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Naturheilkunde
Lesezeit: 8 Minuten

Enzyme bringen Schwung

Eine Therapieoption zur Verbesserung entzündlicher Erkrankungen des Bewegungsapparats

Die Integration von Enzymen in meine Praxistätigkeit vor über 20 Jahren hat meine Arbeit seither verändert. Damals war ihr Einsatz noch mit einer vermehrten Aufnahme von Enzymen, Co-Enzymen und Co-Faktoren (Vitamine, Mineralien, Spurenelemente) über die Nahrung gleichzusetzen. Heute stehen neben angepassten Ernährungsprogrammen auch Fertigpräparate zur Verfügung, die im Rahmen individueller (Enzym-)Therapiekonzepte eingesetzt werden können.

Seit der Entstehung der Enzymtherapie in der Zeit um das Jahr 1900 herum haben wir dank der Pioniere, die diese anwendeten und bei vielen Erkrankungen Erleichterung erzielen konnten, sowie aufgrund von Erkenntnissen aus der modernen Therapie viel gelernt, um Enzyme zum Wohle unserer Patienten erfolgreich einzusetzen und darüber eine Umstimmung der Stoffwechselsituation zu erreichen. Der vorliegende Artikel konzentriert sich dabei auf Beschwerden im Bewegungsapparat.

Funktion und Bedeutung von Enzymen

Bei Enzymen handelt es sich um eine Gruppe komplexer Eiweißverbindungen, die als Biokatalysatoren für chemische Reaktionen im biologischen Stoffwechsel bis auf Zellebene unerlässlich sind. Jedes dieser Enzyme hilft bei der Umwandlung eines speziellen Ausgangsstoffs (Substrat) in einen anderen, indem es die notwendige Aktivierungsenergie für eine spezifische biochemische Reaktion herabsetzt und den Prozess so beschleunigt. Das Substrat wird dafür vorübergehend im Enzym gebunden. Nach der Umsetzung gibt das Enzym das umgewandelte Produkt frei und geht selbst unverändert aus der Reaktion hervor – bereit, denselben Prozess aufs Neue zu wiederholen.

Es gibt Enzyme, die entweder aus einzelnen Proteinketten oder aus mehreren solcher Untereinheiten bestehen. Daneben kennt man Multienzymkomplexe von räumlich gekoppelten und miteinander kooperierenden Enzymen. Zudem sind zahlreiche Enzyme mit einem Co-Faktor oder Co-Enzym verbunden (anorganischer bzw. organischer Nicht-Protein-Anteil), welche für die jeweilige enzymatische Reaktion essenziell sind.

Enzyme regulieren in jeder Sekunde Billiarden von Stoffwechselprozessen, gewährleisten die Energiebereitstellung, das geregelte Zellwachstum, spezifische Organfunktionen, die Wundheilung u.v.m. Ohne Enzyme gäbe es heute kein höheres Leben auf diesem Planeten. Die Unterstützung physiologischer enzymatischer Reaktionen im Körper bedeutet somit nichts weniger, als den Lebensfunken zu erhalten.

Optimale Bedingungen

Für eine hohe Enzymaktivität ist ein für das jeweilige Enzym optimaler pH-Wert des umgebenden Milieus enorm wichtig. So arbeitet z.B. ein Enzym in saurer Umgebung besonders gut, während es in einem basischen Milieu kaum etwas bewirken kann – dasselbe gilt umgekehrt. Die Funktionalität kann im Einzelfall auf einen sehr eng begrenzten pH-Bereich festgelegt sein. Insofern ist einer physiologischen Balance des Säure-Basen-Haushalts eine nicht zu unterschätzende Bedeutung beizumessen.

Weiterhin ist es wichtig zu wissen, dass Enzyme in ihrer Natur als Eiweiß ab einer Temperatur von 42 °C gerinnen und bei 45-54 °C ganz zerfallen. Ihre Funktion können sie dann nicht mehr erfüllen.

Da die meisten Menschen heute durch Stress und falsche Ernährung (inkl. unpassender Lagerung und Zubereitung) eine ungünstige Stoffwechsellage fördern und meist über Jahre unterhalten, weil u.a. auch Enzyme nur eingeschränkt oder gar nicht mehr funktionieren, erscheint es sinnvoll, sich mit vitalstoffreicher Ernährung und Enzympräparaten zu beschäftigen.

Enzyme über die Ernährung

Eine Ernährung, welche Enzyme und viele weitere wichtige Vitalstoffe in natürlicher Form bereitstellt, ist dabei eine Variante der Enzymtherapie. Da Enzyme und zahlreiche Vitamine beim Erhitzen zerstört werden, sollten die entsprechenden Lebensmittel nicht gekocht werden. (Tatsächlich ist der Mensch das einzige Lebewesen, das die wertvollsten Inhaltsstoffe seiner Ernährung vor der Mahlzeit durch Kochen zerstört).

Biologisch angebautes Obst und Gemüse stellt eine sehr reichhaltige Enzymquelle dar, die Co-Enzyme und Co-Faktoren gleich mitbringt. Dabei sind Wildkräuter besonders gehaltvoll.

Die reine Ernährungstherapie erfolgt als Kur. Eine Rohkost auf nüchternen Magen, ggf. unter Berücksichtigung etwaiger Unverträglichkeiten, sollte nur schrittweise umgesetzt werden, da der Körper vorher oft jahrzehntelang an chemisch veränderte Industriekost gewöhnt war. Erfahrungsgemäß erreicht man allein hiermit schon Verbesserungen bei sehr vielen Krankheitsbildern.

Es gilt die grundsätzliche Empfehlung, auch nach der Kur einen großen Anteil Rohkost beizubehalten. Dabei ist es wichtig, diese nicht in einer Mahlzeit mit Kochkost zu mischen, sondern 1-2 Rohmahlzeiten am Tag zu essen, die bevorzugt morgens und mittags eingenommen werden sollten.

Proteolytische Enzyme in der Praxis

Proteolytische Enzyme bringen sehr vielfältige Effekte mit sich und werden v.a. zur Verbesserung der Beweglichkeit eingesetzt. Es gibt heute eine große Vielfalt an Präparaten, die in Form von Kapseln, Tabletten, Ampullen, Tropfen, Salben und als Fermentationssaft angeboten werden.

Kapseln und Tabletten

Die bekanntesten und lang bewährten Kombinationspräparate in Kapsel- oder Tablettenform beinhalten Bromelain (Ananas), Papain (Papaya), Trypsin und Chymotrypsin (aus der tierischen Bauchspeicheldrüse) sowie natürliche Bioflavanoide. Beispiele für solche Präparate wären KaRazym (Fa. Volopharm) und DoloZym forte Gold (Fa. Biogena). Mit Innovazym (Fa. Innova Vital) ist ein Mittel der neueren Generation auf dem Markt, bei dem statt Trypsin und Chymotrypsin das Enzym Lysozym aus dem Hühnerei verwendet wird. Es liefert zudem eine ausgewogene Menge an Co-Enzymen und Co-Faktoren: Q10, Mg, Zn, Se, Vit A, C und E sowie B-Vitamine und Folsäure.

Bei der Behandlung von Gelenkbeschwerden wird das Präparat systemisch verabreicht, d.h. die Einnahme erfolgt mit Abstand zu den Mahlzeiten (1 Std davor oder 2 Std danach).

Die Enzym-Komponenten im Einzelnen:

Bromelain aus der Ananas wirkt fibrinolytisch, antiödematös, antithrombotisch, antientzündlich, immunmodulierend und regenerativ. Es ist hervorragend zur Behandlung von Weichteilverletzungen geeignet. Prellungen, Blutergüsse, Verstauchungen und Muskelläsionen heilen deutlich schneller ab. Zudem wirkt es schmerzstillend und führt zu einer Abschwellung bei Gicht und Arthrose. In der Sportmedizin fördert Bromelain die Wiederherstellung der Muskelkontraktion und lindert auch hier Schmerzen und Schwellungen, v.a. in der Kombination mit Quercetin (DoloZym forte Gold).

Papain aus der grünen Schale der unreifen Papaya wirkt in erster Linie entzündungshemmend und schmerzstillend. Es baut entzündungsfördernde Eiweißverbindungen ab, wird bei Sehnenscheidenentzündungen und Blutergüssen sowie zum Abbau von Gewebe- und Knochennekrosen eingesetzt.

Trypsin aus der tierischen Bauchspeicheldrüse wirkt besonders gut in der Kombination mit Bromelain. In einer Studie mit Osteoarthritis-Patienten zeigte sich eine äquivalente bis effizientere Wirkung im Vergleich zu einer Standardtherapie mit nichtsteroidalen Entzündungshemmern (NSAR). Zu beachten ist, dass die Allgemeinverträglichkeit der Enzymtherapie besser ist.

Chymotrypsin stammt ebenso aus der tierischen Bauchspeicheldrüse. Es reguliert Entzündungen und den Zytokinspiegel, reduziert Wassereinlagerungen und verringert die Bildung von Immunkomplexen.

Lysozym aus dem Hühnereiweiß (Innovazym) wirkt antibakteriell, immunstärkend, abschwellend und schmerzlindernd.

Tropfen, Ampullen und Salben

Die Horvi-Enzym Therapie (HET) ist eine Erfahrungsmedizin, die es seit über 80 Jahren gibt und auf den deutschen Pharmakologen und Chemiker Dr. Waldemar Diesing zurückgeht. Bei den eingesetzten Produkten handelt sich um Enzyme aus verschiedenen Schlangengiften, welche je nach Art sehr spezifische Effekte entfalten. Sie entstammen dem nicht toxischen Anteil des Schlangengifts, werden aber dennoch stark verdünnt, sodass eine Giftwirkung ausgeschlossen werden kann.

Horvi-Enzyme (Fa. Horvi EnzyMed) können sowohl zur Behandlung als auch in der Prävention eingesetzt werden. Beschrieben sind regulierende, entzündungshemmende und regenerative Wirkungen. Insbesondere ältere Menschen profitieren bei rechtzeitiger Gabe von kräftigenden Effekten.

Neben Tropfen werden auch Ampullen angeboten, die als Mundspray mithilfe des Applikator Köhler® verabreicht werden können. Außerdem stehen verschiedene Salben zur Verfügung, sodass entzündete Gelenke mit Einreibungen und Umschlägen versehen werden können.

Fermentationssäfte

Zum Einsatz kommen sowohl selbst hergestellte Fermentationssäfte als auch Fertigprodukte verschiedener Hersteller. Der bekannteste Enzymsaft ist das kaskadenfermentierte Rechtsregulat Bio (Fa. Niedermaier), wobei die Palette inzwischen um mehrere spezifische Produkte ergänzt wurde, so z.B. das Rechtsregulat Arthro speziell für Beschwerden des Bewegungsapparats. Fermentationssäfte können oral eingenommen oder äußerlich als Umschlag, Spray oder Einreibung angewendet werden.

Kontraindikationen für Enzymtherapien

Proteolytische Enzyme können zu einer verstärkten Blutungsneigung führen, da sie fibrinolytische und antithrombotische Eigenschaften besitzen. Speziell Bromelain verstärkt die Wirkung von Medikamenten, welche die Blutgerinnung hemmen. Proteolytische Enzyme müssen immer 4 Tage vor einer OP abgesetzt werden und dürfen erst nach gesicherter Blutstillung wieder zum Einsatz kommen.

Fallstudie

Eine 54-jährige Frau erscheint in meiner Praxis und bittet um Unterstützung. Zuvor wurde vom Arzt die Diagnose „HWS-Schulter-Syndrom“ gestellt. Das steht für „steife, gelegentlich auch verkalkte Schulter“ und ist ein sehr schmerzhafter Prozess mit erheblicher Bewegungseinschränkung, der meistens sehr lange anhält. Die Dame kann ihren linken Arm nicht mehr bis auf Schulterhöhe anheben. Jede Bewegung des Armes schmerzt, linke Schulter und Nacken sind sehr verspannt. Es zeigt sich eine Entzündung im Muskel- und Sehnenbereich.

Therapieplan

Ich empfehle die Einnahme folgender Mittel für 3 Wochen:

2x täglich 1 EL Rocky Mountain UR-Mineralien

2-3x täglich eine Einreibung der schmerzenden Bereiche mit Ammodytes Enzymsalbe (Fa. Horvi EnzyMed)

3x täglich 3 Kapseln DoloZym forte Gold (Fa. Biogena), 1 Std. vor oder 2 Std. nach einer Mahlzeit (systemische Wirkung)

2x pro Woche treffen wir uns außerdem zu einer Bioresonanz-Behandlung (nach Paul Schmidt). Ergänzend empfehle ich meiner Patientin, über die ganze Zeit hinweg möglichst 1/3 ihrer Nahrung (unter Einbezug von Wildkräutern) roh und auf nüchternen Magen zu essen.

Verlauf

Während der ersten 4-5 Tage kommt es zu einem stärkeren Wärmegefühl in der Schulter und erhöhter Schmerzempfindlichkeit. Danach lassen die Schmerzen nach, sodass der Arm schon etwas weiter angehoben werden kann als zu Beginn der Therapie. Das bemerkt die Patientin beim An- und Ausziehen ihrer Pullover.

Ab der 3. Woche wird DoloZym forte Gold nur noch mit 2x täglich 2 Kapseln eingenommen. Alle anderen Dosierungen und das Einnahmeschema bleiben unverändert.

Nach weiteren 2 Wochen geht es der Patientin deutlich besser. Daraufhin wird die Therapie nochmals geändert:

1x täglich 1 EL Rocky Mountain UR-Mineralien

1-2x täglich eine Einreibung der schmerzenden Bereiche mit Ammodytes Enzymsalbe

1x täglich 3 Kapseln DoloZym forte Gold

Nach 3 weiteren Wochen ist die Patientin schmerzfrei.

Fazit

Die Therapie mit proteolytischen Enzymen ist sehr vielseitig. Die hier beschriebenen Methoden zeigen deshalb nur einen kleinen Ausschnitt der Behandlungsmöglichkeiten.

Jeder Heilungsprozess benötigt Zeit und die jeweils nötigen Helfer. Zwar bildet der Körper die meisten Enzyme selbst, erfahrungsgemäß profitiert die Regeneration aber auch sehr von möglichst vielen zusätzlich aufgenommenen Aminosäuren, Mikronährstoffen und Enzymen.

Da die Enzymaktivität vom pH-Wert abhängig ist, ist zusätzlich immer auch eine Ernährung zu empfehlen, die den Säure-Basen-Haushalt ausgleicht bzw. eine physiologische Anpassung für das jeweilige Milieu anstrebt.

Buch-Tipp

Bärbel Philipp
Praxis der Enzymtherapie
ML-Verlag

Bärbel Philipp
Heilpraktikerin mit Schwerpunkten Enzymtherapie und Bioresonanz nach Paul Schmidt, Autorin
baerbel_philipp@yahoo.de

Foto: © Orawan I adobe.stock.com

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