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Psychotherapie
Lesezeit: 5 Minuten

Gedanken zum Thema Beziehungen

Wie gelingen glückliche Beziehungen?

Die Ansätze für Veränderung und Wachstum in Richtung zufriedenere Beziehungen sind von Mensch zu Mensch verschieden – drei Möglichkeiten sind (nach Dr. Dietmar Friedmann):
a) Der Beziehungstyp: für ihn ist es hilfreich, nicht im Fühlen steckenzubleiben, sondern sich allein seine Gedanken über die gewünschte und mögliche Art von Beziehung zu machen, die diesem Gefühl folgen soll. Ist er sich darüber im klaren, kann er sicher und entschlossen handeln und zusammen mit dem Partner die Beziehung gestalten.
b) Der Sachtyp: da er im Denken sowieso zuhause ist, zu wenig handelt und deshalb eher die Beziehungswünsche anderer lebt, – hilft ihm auf dem Weg zu selbstbestimmten Gefühlen und Beziehungen gemeinsames Tun. Dabei darf er ruhig auch einmal etwas machen, was nicht perfekt ist, auf Dauer angelegt oder seinen Gedanken sofort gute Gefühle gibt. Er kann während des Tuns herausfinden, was er fühlt und sich danach entscheiden, ob er mehr davon tun will.
c) Der Handlungstyp: wenn es ihm gelingt, in der Beziehung dazusein, sie zu genießen und seinen Gefühlen Raum zu machen, gelangt er zu tieferem Wissen über sich, den Partner und die Beziehung. Dadurch bekommt er neuen Freiraum für die glückliche Gestaltung seiner Beziehungen.

Generell gilt:”Wenn etwas funktioniert – tue mehr davon.” (Steve de Shazer)

Wie beeinflussen Nebenbeziehungen die Hauptbeziehung?

Das Thema “Nebenbeziehungen” ist eines der letzten Tabus im gesellschaftlichen Gespräch. Dabei gehört es wohl zu den häufigsten Ursachen für Beziehungskrisen. Auch hier gilt das oben Gesagte: die Gedanken, die sich die Partner über ihre jeweiligen Nebenbeziehungen machen, erzeugen Gefühle und Handlungen. Weil die Gedanken aber generell frei sind, lohnt es sich, hier anzusetzen, z.B. indem sich beide Partner über ihre Wünsche und Toleranzgrenzen klarwerden und sie austauschen. Sind weder Wünsche noch Toleranzen bewußt, gleicht dies einer Zeitbombe, es sei denn, das Paar lebt auf einer einsamen Insel. Sie würden dann dem Goldfisch gleichen, der seinen (einzigen) Partner im Glas fragt: “liebst du mich?” und als Antwort “wen denn sonst” erhält.

Es ist unrealistisch zu glauben, allein die Beziehung zum “richtigen” Partner würde dem bisherigen Partnerverhalten eine totale Wendung geben.

Wunschliste und Toleranztest in einem

Nachfolgend sind einige Basisdefinitionen von Partnerschaften, wie sie in unserer europäischen Gesellschaft zu Ende des 20. Jahrhunderts gelebt werden, kurz skizziert.

Modell “classic”
Das Paar genießt die Sexualität ausschließlich mit dem Partner. Ein sogenannter Seitensprung ist meist das (emotionale) Ende der Beziehung. Erlaubt sind enge emotionale Gesprächs- oder Freizeitbeziehungen zu Freunden unter Ausschluß sexueller Aktivität und/oder Einbeziehung des Partners.

Modell “platonisch”
Das Paar enthält sich auf gegenseitigen Wunsch sexueller Aktivitäten, z.B. um die jeweiligen Hauptbeziehungen nicht zu belasten. Sonst wird aber eine enge und oft jahrelange Beziehung gepflegt, die auch wechselnde Hauptbeziehungen überdauert.

Modell “my lover”
Hier hat einer der Beteiligten neben dem Hauptpartner einen oder mehrere Beziehungspartner, mit denen ebenfalls sexuelle Kontakte gepflegt werden. Der andere Partner toleriert dies.

Modell “offene Beziehung”
Beide Partner pflegen und tolerieren beim anderen Freundschaften mit sexuellem Charakter, sehen den jeweils anderen aber als “Hauptbeziehung” und demonstrieren dies nach außen.

Modell “flexible”
Wie classic, aber mit der beiderseitigen Toleranz für Zeiten des Wechsels in andere Beziehungsformen, um die Beziehung selbst zu erhalten.

Modell “pure love”
In spirituellen Kreisen ab und zu anzutreffendes Modell, bei dem keiner der Partner eine konventionelle Bindung eingeht und im Idealfall zu allen Mitmenschen ein ähnlich liebevolles Verhältnis pflegt, ohne daß durch Sexualität eine außergewöhnliche Bindung entsteht. Eine private und ausschließliche Sexualität wird aus ideologischen Gründen abgelehnt.

Modell “triangle”
Hierbei leben drei Personen eine andere ausschließende Liebesbeziehung mit sexuellen Kontakten zwischen den beiden gegengeschlechtlichen oder allen drei Partnern.

Bei diesen Modellbeschreibungen sind nur die sexuellen Verhaltensweisen berücksichtigt, auch wenn andere Ebenen den Charakter einer Beziehung stark prägen können, z. B. Haushaltsform, Kinder, wirtschaftliche Abhängigkeit, Beziehung zur Herkunftsfamilie, Zeitdauer, rechtliches Verhältnis, etc. Diese sind aber meist für sich nicht so explosiv wie das Sexualverhalten.

Bewußtheit und Austausch von Wünschen

Auch für diese Ebenen gilt: sich seiner Wünsche bewußt zu werden und mit dem Partner ohne Angst vor Verlust darüber zu reden, schafft mehr Klarheit als Unterdrücken und Schweigen. Die Hoffnung, daß es “irgendwie” schon klappen werde, erschöpft sich meist nach Ende der ersten erotischen Spannung oder führt zu einer gegenseitigen Blockade und Abtötung der Liebesfähigkeit nach außen (und innen) durch Alltag und Verpflichtungen.

Wenn die Partner einander lieben und dieser Liebe einen Raum schaffen möchten, gelingt dies eher, wenn beide frühzeitig über ihre Wünsche Bescheid wissen und sich darauf einstellen können. Meist zeigt sich, daß der Wunsch nach dem Zusammensein mit einem anderen Menschen, den man liebgewonnen hat, manche der bestehenden Hemmnisse überwindet und neue Lebensmöglichkeiten entdeckt werden. Geschieht dies vor der Entscheidung für eine bestimmte Lebensform, ist die Chance für diese Erweiterung größer als hinterher. Ein Ehemann wird sich schwerer freiwillig auf eine positive Haltung zum Liebhaber seiner Frau durchringen als ein Mann, der seine Wunschpartnerin bereits in Liebesbeziehungen lebend kennenlernt.

Verbesserung von Beziehungen als Ziel

Für jede Beziehung gilt als erstrebenswertes Ziel ihre Verbesserung. Verbesserung kann aber Abschied von Illusionen bedeuten und neue Formen brauchen, um zu überleben. Dies gilt besonders für die Beratungssituation und erfordert auch vom Berater/Therapeuten ein Maximum an Toleranz, damit er nicht unbewußt dem anderen seine eigene Grenze vorgibt.
 

Werner Winkler

Werner Winkler, Jahrgang 1964, gelernter Schriftenmaler und zur Zeit in der Paracelsus Schule in Stuttgart Teilnehmer bei Dr. Friedmann im Block” integrierte Kurztherapie”. Neben seiner derzeitigen Beschäftigung als Grafiker und Kalligrafielehrer wächst die Zahl seiner Beratungen, in denen er das Gelernte bereits hilfreich einsetzen kann. Da das vorliegende Thema in den Beratungen das häufigste ist, überlegt er, ob er sich nicht als “Beziehungsberater” bezeichnen soll…

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