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Osteopathie
Lesezeit: 8 Minuten

Ein gefährliches Paket: Rheuma & Osteoporose

Was kann die Radonwärmetherapie hier leisten?

Rheuma und Osteoporose sind zwei unterschiedliche Erkrankungen, treten allerdings oft gemeinsam auf. Entzündlich-rheumatische Krankheitsbilder können eine sekundäre Osteoporose auslösen. Schuld daran ist einerseits die Entzündungsaktivität des Rheumas, denn das Immunsystem setzt Botenstoffe frei, die den Knochenabbau beschleunigen. Andererseits begünstigen Medikamente und die mit Rheuma oft einhergehende Inaktivität eine Osteoporose. Dem Knochenabbau entgegenwirken kann eine kurmäßige Radonexposition bzw. Radonwärmetherapie in einem speziellen Radonthermalstollen, wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen. Die Kuren lindern auch rheumatische Schmerzen und haben damit einen Doppelnutzen für Patienten. Darüber hinaus ist bei beiden Erkrankungen wichtig, der Inaktivität vorzubeugen und den Muskelaufbau durch physiotherapeutische Begleitprogramme zu unterstützen. Außerdem gilt, bei der Rheumatherapie immer mitzubedenken, dass ein erhöhtes Risiko für Osteoporose vorliegt und dem bestenfalls präventiv begegnet wird.

Rheuma

Rheuma betrifft in Deutschland und Österreich fast 22 Millionen Menschen in allen Altersklassen – auch Kinder – und gehört damit zu den großen Volkskrankheiten. Unter dem Oberbegriff „Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises“ fassen Mediziner zwischen 200 und 400 Leiden zusammen, die zum Teil ähnlich, oft auch unterschiedlich in Erscheinung treten. Gemeinsames Merkmal aller Krankheitsbilder sind starke Schmerzen. Da es sich um verschiedene Erkrankungen handelt, können auch die Symptome andere sein.

Bei der Rheumatoiden Arthritis, der häufigsten Form des entzündlichen Rheumas, treten geschwollene oder gerötete Gelenke auf. Betroffene klagen über morgendliche Gelenksteifheit. Die Beschwerden können plötzlich oder schleichend auftreten. Charakteristisch für Rheuma sind symmetrische Lokalisationen der Beschwerden, es sind z.B. beide Hände, Schultern, Knie- oder Fußgelenke betroffen. Schreitet die Krankheit fort, verformen sich Gelenke, die Beweglichkeit vermindert sich und die Patienten leiden unter starken Schmerzen.

Osteoporose

Dass Knochen mit zunehmendem Alter an Volumen verlieren, gehört zum natürlichen Alterungsprozess. Von einer pathologischen Abnahme der Knochendichte, der Osteoporose, sind v.a. Frauen über 50 betroffen, aber auch bei Männern kommt diese Erkrankung nicht selten vor. Der Knochenschwund entwickelt sich oftmals unbemerkt. Starke Rückenschmerzen, häufig begleitet von Knochenbrüchen, die ohne erkennbaren Grund und bei minimalen Belastungen auftreten, zeigen meist schon ein fortgeschrittenes Stadium.

Der schleichenden Entstehung von Osteoporose liegt eine Störung des Gleichgewichtes zwischen Aufbau und Abbau der Knochensubstanz zugrunde. Im gesunden Körper steuern Hormone, Botenstoffe und Bewegung die Aktivität knochenbildender und -abbauender Zellen. Wenn die abbauenden Prozesse überhandnehmen, kommt es zum Verlust an Knochensubstanz, damit zur Osteoporose.

Zusammenhänge

Generell tritt eine Osteoporose bei den meisten rheumatischen Erkrankungen verstärkt auf. Hierzu zählen v.a. Rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew, Systemischer Lupus erythematodes, Riesenzellen-Arthritis und Polymyalgia rheumatica. Das Ausmaß des Knochenmasseverlustes und die damit einhergehende Entwicklung von Osteoporose bei Patienten hängen von verschiedenen Faktoren ab. Entscheidend sind v.a. die Schwere und der Ausprägungsgrad der rheumatischen Entzündung sowie das Alter der Person.

Dennoch gilt zu beachten: Nicht alle Menschen mit Rheuma erkranken an Osteoporose. Der Zusammenhang zwischen beiden Erkrankungen ist komplex, sodass sich nicht bei jedem Patienten beide Krankheitsbilder entwickeln.

Risikofaktoren

Die Entstehung von Osteoporose bei Rheumapatienten kann durch folgende Faktoren begünstigt werden:

Entzündungsprozesse: Rheuma ist eine entzündliche Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem körpereigenes Gewebe angreift, v.a. die Gelenke. Entzündungen bzw. assoziierte Botenstoffe können den Knochenabbau beschleunigen und somit das Risiko für Osteoporose erhöhen.

Medikamenten-Nebenwirkungen: Einige Wirkstoffe, die zur Behandlung von Rheuma eingesetzt werden, können den Knochenstoffwechsel beeinflussen und das Risiko für Osteoporose erhöhen. Dazu gehören z.B. Glukokortikoide, die häufig zur Kontrolle von Entzündungen verschrieben werden.

Bewegungseinschränkungen: Menschen mit Rheuma neigen dazu, aufgrund von Schmerzen und Gelenksteifigkeit weniger körperlich aktiv zu sein. Diese mangelnde Bewegung kann zu einem Verlust an Knochenmasse beitragen und das Risiko für Osteoporose erhöhen.

Vitamin-D-Mangel: Ein Mangel an Vitamin D ist mit beiden Erkrankungen assoziiert. Vitamin D ist wichtig für die Knochengesundheit, ein reduzierter Wert kann das Risiko für die Entwicklung einer Osteoporose erhöhen. Menschen mit Rheuma haben möglicherweise aufgrund von eingeschränkter Sonnenexposition oder durch Einnahme bestimmter Medikamente ein höheres Risiko für einen Vitamin-D-Mangel.

Weitere gemeinsame Risikofaktoren: Rheuma und Osteoporose teilen einige weitere gemeinsame Risikofaktoren, z.B. genetische Veranlagung, Alter und Geschlecht. Frauen nach den Wechseljahren haben ein erhöhtes Risiko für beide Erkrankungen.

Radonwärmetherapie

Radonquellen oder die Möglichkeit zur Radonstollentherapie findet man vielerorts. Eine Kombination von Low-Dose-Radon-Therapie und Hyperthermie-Therapie, wie sie seit 1952 aufgrund des besonderen natürlichen Klimas im Gasteiner Heilstollen im österreichischen Bundesland Salzburg möglich ist, sticht dabei besonders hervor.

Die hier zur Anwendung kommende Radonwärmetherapie wird meist in Form einer mehrwöchigen Kur im Radonthermalstollen mit etwa 10 Einfahrten à 60 Minuten auf verschiedenen Therapiestationen durchgeführt. Das im Berg vorherrschende Klima setzt sich aus einer natürlichen Radonkonzentration von 44 kBq/m3 in der Luft, Temperaturen zwischen 37 und 41,5 °C sowie einer Luftfeuchtigkeit zwischen 70 bis nahezu 100% zusammen.

Wärme und hohe Luftfeuchtigkeit bewirken eine leichte Hyperthermie des Körpers. Langjährige Erfahrungen zeigen, dass bereits dies schmerzende Muskeln entspannt und immunstabilisierend wirkt. Darüber hinaus erhöht sich im leicht überwärmten Zustand die Aufnahmefähigkeit des Organismus für Radon. Der Hyperthermie-Effekt als wesentliches Element der Therapie weist damit einen eigenen therapeutischen Nutzen auf und fördert die Radonverteilung im Körper. (Hier liegt auch das zentrale Unterscheidungsmerkmal verschiedener Radonstollentherapien.)

Bewährt bei rheumatischen Erkrankungen

Die Aussagen zu den positiven Effekten der Therapie bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises basieren einerseits auf Erfahrungsberichten vieler Tausend Patienten, die jährlich in den Stollen einfahren, sowie auf zahlreichen Studien. Diese stützen die Patientenberichte und bestätigen der Radonwärmetherapie z.B. bei Morbus Bechterew schmerzlindernde, entzündungshemmende und immunstabilisierende Effekte mit Erfolgsquoten zwischen 80 und 90%. Bei allen Verlaufsformen und Stadien weisen die Untersuchungen der Radonwärmetherapie langanhaltende therapeutische Resultate aus sowie positive Wirkungen hinsichtlich der Reduktion von Druckschmerzschwellen, Schmerzintensität, funktionellen Einschränkungen und Medikamentenverbrauch, v.a. von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR). Dies führt zu einem geringeren Medikamentenbedarf und spürbar weniger Schmerzen bis hin zur Beschwerdefreiheit über viele Monate.

Studienergebnisse

Obwohl der Wirkmechanismus der Radonwärmetherapie noch nicht in allen Aspekten geklärt ist, belegen Studien ihre Wirkung. Die seit vielen Jahren vorliegenden empirischen Erfahrungen zu nachhaltigen, schmerzlindernden Effekten der Radontherapie wurden z.B. 2012 durch eine internationale randomisierte multizentrische Radon-Studie gestärkt. Sie erfüllt die Klasse 1b der Konzepte der evidenzbasierten Medizin und belegt die positive Wirksamkeit von Radon-Behandlungsserien auf die Schmerzsituation bei chronischen Schmerzsyndromen und die reduzierte Einnahme von Analgetika während des Nachbeobachtungszeitraumes von 9 Monaten.

Durchgeführt wurde die Studie in 7 Heilbädern in Deutschland und Österreich. Alle teilnehmenden Zentren verfügten über Radonquellen oder die Möglichkeit zur Radonstollentherapie mit therapeutisch relevanten Radonkonzentrationen. Untersucher, Therapeuten und 652 Patienten waren bezüglich der Therapie verblindet. Die Studienintervention bestand aus 12 Radonbädern im Verlauf von 3-4 Wochen oder Leitungswasserbädern als Kontrollintervention. Bei der Stollentherapie wurden 10 Einfahrten innerhalb von 3 Wochen genutzt, wobei hier als Vergleichstherapie Soft-Dampfbäder mit gleichen klimatischen Bedingungen zum Einsatz kamen.

Die Studienteilnehmer litten entweder unter chronischen Rückenproblemen mit degenerativer Pathologie oder Osteoporose, Arthrose des Hüft- und Kniegelenkes, Rheumatoider Arthritis oder an Spondylarthropathien. Bei Studienaufnahme wiesen sie deutliche chronische oder rezidivierende Schmerzen auf, die bereits über einen Zeitraum von länger als 6 Monaten bestanden.

Radontherapie beeinflusst Knochenstoffwechsel

In jüngsten Studien konnte gezeigt werden, dass es bei Patienten mit entzündlichen rheumatischen Erkrankungen im Rahmen einer Radon-Kur zu einer positiven Änderung des Knochenstoffwechsels kam. Konkret verschiebt Radon das Verhältnis zwischen dem Botenstoff, der den Knochenabbau hemmt, und jenem, der als stärkster Aktivator des Knochenabbaus zu sehen ist. Ein ungünstiges Verhältnis zwischen beiden geht oft mit Osteoporose einher. Behandlungen mit Radon verbesserten das Gleichgewicht zwischen beiden Botenstoffen zugunsten des Knochenaufbaus. Der Effekt hielt sogar bis zu 6 Monate nach der Behandlung an. Zudem sprechen Experten der Radontherapie schmerzlindernde Wirkungen zu, die bei Osteoporose-Patienten Teil des Krankheitsbildes sind.

Zusatznutzen einer Kur

Ein Kuraufenthalt kann Patienten helfen, selbst Verantwortung für den Verlauf der Therapie zu übernehmen und mitzuarbeiten. Hier können auch Impulse für eine Änderung des Lebensstils gesetzt werden, was zusätzliche positive Effekte mit sich bringt, sodass eine Therapie nachhaltig wirken kann. Bei Osteoporose helfen z.B. therapeutisches Nordic Walking, koordinationsverbesserndes therapeutisches Klettern oder Rücken-Fit-Gruppen, die wichtige Muskelgruppen durch Dehnung und Kräftigung stärken und die Wirbelsäule entlasten. Schließlich haben Patientenschulungen einen wichtigen Stellenwert. Alle Bausteine bereiten den Patienten darauf vor, die Übungen zu Hause allein fortzuführen.

Fazit

Die meisten rheumatischen Erkrankungen gelten als nicht heilbar, wenngleich es heute viele moderne (medikamentöse) Behandlungsformen gibt. Serien mit Radon-Anwendungen stellen für Patienten eine effektive Therapiealternative dar, die aufgrund ihrer nachweislich schmerzlindernden Wirkung einen reduzierten Medikamentenverbrauch ermöglicht.

Osteoporose tritt bei Rheuma-Patienten vermehrt auf. Auch hier zeigt die Radontherapie schmerzlindernde Effekte. Sie kann helfen, den Knochenabbau zu verringern. Es bedarf weitere Studien, um dies zu bestätigen.

Kurmäßige Anwendungen sind hilfreich, da im Rahmen der Kuraufenthalte auch Impulse zur Lebensstilveränderung bei den Patienten gesetzt werden, was beiden Krankheitsbildern zugutekommt.

Prim. Univ. Doz. Dr. med. Bertram Hölzl
Ärztlicher Direktor und Vorstand der Abteilung für Innere Medizin an der österreichischen Landesklinik St. Veit b.hoelzl@salk.at

 

Literatur
Franke A, et al: Long-term benefits of radon spa therapy in rheumatic diseases – results of the randomised, multi-centre trial. Rheumatol Int. 2013;33(11):2839–2850.
Lange U, et al: Einfluss einer seriellen niedrig dosierten Radonstollen-Hyperthermie auf zentrale Zytokine des Knochenmetabolismus bei ankylosierender Spondylitis. Phys Med Rehab Kuror. 2012;22:203–206. Lange U, et al: The impact of serial radon and hyperthermia exposure in a therapeutic adit on pivotal cytokines of bone metabolism in rheumatoid arthritis and osteoarthritis. Clin Rheumatol. 2016; 35(11): 2783–2788.
Moder A, et al: Effect of combined Low-Dose-, Radon- and Hyperthermia-Treatment (LDRnHT) of patients with ankylosing spondylitis on serum levels of cytokines and bone metabolism markers – a pilot study. Int J Low Radiation. 2010;7(6).

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