Erfolg oder Misserfolg?
… das ist hier die Frage
Worauf kommt es in der Psychotherapie oder Psychologischen Beratung an?
Diese Frage stellen sich nicht nur unerfahrene, sondern manchmal auch gestandene Heilpraktiker für Psychotherapie und Psychologische Berater (m/w). Was also macht den Erfolg einer Therapie oder Beratung aus: Sind es besondere Techniken? Bestimmte Richtungen der Psychologie? Was bringt den größten Erfolg? Wie definiere ich für mich „Erfolg“? Was will ich mit den Klienten erreichen? Was wollen diese selbst erzielen?
Wo wollen wir hin – und warum?
Um sich der Antwort auf all diese Fragen zu nähern, können verschiedene Aspekte betrachtet werden. Ein erster ist der Beweggrund des Klienten. Warum hat er sich Hilfe gesucht? Was erwartet er, wenn er sich um Unterstützung bemüht? Wieviel Eigenmotivation bringt er mit? Kommt er freiwillig?
Genauso wichtig ist es, sich als Therapeut/ Berater im Klaren darüber zu sein, was man anbietet. Was kann und will ich für meine Klienten tun? Welche Triebkraft steckt hinter meinem Angebot? Ist mir bewusst, dass das weit mehr sein muss als einfach guter Wille und Interesse?
Kenne ich mich selbst gut genug?
Als Therapeut/Berater bin ich kein Verkäufer eines Sachprodukts! Ich muss mir im Klaren sein, dass ich eine enorme Verantwortung trage und auch an meine Grenzen kommen kann. Es ist essenziell, mir das einzugestehen und die Verantwortung dafür zu übernehmen. Was genau ist damit gemeint? Als Therapeut/Berater bin ich genauso Mensch wie jeder andere, mit einem Erfahrungs- und Erlebnisschatz, der mich geprägt hat und der sich auswirkt. Was ich durch meinen Klienten erfahre, könnte mich daher mehr als nur berühren; es könnten sich u.U. sogar seine und meine Geschichte vermischen. Es ist deshalb enorm wichtig, dass ich mich stetig selbst reflektiere, Supervisionen oder Intervisionen in Anspruch nehme, damit ich eindeutig und sicher bei dem Klienten mit seiner Geschichte bleibe.
Ein weiterer Aspekt ist ein übersichtliches Innenleben des Therapeuten/Beraters. Bevor ich meine Arbeit beginne, sollte ich per Selbsterfahrung, eigener Therapie usw. in meinem Inneren aufräumen, mit meiner eigenen Geschichte Frieden schließen und in Einklang kommen. Erst wenn ich für mich persönlich eine Vision habe, warum ich wie arbeiten möchte, und mit meinem Innenleben, Gemüt und meinen Erfahrungen im Einklang bin, d.h. auch meine blinden Flecken kenne, bin ich in der Lage, in den Kontakt mit Klienten zu treten und zielführend Unterstützung anzubieten.
Was leisten Wissen und Technik?
Der nächste Schritt ist, dass ich als Therapeut/ Berater Hintergrundwissen und Arbeitstechniken brauche. Es gibt derer sehr viele aus unterschiedlichsten Schulen der Psychologie. Günstig ist es, wenn ich mich mit möglichst vielen verschiedenen Ansätzen auseinandersetze. So formt sich heraus, wo meine persönlichen Überzeugungen und Leidenschaften liegen und wie ich arbeiten möchte. Es ähnelt einem Puzzle, in das ich nach und nach Teile einsetze. Es ist ebenso günstig, Wissenszuwachs reifen und wirken zu lassen und sich aus den verschiedenen Erfahrungen seinen eigenen Erlebensschatz aufzubauen; dies ist nur über die Anwendung in der Praxis möglich.
Kann ich bedingungslos annehmen?
Sind die Techniken wirklich der Schlüssel zum Erfolg? In meinen Augen sind sie hilfreich, aber auch nicht mehr. Viel wichtiger ist, dass ich in der Lage bin, aus mir selbst heraus die Begegnung anzubieten, ehrlich, authentisch und offen. Dann ist es auch für mein Gegenüber möglich, einen geschützten Rahmen zu spüren und sich vertrauensvoll darauf einzulassen, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Dazu gehören von Seiten des Therapeuten Wertschätzung und die Bereitschaft, bedingungslos anzunehmen. Diese Worte klingen einfach, doch das wahrhaftige Ausleben/Erleben ist noch einmal etwas ganz anderes. Es ist ein lebenslanger Prozess, lässt sich nicht einüben wie eine Technik, es ist eine Entwicklung. In diesem Sinne ist es für den Therapeuten/Berater sicher nicht einfach, sich im Laufe der Zeit immer wieder darauf zurückzubesinnen, dass die regelmäßige Auseinandersetzung mit sich selbst wichtig ist.
Alles braucht seine Zeit
In der praktischen Arbeit ist auch dieser Aspekt ausschlaggebend. Der Klient braucht Zeit, Vertrauen zu fassen, sich zu öffnen, den Veränderungsprozess zuzulassen, zu reifen und sich zu bewegen. Als Therapeut/Berater sollte ich genau diese Zeit geben, es aushalten und mittragen, dass es dauern kann. Leider ist das nicht immer einfach umzusetzen: Da sind auch die anderen Klienten, mehrere Termine am Tag, das Einkommen muss für das eigene Leben und den Unterhalt der Praxis ausreichen etc. Die Balance zwischen beiden Seiten ist schwer zu halten. Für private Heilpraktiker für Psychotherapie, Psychologische Berater oder Coaches, die keine kassenärztlichen Vorgaben einzuhalten haben, lässt sich dies aber flexibler steuern.
Wie geht Beziehungsaufbau?
Die fundamentale Basis einer Therapie/Beratung ist die Bindung zwischen Therapeut/Berater und Klient. Es gibt diverse Untersuchungen, die zwar verschiedene Herangehensweisen und Perspektiven haben, nichtsdestotrotz diesen Teil einer Zusammenarbeit aber als bestimmend definieren.
Jeder angehende oder längst erfahrene Therapeut/Berater kann sich mit dem Beziehungsaufbau zum Klienten auseinandersetzen und im Prozess bleiben. Carl Rogers hat diesen Aspekt als den wesentlichen Baustein der Therapie/Beratung herausgearbeitet und immer weiterentwickelt. Er war damit erfolgreich. Tatsächlich ist es empfehlenswert, seine Literatur (z.B. Persönlichkeit und Entwicklung) zu studieren, um zu verstehen, was seinem Verständnis nach Empathie, Wertschätzung und Annahme explizit bedeuten. Und doch wird jeder anders interpretieren, weil jeder Mensch individuelle Strukturen und Erfahrungen hat, aus denen er seine Gefühle, Denkprozesse und Tatsachen entwickelt.
Neben Rogers gibt es viele andere bekannte Psychotherapeuten, Ärzte und Philosophen, die helfen, die eigene spezifische Herangehensweise zu entwickeln, u.a. Irvin Yalom. Leider gibt es aber zum Thema Beziehungsaufbau und Bindung zwischen Therapeut/ Berater und Klient nur wenig Literatur, die aufschlussreich ist. Vermutlich liegt es auch daran, dass hauptsächlich Praxis weiterhilft.
Gegen die Wand – und jetzt?
Sollte ich als Therapeut/Berater z.B. spüren, dass sich der Klient nicht wirklich einlassen möchte, dann ist es meine Aufgabe, herauszufinden, womit das zusammenhängt. Es ist meine Verantwortung, darauf adäquat und im Sinne des Klienten zu reagieren. Wenn ich feststelle, dass keine Motivation vorhanden oder diese nicht zu wecken ist, so ist es auch meine Aufgabe, den Klienten damit zu konfrontieren. Es ist keine Lösung, meine eigene Motivation über ihn zu ergießen, das führt zu nichts. Der Erfolg stellt sich nicht ein. Ich sollte mich vielmehr fragen, woran es liegen könnte und welche Widerstände existieren? Nicht zuletzt auch: Wann ist es angezeigt, einen Kollegen zu empfehlen?
Das ausschlaggebende „Tool“
Jedem Therapeuten/Berater wünsche ich auf diesem Weg, zu erkennen und anzuerkennen, wie wichtig dieser Part der Zusammenarbeit ist.
Eine vertrauensvolle Bindung ist zentral, damit wir an die tieferliegenden Probleme, die der Klient oftmals noch nicht sehen kann, herankommen können. Das von ihm geschilderte Anliegen ist nämlich meist gar nicht das Hauptproblem. Der tiefere Einblick gelingt erst, wenn Vertrauen aufgebaut ist.
Auch für mich als Therapeut/Berater ist eine gute und ehrliche Beziehung hilfreich, um individuell, kreativ und sinnvoll arbeiten zu können.
Fazit
Um erfolgreich ans Ziel zu kommen, brauche ich eine vertrauensvolle Beziehung zu meinem Klienten, und er zu mir. Wenn wir diese Bindung aufgebaut haben, kann sich ein nachhaltiger Therapieerfolg einstellen. Das ist zumindest mein persönliches Ziel: Den Klienten möglichst dauerhaft in seine Selbstwirksamkeit zu führen.
Maren
Heucke
Heilpraktikerin für Psychotherapie und geprüfte Psychologische Beraterin mit Praxis in Hamburg
beratung-bewegt-hh@t-online.de
Foto: ©Ulia Koltyrina / stock.adobe.com
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