt wie andere Bitterdrogen (z.B. Gelber Enzian, Tausendgüldenkraut), nämlich anregend auf die Magensaftsekretion und reflektorisch in Bezug auf die Gallenproduktion.

In Fertigarzneimitteln ist Andorn-Extrakt in Bronchialtropfen und Frischpflanzenpresssäften, oft in Kombination mit z.B. Süßholz, Spitzwegerich, Efeu, Eukalyptus, Thymian,
Anis, Fenchel, Sonnentau und Schlüsselblume, enthalten.

Durch die Gerbstoffe im Andorn kann das Wachstum von Bakterien gehemmt werden, darum eignet sich Andorn auch gut zur Therapie von Durchfall.

Einer Teekur wird Hilfe bei Hämorrhoiden, aber auch bei schlecht heilenden Wunden zugeschrieben.

Äußerlich werden Andorn-Kompressen bei Rückenschmerzen und entzündlichen Wunden eingesetzt.

Anwendungsgebiete

  • Anämie
  • anregend für Luft- und Verdauungswege
  • Appetitlosigkeit
  • Asthma
  • bei schlecht heilenden Wunden
  • Blutbildung
  • Bronchialkatarrh
  • chronische Bronchitis
  • chronische Ekzeme
  • Darmentzündung
  • entzündliche Wunden
  • Entzündungen der Leber
  • Entzündungen der Gallenblase
  • Gallenleiden
  • Geschwüre
  • Hämorrhoiden
  • Husten
  • kreislaufnormalisierend
  • Leberfunktionsschwäche
  • Magenentzündung
  • mangelnder Gallenfluss
  • menstruationsfördernd bei zu schwacher Menstruation
  • nervöse Herzstörungen
  • Rückenschmerzen
  • Schnupfen
  • Stimulierung des körpereigenen Immunsystems
  • Verdauungsstörungen

Welche Wirkstoffe sind im Gewöhnlichen Andorn enthalten?

Der Andorn ist reich an Bitterstoffen und Saponinen, die eine anregende Wirkung auf die Drüsen haben und dabei helfen können, zähe Verschleimungen zu lösen.

Er enthält den Bitterstoff Marrubiin (s. Formel), ein Furanolabdan-Diterpen, weitere Bitterstoffe wie Marrubenol, Marrubiol, Peregrinol und Vulgarol sowie bis zu 0,06% ätherisches Öl (mit den Monoterpenkomponenten Camphen, p-Cymol, Fenchen, Limonen, Pinen, Sabinen, Terpinolen und vielen anderen Terpenen). Daneben findet man Schleim, Harze, Wachse und Gerbstoffe (bis zu 7% nicht näher definierte Lamiaceen-Gerbstoffe und Hydroxyzimtsäurederivate, mit den Bausteinen Chlorogen-, Kaffee-, 1-Kaffe-oylchina- und Kryptochlorogensäure). Von den Flavonoiden sind Luteolin und Quercetin erwähnenswert.

Welche Teile der Pflanze werden medizinisch verwendet?

Im Allgemeinen das Andornkraut, also die getrockneten Blätter und die oberen Stängelteile (Marrubii herba, syn. Herba Marrubii, Herba Marrubii vulgaris oder Weißes Andornkraut).

Nicht während der Schwangerschaft oder in der Stillperiode!

Anwendungen

Teezubereitung
1-2 g fein geschnittenes Andornkraut mit einer Tasse siedendem Wasser übergießen. Nach 10 Minuten abseihen. Tagesdosis für den Tee: 4,5 g Andornkraut

Andorn war übrigens schon Hildegard von Bingen gut bekannt. Sie schrieb: „Der Andorn ist warm und hat genug Saft, und er hilft gegen verschiedene Krankheiten […] Und wer in der Kehle krank ist, der koche Andorn in Wasser und seihe jenes gekochte Wasser durch ein Tuch und füge zweimal soviel Wein bei, und er lasse es nochmals in einer Schüssel aufkochen unter Beigabe von genügend Fett, und so trinke er es oft, und er wird in der Kehle geheilt werden.“

Die Rezeptur nach Hildegard von Bingen
1 EL Andornkraut
1/8 l Wasser
1/4 l Wein
1-2 EL Butterschmalz, Butter oder Sahne

Andornkraut ca. 5 Minuten in Wasser kochen, dann abseihen. Diesem „Andorntee“ die doppelte Menge Wein und das Schmalz zugeben, noch einmal kurz aufkochen lassen. Diese Suppe wird 2-mal täglich frisch zubereitet und warm getrunken.

Tinktur
Zur Herstellung einer Andorn-Tinktur wird Andorn in einem Schraubdeckelglas mit Doppelkorn oder Weingeist übergossen, bis alle Pflanzenteile bedeckt sind. Dann lässt man die Mischung verschlossen über 2-6 Wochen ziehen, seiht sie danach ab und füllt sie in eine dunkle Flasche um. Von dieser Tinktur werden gegen Störungen im Verdauungssystem 1- bis 3-mal täglich 10-50 Tropfen eingenommen. Falls Ihnen die Tinktur zu konzentriert ist, können Sie diese mit Wasser verdünnen.

Dr. rer. nat. Frank HerfurthDr. rer. nat. Frank Herfurth
Heilpraktiker, Lebensmittelchemiker, Dozent an den Paracelsus Schulen
fh@herfurth.org

Fotos: © katharinarau I fotolia.com, © terezqua / fotolia.com

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