Fallstudie aus der naturheilkundlichen Praxis
CHRONISCHES FATIGUE-SYNDROM
Eine 69-jähirge Dame bittet uns zu sich auf Hausbesuch. Bei der Erstvorstellung ist sie bettlägerig und kaum in der Lage, sich in der Wohnung zu bewegen. Arztkonsultationen sind nur in Form von Hausbesuchen möglich. Zusammengefasst leidet die Patientin am Vollbild eines Fatigue-Syndroms, einer chronischen Migräne mit Aura und einer Hashimoto-Thyreoiditis. Die Fragestellung an uns ist weniger diagnostischer Natur, sondern pragmatisch: Wie kann die Gesamtsituation verbessert werden?
ANAMNESE
Vor neun Jahren erlitt die Patientin erstmals einen Migräneanfall mit Aura. In der Folge traten diese Anfälle konstant mehrmals im Monat auf, begleitet von einer mäßigen Müdigkeit. Nach sechs Jahren entwickelten sich die Beschwerden progredient, woraufhin die Patientin zwei Wochen in einem neurologischen Zentrum behandelt wurde. Eine Ursache für die zum Teil sehr heftigen Migräneanfälle konnte nicht gefunden werden. Während eines Spanienurlaubs im Folgejahr hatte die Patientin einen grippalen Infekt, der über acht Wochen anhielt. Ein Jahr später bemerkte sie eine schleichende Zunahme ihrer Erschöpfung, die gegen Jahresende während eines Spaziergangs in einen Zusammenbruch mündete. Die Patientin wurde seitdem immer schwächer.
EXKURS: BETTER-AGING
Der Begriff „Alter“ ist nicht genau definiert. Fakt ist aber, dass mit längerer Lebenszeit etliche körperliche und kognitive Leistungen nachlassen (s. Tabelle). Üblicherweise wird dieser Umstand ärztlicherseits als gegeben hingenommen und mögliche Therapiemaßnahmen werden allzu häufig nicht angeboten. Das erleben wir immer wieder, und unsere Patienten sind meist sehr überrascht, dass sich altersbedingte Einschränkungen verlangsamen, stoppen oder sogar umkehren lassen. Natürlich kann man das Altern nicht aufhalten – es geht also nicht um Anti-Aging – aber man kann das Älterwerden in relativer Gesundheit und Leistungsfähigkeit erleben, daher: Better-Aging.
SCHLECHTE COMPLIANCE
Je älter ein Mensch wird, desto mehr Krankheiten werden in der Regel festgestellt. In der Folge muss der ältere Mensch viele Medikamente einnehmen. Üblicherweise ist die Compliance der Patienten schlecht. Eine anonyme Befragung bei unseren Patienten ergab, dass sich nur knapp 25% an ihren Medikamentenplan halten, denn die Nebenwirkungen und Interaktionen der Präparate führen oft zu verminderter Leistungsfähigkeit und teilweise starken Missempfindungen. Also werden die Medikamente nur sporadisch eingenommen, was jedoch bei der ärztlichen Visite aus Scham verschwiegen wird. Viele dieser Patienten wenden sich an uns und erfragen mögliche Vitalstoff-Empfehlungen, um zumindest teilweise auf Tabletten verzichten zu können, ohne ihre Gesundheit zu gefährden.
THERAPIE
Bei derart schwerwiegenden Fällen wie dem hier gezeigten stellen wir den Patienten zunächst auf eine Basisversorgung mit einem Multivitamin ein. Im Hinblick auf das individuelle Krankheitsbild der vorgestellten Patientin ergänzen wir mit Selen und Zink als organisches Supplement sowie mit oxidiertem Coenzym Q10 100 mg täglich (hier: SelenZink bzw. Q10 BioChinon Gold, beide Fa. Pharma Nord). Coenzym Q10 ist entscheidend für die Energiegewinnung im Organismus, weshalb wir diesen Therapieansatz wählen.
VERLAUF
In den Folgewochen kommt es noch nicht zu einer wesentlichen Besserung. Wir ergänzen daraufhin die Therapie mit Pycnogenol, um das Immunsystem zu stärken, und Magnesium zur Förderung der Energiebildung. Auch steigern wir die Coenzym-Q10-Dosis auf 3x1 Kapsel täglich. Nach vier Wochen bessert sich das Befinden der Patientin und sie wird wieder leistungsfähiger.
AUSBLICK
Aktuell ist es der Patientin wieder möglich, ihre täglichen Verrichtungen alleine auszuführen und Spaziergänge zu machen. Noch besteht keine hundertprozentige Belastbarkeit, aber bei schweren Verläufen ist auch unter einer Vitalstofftherapie Geduld wichtig.
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FAZIT
Das Alter ist in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung. Im medizinischen Bereich sollten die Möglichkeiten einer Vitalstoff-Supplementation voll ausgeschöpft werden, um Gesundheit und Leistungsfähigkeit so lange wie möglich zu erhalten. Wesentlich ist die Verbesserung der Energiebereitstellung, denn die Belastbarkeit nimmt im Alter zunehmend ab. Hierfür sind v.a. Coenzym Q10, Magnesium und Vitamin D entscheidend.
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Edmund Schmidt
Facharzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie, Ernährungsmedizin und Schmerztherapie
information@praxis-schmidt-ottobrunn.deWeitere Artikel aus dieser Ausgabe
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