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Aktuelles vom VUH

Haben Sie schon Ihren Hygiene-Sachkundeausweis?

Seit dem 22.12.2017 gilt in Hessen die „Änderungsverordnung der Hygieneverordnung“. Heilpraktiker (m/w), die in Hessen invasiv arbeiten wollen, müssen ihre Absicht seitdem vor Aufnahme der Tätigkeit beim Gesundheitsamt anzeigen. Wer bereits invasiv tätig war, hatte 3 Monate Zeit, dies nachzuholen. Daran gekoppelt: Der Hygiene-Sachkundenachweis nach „§ 2 Abs. 10 Nr. 1“.

Wichtige gesetzliche Grundlage ist u.a. die „Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten“, kurz: MPBetreibV, die besagt, dass

§ 4 (2) Medizinprodukte nur von Personen betrieben oder angewendet werden dürfen, welche die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung, also die entsprechende Sachkunde, besitzen.

Derzeit wird der 40-stündige Hygiene-Sachkundenachweis nur in Hessen gefordert; ob andere Bundesländer künftig nachziehen, gilt abzuwarten.

Unser Verbandsmitglied Nora Kircher, Heilpraktikerin, Dozentin an den Paracelsus Schulen und Buchautorin, schreibt in einem Erfahrungsbericht:

Ich habe in den Jahren 1997 und 1998 im Rahmen eines Vollzeitkurses viel über das Thema Hygiene gelernt. In meiner Praxis untersuche ich Urin und führe auch subkutane und intrakutane Injektionen durch. Deshalb fragte ich das Gesundheitsamt Region Kassel, ob mir der 8-Stunden-Kurs ausreichen würde, da ich nur Einmalprodukte verwende. Nein, ich müsse den 40-Stunden-Kurs machen, weil ich Heilpraktikerin sei.

Später erzählte uns eine Teilnehmerin, die jeweils eine Praxis in Eschwege und in Kassel hat, dass das Eschweger Gesundheitsamt mit dem 8-Stunden-Kurs zufrieden sei.

Ich besuchte im Dezember 2018 einen 40- Stunden-Kurs in Kassel. Unterrichtet wurden 30 Stunden in der Schule, 10 waren für das Lernen Zuhause eingeplant. Im Rahmen der 40 Stunden waren auch 10 Einheiten praktischer Unterricht zum Thema Aufbereitung (Sterilisieren usw.) vorgeschrieben. Voraussetzung dafür ist ein Aufbereitungsraum mit entsprechendem Equipment, den die Kasseler Paracelsus Schule hat.

Zuerst war ich über die Tatsache, dass ich diesen Schein machen muss, natürlich nicht erfreut. Gerettet wurden die Schulstunden von den Dozenten, einem Hygiene-Prüfer, einem Facharzt für Hygiene (beide Gesundheitsamt Region Kassel) und einer Dozentin für Podologie, die allesamt hervorragenden Unterricht leisteten. Selbst die von der Dozentin ganz auf Podologie ausgelegten Lehreinheiten stellten sich als sehr interessant heraus. Der Amtsarzt „unterhielt“ uns 2 halbe Tage lang. Er verzichtete auf jede Form von Unterrichtsmedien und schaute nur selten auf seine Notizen. Keiner verließ den Unterrichtsraum, sah auf sein Handy oder war unkonzentriert. Toll!

Während des Kurses hatten wir reichlich Zeit und wurden von allen Dozenten aufgefordert, Fragen zu stellen.

Für mich ändert sich nun ein wenig in der Praxis: Ein umfangreicher Hygieneplan wurde erstellt. Darin ist alles vermerkt, was mit dem Thema Hygiene zu tun hat. Dazu gehört tägliches Lüften, so wird es zumindest vom Kasseler Gesundheitsamt gerne gesehen.

Viele Maßnahmen müssen notiert sein, u.a.:

  • Monatlich muss der Perlator des Wasserhahns gereinigt und desinfiziert oder ausgetauscht werden.
  • Nach jeder Benutzung müssen alle Arbeitsflächen gereinigt und desinfiziert werden, was für uns in der Praxis schon immer selbstverständlich war. Neu ist, dass das zusätzlich regelmäßig, z.B. wöchentlich oder monatlich, gründlich getan werden muss, dazu gehört auch das gründliche Reinigen und Desinfizieren aller Schubladen von innen. Dies ist danach auf einer Liste zu dokumentieren.
  • Es sollte keine Sprühdesinfektion mehr durchgeführt werden, außer wenn die Stellen unzugänglich für die jetzt neue Wischtechnik sind. Für diese sollten Fertigtücher verwendet werden. Allerdings ist das Ansetzen einer Desinfektionslösung aus einem Konzentrat – mit Haushaltshandschuhen, die nur 2x benutzt werden dürfen, Schutzbrille und Kittel – auch erlaubt. Die dann zum Einsatz kommenden qualitativ guten Tücher müssen anschließend im Hausmüll entsorgt werden.
  • Desinfektionsmittel dürfen nur verwendet werden, wenn sie beim RKI (Robert-Koch-Institut) oder VAH (Verband für Angewandte Hygiene e.V.) gelistet sind. Die RKI-Liste ist im Internet kostenlos einsehbar, die VAH-Liste kostet viel Geld. Auf einigen Desinfektionsmitteln ist es vermerkt.
  • Vor und nach Benutzen von Latexhandschuhen müssen die Hände desinfiziert werden.
  • Latexhandschuhe dürfen nicht desinfiziert werden. Bei Blutentnahme sowie beim Reinigen und Desinfizieren dienen sie dem Eigenschutz. Bei invasiven Eingriffen, die wir Heilpraktiker nicht durchführen, müssen sterile verwendet werden. Ansonsten sollte besser ohne gearbeitet werden, z.B. bei Akupunktur oder Injektion, denn Hände lassen sich besser desinfizieren.
  • Vor und nach jedem Patientenkontakt müssen die Hände desinfiziert werden.
  • Dienstkleidung muss separat gewaschen werden, und zwar mit einem (sehr teuren) Spezialwaschmittel oder per Kochwäsche. Vor Entnahme aus der Waschmaschine muss der Gummirand wischdesinfiziert werden.
  • Flüssigseife darf nicht umgefüllt werden, außer das Behältnis wurde zuvor „aufbereitet“.
  • Infiziertes Material muss im 2-Beutel-System entsorgt werden. Das Material selbst wird in einem kleinen Beutel verschlossen, anschließend in den Hauptmüllbeutel geworfen, der dann in die Hausmülltonne kommt.
  • Noch komplizierter ist das Einhalten aller Sterilisations-Arbeitsgänge. Wichtig ist, dass der Heißluft-Sterilisator nicht mehr zugelassen ist. Es muss ein Autoklav sein, der deutlich teurer ist.
  • Kommt es zu einer Kontrolle, wird zuerst nach dem Hygieneplan und der Dokumentation gefragt.

Es gäbe noch viele Änderungen zu nennen. Sehr umfangreich und aufwändig ist das Aufbereiten, also das Reinigen, Prüfen, Verpacken, Sterilisieren und Lagern wiederverwendbarer Instrumente, was für die meisten Kollegen wahrscheinlich nicht in Frage kommt. Lernen muss man es für den großen Sachkundenachweis trotzdem. Dieses Thema war auch Hauptinhalt der Prüfung, die am letzten Abend stattfand und nicht schwer war. Sie wurde von allen 11 Teilnehmern gemeistert und per Zertifikat bestätigt.

Die Region Kassel (Landkreis und Stadt) hat die Frist zur Erlangung des Sachkundenachweises bis zum 31.03.2019 verlängert. Sie war zuvor schon zum 31.12.2018 ausgeweitet worden, weil der erste Kurs aufgrund fehlender Teilnehmer nicht zustande gekommen war. In meinem Kurs war 1 Teilnehmer aus Limburg froh, überhaupt einen Kurs gefunden zu haben. Im Moment bietet man den 40-Stunden-Kurs nämlich nur in Gießen, Darmstadt und Kassel an, so der Stand Dezember 2018.

Zuletzt wurden wir darüber informiert, dass sich das Gesundheitsamt Region Kassel kurz vor einer Hygieneprüfung anmelden würde, allerdings seien die Mitarbeiter mit Arztpraxen, Kliniken, Pflegeheimen, Nagel- und Tattoo-Studios etc. so beschäftigt, dass sie nur bei Beschwerden zu uns Heilpraktikern kämen, in diesem Fall allerdings ohne Anmeldung. Man bekomme dann aber eine Frist für notwendige Änderungen.

Es mag für einige skurril klingen, aber so verärgert, wie ich im Vorfeld über diesen Kurs war, so viel Spaß hat er mir im Nachhinein gemacht. Zudem habe ich eine Menge dazu gelernt.

Nora KircherNora Kircher
Heilpraktikerin, Dozentin an den Paracelsus Schulen, Buchautorin
info@nora-kircher.de


Was sind Medizinprodukte?

Medizinprodukte sind laut Bundesministerium für Gesundheit (BMG) „Produkte mit medizinischer Zweckbestimmung“, die vom Hersteller für die Anwendung am Menschen bestimmt sind. Also alle Gegenstände, Instrumente und Apparate, die wir in unserer Praxis zur Diagnose oder Therapie an unseren Patienten anwenden. Das sind zum einen „aktive Medizinprodukte“, die energetisch (d.h. mit Strom oder per Batterie) betrieben werden, zum anderen „nicht aktive Medizinprodukte“, die wir mithilfe von Muskelkraft oder Schwerkraft verwenden. Zu den aktiven Medizinprodukten zählen Infrarotlampen, Softlaser, Bioresonanzgeräte, elektrisch verstellbare Liegen etc. Unter die nicht aktiven Medizinprodukte fallen Instrumente, Optiken, Verbandsstoffe, Spritzen, Pflaster etc. Medizinprodukte müssen, sofern es sich nicht um Einmal-Medizinprodukte handelt, in der Praxis aufbereitet werden. Wie dies geschieht, muss detailliert schriftlich festgelegt werden. Dazu gehört auch, dass die Medizinprodukte laut Empfehlung der KRINKO und des BfArM für die „Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“ in Risikogruppen eingestuft werden müssen. Ebenso müssen alle Materialien, die mit der Haut in Berührung kommen oder die bei der Anwendung die Haut oder Schleimhaut durchdringen, bewertet werden.

Einstufung der Medizinprodukte

Unkritisch Diese Medizinprodukte kommen lediglich mit intakter Haut in Kontakt (z.B. Stethoskop).

Semikritisch Diese Medizinprodukte kommen mit Schleimhaut oder krankhaft veränderter Haut in Berührung und stellen entweder keine besonderen Anforderungen an die Aufbereitung (Gruppe A, z.B. Pinzette) oder eben doch auf Grund ihrer Konstruktion und Materialzusammensetzung (Gruppe B, z.B. Flexible Endoskope).

Kritisch Diese Medizinprodukte durchdringen bei der Anwendung die Haut oder Schleimhaut und kommen dabei in Kontakt mit Blut, inneren Geweben und Organen oder sie werden bei der Anwendung mit Blut, Blutprodukten und sterilen Arzneimitteln verwendet. Solche Medizinprodukte haben entweder keine besonderen Anforderungen an die Aufbereitung (Gruppe A, z.B. Wundhaken), eine erhöhte Anforderung an die Aufbereitung (Gruppe B, z.B. MIC-Trokar) oder besonders hohe Anforderungen an die Aufbereitung (Gruppe C, z.B. Markraumbohrer).

Kritische Medizinprodukte kommen in der Naturheilpraxis nicht zum Einsatz.

Dokumentation der Einstufung

Die Wiederverwendung von Medizinprodukten setzt u.a. die Bereitstellung von Angaben für deren Aufbereitung seitens des Herstellers voraus. Auf www.heilpraktikerverband.de finden Sie im Mitgliederbereich unter Downloads im aktuellen Rahmenhygieneplan eine Tabelle mit bereits eingestuften Medizinprodukten. Diesen Plan können Sie individualisieren und anpassen.

Einmal-Medizinprodukte müssen nicht bewertet werden. Hierfür erstellen Sie lediglich eine Liste nach dem Schema: Produkt/ Hersteller.

Sonja KohnSonja Kohn
Heilpraktikerin, Leiterin Bereich Presse und Medien des VUH
pressestelle@heilpraktikerverband.de

Foto: © stockpics / fotolia.com

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